All die stimmungsvollen Lichter, die in der Vorweihnachtszeit die Straßen erleuchten, sind wunderschön. Doch noch schöner sei es, wenn eine Familie sich am Weihnachtsfest weniger Sorgen um ihr Auskommen machen müsse und finanziell besser über den Winter komme, sagt Miquel Bonet, einer der stellvertretenden Bürgermeister im Rathaus von Calvià. Die Gemeinde habe sich deshalb entschieden, mit den 185.000 Euro, die im Haushalt des laufenden Jahres eigentlich für die Verbesserung der Weihnachtsbeleuchtung vorgesehen waren, 30 Langzeitarbeitslose anzustellen, die während der Nebensaison den Gemeindearbeitern zur Hand gehen sollen.

14 von ihnen haben ihren neuen Job Bonet zufolge bereits im November angetreten und kümmern sich nun zusammen mit dem Bautrupp der Gemeinde unter anderem um die Instandsetzung von ­Gehwegen und Bordsteinen. 16 weitere sollen Anfang des kommenden Jahres folgen und sich vor allem Garten- und Malerarbeiten widmen. Also etwa Straßenlaternen und Parkbänke streichen oder das Unkraut in den öffentlichen Grünanlagen jäten. „Das Gemeinde­gebiet von Calvià, das wir unterhalten müssen. ist riesig", sagt Bonet. Die Personaldecke hingegen dünn. Da sei die Idee doch genial.

Ausgewählt hat die Langzeit­arbeitslosen die balearische Arbeitsagentur SOIB - allerdings unter Berücksichtigung der Anforderungen, die die Gemeinde stellte: Sie müssen ihren Wohnsitz in Calvià haben, zumindest ein wenig handwerkliches Geschick mitbringen und dürfen kein Arbeitslosengeld, sondern lediglich die staatliche Sozialhilfe in Höhe von 426 Euro pro Monat beziehen.

Die erhalten die 30 Auserkorenen auch weiterhin - wobei die Gemeinde ihr Gehalt auf einen branchenüblichen Durchschnittslohn aufstockt, sodass sie Bonet zufolge am Ende, ein zusätzlich ausbezahltes Kilometergeld miteingerechnet, auf rund 900 Euro kommen. Bei einer Fünf-Tage-Woche mit Arbeitszeiten von 7 bis 14 Uhr zahlt die Gemeinde den Jobbern also in etwa 3,20 Euro pro Stunde.

Das Prinzip ist dem der Ein-Euro-Jobber in Deutschland damit zum Verwechseln ähnlich - wenngleich deren Stundenlohn meist nur etwa halb so hoch ist. Calvià hat dieses Job-Programm, anders als die Bundesrepublik, unabhängig von einer groß angelegten Arbeitsmarktreform und ohne jegliche Aufregung und Polemik verabschiedet. „Es gibt hierzu keine gesetzliche Grundlage", sagt Miquel Bonet. Aber die brauche es auch gar nicht. Über Etatüberschüssen könne die Gemeinde schließlich frei verfügen.

Allein der Gedanke, dass über diese Kampagne so kontrovers diskutiert werden könnte wie damals über die Einführung der Ein-Euro-Jobs in Deutschland, erscheint dem stellvertretenden Bürgermeister absurd. Warum sollte das passieren? „Es handelt sich doch um keine minderwertige Arbeit. Diese Leute müssen nicht die Straße fegen, sondern erledigen Tätigkeiten wie jeder normale Maurer, Maler oder Gärtner." Das sei besser, als den ganzen Tag zu Hause zu sitzen. Zudem könnten sie sich ein willkommenes Zubrot verdienen. Die Zahl der Interessierten sei deutlich höher gewesen als die der Plätze - von Zwang könne also keine Rede sein: Im nächsten Winter soll es deshalb auf jeden Fall eine Neuauflage geben, sagt Miquel Bonet. „Wenn es das Budget zulässt, wollen wir dann sogar 40 oder mehr Personen einstellen."

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