Der Rosenkranz hängt aufgerollt, kaum sichtbar zwischen dem Dach und dem verstärkten Rennkäfig des Porsche 997 GT3. Die Perlen leuchten in der gleichen Farbe wie das Auto, einem schreienden Rot. Das Kreuz baumelt ein wenig hin und her. „Das hat mir meine Frau da reingehängt. Sie ist Spanierin und meinte, mir einen Schutzengel mitgeben zu müssen", sagt Martin Algermissen, 55 und deutscher Rennpilot auf Mallorca. Seit viereinhalb Jahren wohnt er auf der Insel, fährt aber schon Rennen, seit er den Führerschein besitzt. Algermissen selbst glaubt nicht an höhere Mächte, sondern hauptsächlich an seinen 490 PS starken und 100.000 Euro teuren Luxussportwagen.

Oder was davon übrig ist. Denn um den Porsche renntauglich zu machen, musste jeglicher Luxus - in Rallyekreisen lapidar „Ballast" genannt - entfernt werden. Das Auto besitzt jetzt keine Verkleidungen mehr, ist nur noch ein Gerüst mit einem eingebauten Stahlkäfig, der die Insassen bei einem Überschlag schützen soll. Bequem ist anders, schon das Einsteigen gerät zur Gymnastik-Übung.

Auch die Dämmung musste weichen. Mit zwei gravierenden Folgen: „Im Inneren wird es derart höllisch laut, dass ab 3.000 Umdrehungen ohne technische Hilfe kein Gespräch mehr möglich ist. Wir können uns bei Rennen nur über Kopfhörer verständigen." Außerdem könne es im Sommer im Auto bis zu 60 Grad heiß werden. Bei den Rennen schwitze er locker zwei bis drei Liter heraus, weil er zusätzlich zur nicht entzündlichen Mehrschicht-Spezialkleidung auch einen Helm trägt. „Auch wenn wir uns nicht bewegen: Das ist Hochleistungssport."

„Wir", das sind Algermissen und sein mallorquinischer Beifahrer Lluc Feliu. Der 29-Jährige aus Llubí gibt den Kurs vor. Die Verständigung funktioniere gut, allerdings beteiligt sich Feliu bisher noch nicht an der Finanzierung des Projekts. „Im nächsten Jahr könnte er mal die Einschreibegebühren für die Rennen übernehmen", findet der Hannoveraner. 200 Euro seien das immerhin jedes Mal - bei etwa zwölf Rennen im Jahr auf Mallorca kommt da einiges zusammen. Aber das ist eine Kleinigkeit im Vergleich zu Anschaffungs- und Unterhaltskosten des Autos. Allein für Reifen werden jedes Jahr etwa 6.000 Euro fällig. Dazu entwickelt der Porsche einen gewaltigen Durst: 60 Liter auf 100 Kilometer.

Algermissen leitet die elektrischen Abteilung der Werft „Astilleros de Mallorca". Dort lassen die Reichen und Schönen der Welt ihre Luxusyachten in Ordnung bringen oder mit allerlei Schnickschnack ausrüsten. Stammkunden seien unter anderem Bono von U2 oder auch It-Girl Nicole Richie. Das Geschäft brumme, vor allem wegen der Russen, „die sich einfach mal eine neue Innenbeleuchtung für 200.000 Euro einbauen lassen." Dank dieser Anstellung teilt der Deutsche nicht das Schicksal mancher mallorquinischer Renn­piloten, die sich wegen der Krise den Unterhalt ihres Wagens nicht mehr leisten können.

Dazu kommt, dass auf Algermissens Porsche die Logos einiger Sponsoren prangen. Um die 6.000 Euro bekommt er dafür im Jahr. „Damit sind die Reifen wieder drin." In der Garage stehen zwei Stapel davon. Sie ähneln denen, die in der Formel 1 verwendet werden, weil sie kein Profil haben und sich „ein bisschen wie Kaugummi verhalten: Ab einer Temperatur von 70 Grad sind sie voll einsatzbereit." Dann kleben sie sich förmlich auf die Straße und lassen das Auto selbst in scharfen Kurven nicht wegrutschen.

Auch auf Wetterwechsel ist Algermissen vorbereitet und hält Regen-Rennreifen bereit. Das Mechaniker-Team, das von einer Werkstatt gestellt wird, benötigt für einen kompletten Reifenwechsel 20 Sekunden.

Bei allen Vorkehrungen - Autorennen bleiben ein Risikosport, wie Algermissen und Feliu vor Kurzem wieder am eigenen Leib erfahren mussten: Beim Rennen „Mitja Illa" am letzten Oktober-Wochenende lag in einer Kurve „einfach zu viel Erde auf der Straße. Ich habe zu spät gebremst und wir sind mit der rechten Vorderseite gegen ein Mäuerchen geprallt." Da war es dann vorbei: Kühler und rechte Front beschädigt, das Rennen vorzeitig beendet.

Deshalb arbeitet Algermissen derzeit mit Hochdruck in seiner Garage in Portals Nous. Bis zum Rennen „Dijous Bo" am Samstag (10.11., siehe Kasten) muss der Wagen fertig und startklar sein. Obwohl er die Reparatur selbst erledigt, sind wieder einige Tausend Euro fällig.

Den Spaß lässt sich Algermissen trotzdem nicht nehmen: Mallorca, meint er, sei ein wahres Rallye-Paradies, denn nirgendwo sonst in Europa gebe es so abwechslungsreiche und anspruchsvolle Strecken.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 8. November (Nummer 653) lesen Sie außerdem:

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