Zecken auf Mallorca: Welche Arten es gibt, wo sie lauern und was Sie bei einem Biss beachten müssen

Der deutsche Mikrobiologe Michael Bröker forscht über die Insel-Blutsauger. Mithilfe der MZ-Leser ist der pensionierte Wissenschaftler nun zu ersten Erkenntnissen gelangt

Die tropische Zeckenart Hyalomma ist auf Mallorca weitverbreitet.   | FOTO: SUSANNE MENGELBERG/PRIVAT/DPA

Die tropische Zeckenart Hyalomma ist auf Mallorca weitverbreitet. | FOTO: SUSANNE MENGELBERG/PRIVAT/DPA / Ralf Petzold

Ralf Petzold

Ralf Petzold

Vor zwei Jahren rief der pensionierte deutsche Mikrobiologe Michael Bröker die MZ-Leser dazu auf, ihm auf der Insel gefundene Zecken zu schicken. Der Experte wollte dadurch mehr über die mallorquinischen garrapatas erfahren. Nun berichtet der Deutsche über die ersten Ergebnisse und bittet weiterhin, ihm in einem dichten Gefäß tote oder lebendige Zecken zukommen zu lassen: Michael Bröker, Pappelweg 30, 35041 Marburg.

Wie viele Zecken haben Sie erhalten?

Das müssen etwa 20 bis 30 gewesen sein. Mich hat die Vielfalt überrascht. Es war der Gemeine Holzbock dabei, der in Deutschland 99 Prozent aller Zeckenfunde ausmacht. Auf Mallorca dürfte diese Art aber nur einen Anteil von etwa zehn Prozent haben. Weitverbreitet ist auf der Insel die Hyalomma, die sogenannte Riesenzecke. Ich habe auch Exemplare der Braunen Hundezecke erhalten. Das ist ein fieses kleines Kerlchen, das sich in Häusern wohlfühlt und sogar vermehrt.

Hat Sie die große Anzahl an Zusendungen überrascht?

Die Bürgerwissenschaft breitet sich in Deutschland immer mehr aus. Viele Forscher greifen mittlerweile darauf zurück. Es spart Kosten und Zeit. Wichtig ist es, den Leuten eine Rückmeldung zu geben. Ich habe allen Einsendern geantwortet.

Was haben Sie mit den Zecken gemacht?

Ich habe sie in erster Linie mikroskopisch untersucht und mit Bildern aus Lehrbüchern die Art bestimmt. Das war nicht immer einfach. Bei manchen seltenen Arten war eine genetische Untersuchung nötig. Dafür hat mir meine Kollegin Lidia Chitimia-Dobler vom Institut für Mikrobiologie in München geholfen. Bis Jahresende wollen wir gemeinsam einen Artikel für ein Fachmagazin über die Zeckenfauna auf Mallorca schreiben.

Sie meinten, dass Sie uns zwei besondere Funde schon vorstellen können. Schießen Sie los!

Im ersten Fall hat eine Urlauberin nach der Rückkehr in die Heimat beim Haarewaschen eine Zecke auf ihrer Kopfhaut gefunden. Dabei handelte es sich um eine Hyalomma. Das ist einerseits bemerkenswert, da diese Art es eher auf große Tiere wie Pferde abgesehen hat. Ich habe schon Fotos gesehen, wo die Zecke über ein Menschenbein gelaufen ist und kein Interesse hatte, sich darin festzubeißen. Zudem ist der Fall interessant, da die Urlauberin panisch wurde. Sie befürchtete eine Krankheit. Die deutschen Ärzte aber haben wenig Ahnung über ausländische Zecken. Nachdem ich die Art bestimmt hatte, konnten wir dem Mediziner Anhaltspunkte geben, und er konnte gezielt nach Symptomen Ausschau halten. Die Frau war im Endeffekt nicht erkrankt. Das ist bei Zeckenbissen auch eher selten. Beim Gemeinen Holzbock tragen 20 bis 30 Prozent Borrelien in sich, und nur zwei bis drei Prozent der Menschen in Deutschland, die von einer infizierten Zecke gebissen werden, erkranken an der Borreliose. Für Mallorca haben wir da leider noch keine verlässlichen Daten.

Und der zweite Fall?

Da hatte sich eine deutsche Residentin mit Mittelmeerzeckenfieber angesteckt. Auslöser war der Biss einer Braunen Hundezecke. Im schlimmsten Fall zieht das eine schwere Erkrankung verschiedener Organe mit sich. Übliche Symptome sind Fieber, Abgeschlagenheit und fehlende Konzentration. Man fühlt sich malade, ähnlich wie bei einer Corona-Infektion. Es war der erste bestätigte Fall der Krankheit einer Deutschen auf Mallorca.

Können Sie anhand der Einsendungen Prognosen erstellen, wo man vermehrt auf der Insel auf Zecken trifft?

Dafür bräuchte ich noch mehr Daten. Die Einsendungen kamen bislang alle aus dem Südosten oder der Inselmitte. Es ist klar, dass man am Strand keine Zecke finden wird. Ein Mindestmaß an Feuchtigkeit ist unabdinglich. Der Mensch ist dabei aber nur ein Zufallswirt. Die Zecken haben es auf kleine Nagetiere abgesehen. Und ähnlich wie bei Mücken sind manche Leute anfälliger für Zeckenbisse. Die Zecken riechen gewissermaßen das Kohlenstoffdioxid, das wir ausatmen. In unserem Schweiß befindet sich ein Spektrum an Fettsäuren, das je nach Person unterschiedlich ist. Was nun genau eine Zecke anlockt, ist noch nicht erforscht. Laut einer Studie sind Frauen anfälliger, aber das ist nicht gesichert.

Wie können wir vorbeugen?

Wie in Deutschland ist es ratsam, nach einer Wanderung oder einem Spaziergang, insbesondere in einer bewaldeten Gegend auf Mallorca, seinen Körper abends auf Zecken zu untersuchen. Zudem ist es besser, bei Wanderungen eine Hose mit langen Beinkleidern zu tragen und die Socken über die Beinkleider zu stülpen – ästhetische Gesichtspunkte sollten zurückgestellt werden.

Was tun bei einem Zeckenbiss?

Auf jeden Fall nicht in Panik verfallen. Selbst wenn man krank wird, lässt sich das in der Regel gut mit Medikamenten kurieren. Die Zecke sollte langsam und gezielt entfernt werden. Wer keine Zeckenzange oder -karte hat, kann dafür eine Pinzette oder auch spitze Fingernägel nutzen. Die Zecke darf nicht gedreht oder gequetscht werden, da sie sonst über ihre Speicheldrüsen Keime absondern kann. Die Bissstelle muss beobachtet werden. Nützlich ist es, sie dafür mit einem Kugelschreiber zu markieren. Beliebte Stellen sind die Waden, der Rücken und besonders bei Kindern der Kopf. Wer Kopf- und Gliederschmerzen verspürt oder grippös wird, sollte einen Arzt aufsuchen.

Was fasziniert Sie so an Zecken?

Die Tiere haben keinen guten Ruf, dabei sind sie evolutionäre Wunder, die schon vor 100 Millionen Jahren existierten. Forscher haben Zecken in Bernstein eingeschlossen gefunden, und die waren im Vergleich zu den heutigen Exemplaren fast unverändert. Es sind bemerkenswerte Lebewesen. Die Dinosaurier sind ausgestorben, aber die Zecken haben überlebt.

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