"Kraftakt nötig, um die anderen nicht zu hassen": Mallorcas außergewöhnliche WG in der Sporthalle

Fünf Profiteams teilen sich in diesem Jahr die Halle von Son Moix. Die Stimmung ist angespannt

Die Volleyballer sind gerade sauer auf ihre „Mitbewohner“.  | FOTO: LLOMPART

Die Volleyballer sind gerade sauer auf ihre „Mitbewohner“. | FOTO: LLOMPART / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Wer einmal in einer Wohngemeinschaft gelebt hat, kennt das Problem: Der Putzplan kann noch so ausgeklügelt sein, es gibt auf jeden Fall Ärger. Dem einen Mitbewohner kann es nicht sauber genug sein, der andere hat keine Lust, seine Teller direkt nach dem Essen zu spülen. Meist endet das im Streit und dicker Luft über Monate. Ähnlich läuft es derzeit in Mallorcas Sporthalle Son Moix ab. „Es ist ein Kraftakt nötig, um die anderen nicht zu hassen“, sagt der Präsident des Volleyball-Erstligisten Voley Palma, Carlos García. Waren es früher nur drei Mitbewohner, teilen sich mittlerweile gleich fünf Profiteams die Halle. Oder versuchen es zumindest.

Die Sporthalle gibt es seit 1976. „Früher war die Halle bekannt als die Heimat von Son Amar“, sagt García. Der Verein war der erste Club des kauzigen Volleyball-Mäzens Damià Seguí, des Gründers der gleichnamigen Showbühne. Zwischen 1983 bis 1988 holte das legendäre Team 124 Siege in Folge. Allerdings verlor der Geldgeber immer wieder die Lust an seinen Vereinen, nur um kurze Zeit späte neu anzufangen. 1991 verschwand Son Amar, 1993 entstand Pòrtol, 2011 verschwand mit der Männermannschaft das Aushängeschild des Vereins, 2013 ging es mit Can Ventura neu los. Seit dem Tod des Mäzens im Jahr 2019 änderte die Mannschaft zwar mehrfach den Namen, existiert heute aber noch als Voley Palma.

Vom Aushängeschild zum Durchschnittsverein

Zwischenzeitlich spielte der Erstligist in der kleinen Halle Germans Escalas. Heute ist zwar das Son Moix wieder die Heimat, aber der Club ist nicht mehr das große Aushängeschild. Die Rolle hat mittlerweile Palma Futsal eingenommen. Die Fußballer sind amtierende Champions-League-Meister und locken die meisten Zuschauer an. Dafür gibt es Sonderrechte. Der Verein besitzt als einziger Mitbewohner ein Büro mit Privateingang vom Parkplatz aus, und natürlich legt niemand ein Veto ein, wenn der Futsal-Club mit der Champions League die Halle tagelang blockiert.

Gerade das sorgt beim Hallenbelegungsplan für große Schwierigkeiten. Die UEFA, die für die Austragung der Champions League zuständig ist, fordert, dass die Halle nicht nur zu den Spielen, sondern die ganze Woche rund um das eigentlich nur dreitägige Miniturnier für den Futsal verfügbar ist. In dieser Zeit darf kein anderer Verein im Son Moix trainieren oder spielen.

Die Futsaler füllen regelmäßig Son Moix und sind das Aushängeschild.  | FOTO: DM

Die Futsaler füllen regelmäßig Son Moix und sind das Aushängeschild. | FOTO: DM / Ralf Petzold

Besonders hart erwischte das die Volleyballer in der vergangenen Woche. „Wir hatten das Spitzenspiel gegen Guaguas, den besten Verein Spaniens, die Partie des Jahres für uns“, sagt García. „Und gerade dann müssen wir in eine andere Halle ausweichen.“ Zumal das wesentlich einfacher gesagt als getan ist. Der Volleyballverband erhöht jährlich die Auflagen, die die Vereine bezüglich ihrer Heimspielstätten erfüllen müssen. „Auf der Insel lässt sich praktisch nur im Son Moix Erstliga-Volleyball spielen.“ Mit Abstrichen noch in Manacor, doch beim Insel- und Ligarivalen wollte man sich nicht einmieten.

Statt hoher Einnahmen droht ein Knöllchen

Die Lösung lautete Inca. „Wir mussten einen Lieferwagen mieten, um das Netz und die Stangen zum Aufhängen zu transportieren.“ Denn die Halle in der Inselmitte ist eher schlecht ausgerüstet. Die Höhe war immerhin gegeben. Das ist eine der wichtigsten Vorschriften, denn der Ball fliegt hoch und darf dabei nicht die Decke berühren. „Das Licht war jedoch nicht ausreichend. Der Verband hat strikte Vorgaben, damit die Übertragung im Internet gut ausgeleuchtet ist.“ Eine weitere Regel ist das in den vorgeschriebenen Farben bemalte Volleyballfeld. „Die Linien waren da. Wir haben das Feld mit farbiger Klebefolie markiert, um die Farbe zu ersetzen.“

Ob sich der Verband damit zufriedengibt, weiß der Präsident noch nicht. Besonders wegen des Lichts befürchtet er, dass ein Bußgeld hereinflattert. „Statt hoher Zuschauereinnahmen im Son Moix müssen wir nun vielleicht eine Strafe zahlen.“ Und dann hat Palma noch 1:3 verloren. „Sonst gewannen wir immer gegen Guaguas. Natürlich frage ich mich jetzt, ob der Hallenwechsel das Zünglein an der Waage war“, sagt García.

Verständlich, dass die Volleyballer derzeit nicht sonderlich gut auf die Hallenfußballer zu sprechen sind. Dabei war das Verhältnis zwischen beiden Vereinen früher prächtig. Palma Futsal sponserte mit der hauseigenen Stiftung eine Saison lang den Volleyball-Verein. Nach einem Jahr lief das Abkommen aber aus. „Palma Futsal kommt ursprünglich aus Manacor, genau wie des Unternehmen Conectabalear, das der Hauptsponsor unseres Rivalen ist. Da gab es einen Interessenkonflikt“, erklärt García.

Erst seit diesem Jahr große Probleme

Neben Palma Futsal und Voley Palma ist der Basketball-Drittligist Fibwi Palma sozusagen der dritte Hauptmieter, der bei der Wahl der Trainingszeiten Vorrang hat. Das letzte Wort haben die Mitarbeiter des IME, der für den Sport zuständigen Behörde der Stadt. „Untereinander sprechen wir mit den anderen Vereinen kaum noch. Die Kommunikation läuft fast ausschließlich über IME“, sagt García.

Das habe sich erst in diesem Jahr so ergeben. Als die drei Mannschaften noch unter sich waren, habe es kaum Probleme gegeben. Doch im Sommer stießen die Aufsteiger im Basketball Azul Marino – die Frauen spielen nun zweitklassig – und Palmer Palma – die Männer spielen mit Fibwi in der dritten Liga – hinzu. Jeder Verein hat eine eigene Umkleide, ein kleines – mit Ausnahme der Futsaler – Büro und einen Lagerraum.

Drei Basketballclubs spielen in der Halle. Hier die Frauen von Azul Marino.  | FOTO: AZUL MARINO

Drei Basketballclubs spielen in der Halle. Hier die Frauen von Azul Marino. | FOTO: AZUL MARINO / Ralf Petzold

„Es ist schwierig, aber wir können nicht klagen“, sagt Jordi Riera, Präsident von Azul Marino. Als Neuling müsse man sich eben ein wenig in der Rangordnung fügen. „Wenn wir zu einem festen Zeitpunkt die Woche in der Halle trainieren könnten, wäre das schön.“ IME teilt die Hallenzeiten in zweistündige Abschnitte von 9 bis 22 Uhr mit einer einstündigen Mittagspause ein. Die Profivereine belegen je eine Schicht am Morgen und am Abend. Man muss kein Rechenkünstler sein, um festzustellen, dass die Halle für fünf Vereine nicht reicht.

Hin und wieder wird ein Slot frei, wenn ein Team auf Reisen ist. Wie kürzlich Palma Futsal, die in Brasilien die Copa Intercontinental gewannen. Auf diese freien Zeiten stürzen sich die Hallen-Mitbewohner wie auf einen unbeschrifteten Joghurt im WG-Kühlschrank. Da das nur selten der Fall ist, weichen Azul Marion und Palmer für das Training meist auf ihre früheren Hallen Toni Pizà in Palma und Llucmajor aus.

Dass in einer WG aber auch Miteinander geht, zeigte der vergangene Sonntag (10.12.) als gleich vier Teams an einem Tag in der Halle spielten. Am Morgen die Frauen von Azul Marino, am Nachmittag das Derby zwischen Fibwi und Palmer und am Abend die Futsaler. Manchmal kommt man in der WG eben zu einer Party zusammen und alle Probleme sind vergessen. Nur leider waren die Volleyballer nicht eingeladen.

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