Schon auf dem Weg zur eigentlichen Attraktion können Besucher ein kleines Abenteuer erleben: Wer von Puigpunyent aus in die knapp 4,5 Kilometer lange Straße zum Reserva Park abbiegt, sollte bei den letzten drei Kilometern einige Gänge herunterschalten – seinen Stoßdämpfern zuliebe. Obwohl der Straßenabschnitt vor Kurzem ausgebessert wurde, sind einige Schlaglöcher noch deutlich zu spüren. Doch einmal auf dem Parkplatz im gefühlten Nirgendwo angekommen, ist der ruppige Weg schnell vergessen. Schon nach dem Öffnen der Autotür gibt’s die erste Belohnung: Ruhe. Hinzu kommt: der ein oder andere Tierlaut aus der Ferne. Und frische Waldluft.

Ganze 105 Hektar umfasst das Gelände des Parks, auf dem an die 175 Tiere gehalten werden, und in dessen unmittelbarer Nähe sich auch das Fünf-Sterne-Hotel LJs Ratxo befindet. Bereits vor über 30 Jahren gegründet, ist der Reserva Park seit der Finanzkrise von 2007/2008 zunehmend verkommen. Die Sitzbänke sind morsch, die Beschilderung teils vergilbt, die Badestellen gleichen Weihern, auch die Seilbahn muss dringend instand gesetzt werden.

Damit sich hier nicht nur die Tiere wohlfühlen, sondern bald auch wieder die Besucher, ist also noch einiges zu tun. Die Finca Arratx, auf der sich Park und Hotel befinden, gehört seit 2019 einem Zweig der Unternehmer-Familie Fluxá (Lotusse, Iberostar). Aus dem Hotel, das zehn Jahre lang geschlossen war, hat deren LJs Group eine Öko-Luxus-Unterkunft mit 25 Zimmern gemacht. Im Frühjahr 2021 war Wiedereröffnung. Im Lauf der kommenden Jahre soll nun auch der Park Stück für Stück zum nachhaltigsten Natur- und Abenteuerpark der Tramuntana werden.

Pfaue dürfen frei herumlaufen. | F.: BENDGENS Simone WErner

1,5 Stunden für 3,5 Kilometer

„Wir werden neben Kletterwänden, Seilbahnen, Schwimmbecken und Sitzbänken auch die Tiergehege verbessern, die Beschilderung erneuern und ein Informationszentrum der Serra de Tramuntana einrichten. Schon Schulkinder sollen bei speziellen Routen und Workshops mehr über die Pflanzen, Tiere und Wälder der Serra de Tramuntana lernen“, sagt Llorenç Crespo. Er ist erst seit zwei Monaten der neue Leiter des Reserva Parks und kennt ihn schon so gut, dass er nach eigener Aussage einen Rekord hält: Mindestens 50 Mal ist er den 3,5 Kilometer langen Rundweg bereits abgelaufen, für den Besucher mindestens 1,5 Stunden einplanen sollten. Bevor das Anwesen am 19. März wieder für die Öffentlichkeit öffnete, hatte er schon Vertreter von Schulen und Medien an seinem neuen Arbeitsplatz herumgeführt. Auch wir drehen mit ihm am Donnerstag (17.3.) eine Runde durch das waldige Gelände, in dem es ein paar Höhenmeter zu überwinden gilt.

Schon wenige Meter hinter dem Eingangstor kommen uns auf den steinernen Treppenstufen nach unten zwei Ziegen entgegen, Mutter und Tochter. Die Kleine hievt sich noch etwas unbeholfen auf die jeweils obere Stufe. „Sie ist erst vor knapp einem Monat geboren. Da haben ganz viele unserer Ziegen Nachwuchs bekommen “, weiß Crespo, der in seiner Heimat Valencia Geografie und Ökologie studiert hat. Zur linken Hand fallen direkt die großräumigen Freigehege mit Käfigen darin auf. Aus einem der Käfige lugt sodann auch eine der Hauptattraktionen heraus: die Bärin Tramuntana. Sie scheint neugierig zu sein.

Braunbären ziehen viele Besucher an. Reserva Park

Der private Naturpark liegt in einem engen Tal. Unten ist das Hotel LJs Ratxo zu sehen. | F.: N. B.

Immer wieder seien Besucher bestürzt darüber, dass der Großteil der Tiere in dem Park nicht frei herumläuft, erzählt Crespo. Auch die vielen kritischen Kommentare auf Google Maps dazu fallen auf: „Die Tiere taten mir so leid. Der einzelne Bär, der in seinem winzigen Käfig dahin vegetiert“, schreibt etwa M. Bew und gibt nur einen von fünf Sternen. „Wir sind kein Zoo, sondern ein Rehabilitationszentrum für wild lebende Tiere. Weil sie sich verletzt haben, würden sie in freier Natur nicht überleben“, stellt der 28 Jahre alte Parkleiter klar. Ob Raubvögel, denen ein Flügel fehlt, oder von der Arbeit gezeichnete Esel, die sonst von ihren früheren Besitzern eingeschläfert worden wären: Im Reserva Park fänden sie ein neues Zuhause. Dafür arbeite der Park etwa mit der Artenschutzbehörde Cofib, aber auch Privatpersonen zusammen. Da die Tiere dazu neigen würden, trotz ihrer Verletzungen das Weite zu suchen, sind sie im Park in Freigehegen untergebracht, so Crespos Erklärung.

Besuchermagnet Braunbären

Und dann sind da Tiere wie die beiden Braunbären, die für Besucher gefährlich werden könnten, und deswegen nicht frei herumlaufen können. Auch sie sind keinesfalls nur in dem Park gelandet, um Besucher anzuziehen, sondern um hier Unterschlupf zu finden. Einst waren es drei Bären-Geschwister, die 1996 von Asturien nach Mallorca kamen. Damals waren sie erst einen Monat alt. „Ihre Eltern waren Zirkustiere“, sagt Llorenç Crespo. Die Mutter verstarb, woraufhin die Zirkusleiter die Jungen einschläfern wollten. „Das hat ein deutsches Paar, das den Reserva Park kannte, mitbekommen und die Geschwister hierhergebracht“, so Crespo. Bär Xalo und Bärin Tramuntana sind seit über 25 Jahren fester Bestandteile des Parks. Der dritte, auf dem Foto links abgebildete Bär Gregal, ist mittlerweile an den Folgen einer Arthrose gestorben. Immer wieder würden sich Besucher, die vor zehn bis 15 Jahren schon einmal im Park waren, per E-Mail erkundigen, ob die Braunbären noch in dem Park verweilen. „Erst wenn wir bejahen, entschließen sie sich, ihnen mal wieder einen Besuch abzustatten.“

Der Weg ist idyllisch und verläuft größtenteils im Schatten. Bendgens

Läuft man den idyllischen und schattigen Waldweg, bei dem es mal auf, mal ab geht, nur wenige Schritte weiter, gelangt man zu einem Aussichtspunkt. Von hier aus kann man, bei klarem Himmel noch besser, gut den Blick über das Gelände schweifen lassen. In dem im Tal gelegenen Hotel LJs Ratxo wuseln am Donnerstag (17.3.) zumindest einige Mitarbeiter umher.

Bis man dann die nächsten Tiere sieht – insgesamt gibt es 20 verschiedene Arten –, dauert es eine ganze Weile. Dafür laden auf dem Weg etwa Bänke an moosigen Weihern und die beeindruckende „schwarze Höhle“ zum Verweilen ein. Je weiter man ins Tal hinabsteigt, desto lauter sind etwa die Geräusche der frei laufenden Pfaue, aber auch verschiedener anderer Vögel zu hören.

Als wir am Hauptplatz des Parks ankommen, übertönt ein Pfau den anderen. Ein Tier springt wild auf dem Dach der noch geschlossenen Bar herum, andere spreizen ihre Gefieder und gehen ihrem Balztanz nach. Auffällig zutraulich sind sie fast alle. An dem weitläufigen Platz befindet sich neben noch instand zu setzenden Seilbahnen und Pools ein Großteil der Tiergehege des Parks mit Greifvögeln, Rehen, Ziegen, Schafen, Mufflons und einem Emu.

Die Poleposition und damit in bester Reichweite, um von Besuchern gefüttert zu werden, hat das Esel-Paar Manolo und Selma. Es genügt, sie einmal beim Namen zu rufen, und schon traben die beiden von einem höher gelegenen Teil ihres Freigeheges auf die Fläche herunter, die an den Außenbereich der Bar angrenzt. Während Manolo gerade erst von der Siesta erwacht worden zu sein scheint und noch etwas verdutzt dreinschaut, streckt Selma ihren Kopf deutlich in unsere Richtung und bettelt quasi um Streicheleinheiten.

Gleichzeitig erschreckt man als Besucher immer wieder vor den Balzschreien der Pfaue. Schließt man die Augen, hören sich die Laute wie die von Katzen an, die jaulen, weil man ihnen auf den Schwanz getreten ist. Knapp 40 pavos reales treiben sich in dem Park herum. „Einer ist fast immer in der Nähe des Eingangs. Er kommt nur zum Flirten hierher“, erklärt der Parkleiter.

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Zeit, die letzten Höhenmeter zu überwinden und den Weg zum Ausgang anzutreten. Eine Erinnerung zum Mitnehmen gibt’s in dem Häuschen am Ausgang noch nicht zu kaufen. Jetzt heißt es, ein letztes Mal die Stille auf dem Parkplatz genießen, die besondere Landluft tief einatmen, sich fragen, ob man den Park in ein paar Jahren wiedererkennen wird, und den Besuch mit einer abenteuerlichen Rückfahrt beenden.

Calle Net, Puigpunyent, reservapark.net, momentan: Sa./So. 10 bis 17 Uhr, letzter Einlass: 15 Uhr, Eintritt 2022: 10 Euro für Erwachsene, Kinder bis 12 Jahre Eintritt frei, Turn- oder Wanderschuhe mitbringen