Von außen scheint der eskalierende Russland-Ukraine-Konflikt keinen Einfluss auf den osteuropäischen Supermarkt „Gastronom Food Shop“ in Palma de Mallorca zu haben. Bei Betreten des Geschäfts ändert sich dieses Bild jedoch: eine betrübende Stille, besorgte Gesichter. Unter ihnen ein einziger Mitarbeiter, der sich - anonym - dazu äußern möchte.

„Wir schauen natürlich besorgt auf die Situation in der Ukraine“

Vor 15 Jahren kam der 40-Jährige Ukrainer nach Spanien. „Auf der Suche nach einem besseren Leben, so wie vieler meiner Landsleute auch“, erzählt er. Mit einer Russin lebt er im Norden Palmas, ist verheiratet, hat zwei Kinder. Trotz der unterschiedlichen Nationalitäten spielt der russisch-ukrainische Konflikt bei ihnen zu Hause keine Rolle. „Wir schauen natürlich alle besorgt auf die Situation in der Ukraine. Aber wir schauen genauso besorgt auch auf andere Konflikte. Niemand möchte, dass Leute umkommen.“

Die Nationalität spielt keine Rolle

Auf den osteuropäischen Supermarkt in der Nähe des Parc de les Estacions habe die militärische Eskalation keinen Einfluss. Weder die Lieferung noch die Preise würden davon betroffen sein. „Alle Produkte kommen zur normalen Zeit an, die Preise steigen hier aber genauso wie bei Mercadona“, erklärt er.

Das Personal und die Kundschaft des Supermarkts setzt sich aus allen möglichen Ländern zusammen. Ob russisch, ukrainisch, polnisch oder armenisch, die Nationalität spielt sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Kunden keine Rolle. „Niemand kommt her und fragt sich: Sollte ich lieber die Wurst aus Russland oder aus der Ukraine kaufen?“, fügt er hinzu. Von der Hälfte der Stammkunden kenne er nicht einmal das Herkunftsland.

Geteiltes Bild

Laut Zahlen des Nationalen Statistikinstituts INE leben auf den Balearen 2.135 Ukrainer und 2.040 Russen. In seinem Viertel, Arxiduc, gebe es eine Handvoll Leute, die den Einmarsch befürworten würden. Er selbst kenne nur wenige. „Aber Nationalisten gibt es überall, egal ob in der Ukraine, Russland oder in Spanien“, erzählt er, „eigentlich will niemand Krieg, wofür auch? Mehr Geld? Ein größeres Territorium?“

Am Ende könne keiner genau sagen, was da passiert. Niemand verstehe die Situation, zu lang und komplex sei die Vorgeschichte. Seine Forderung ist dennoch klar: „Sie sollten nicht kämpfen und sich gegenseitig töten, sie sollten einfach reden.“

Wenig Hoffnung auf Deeskalation

Er selbst hat nur noch wenige Familienangehörige in der Ukraine. Die Eltern seiner Frau sind in Zentralrussland. „Die bekommen aber genauso viel vom Krieg mit wie du und ich auch, dafür leben sie zu weit von der Grenze entfernt“, erklärt er. Hoffnung auf eine Entspannung der Situation habe er nicht. „Das ist erst der Anfang, es wird noch schlimmer werden“, sagt er und schaut besorgt auf die Straße.