Viele Stellen, wenige Bewerber: Wer aktuell auf Mallorca einen Job sucht, hat gute Karten

Schon im März wollen viele Hotels eröffnen. Dafür brauchen sie erst einmal Personal. Angesichts der Arbeitsmarktsituation könnte es damit eng werden. Besuch auf einer Jobmesse

Arbeitssuchende (li.) in ersten Gesprächen mit Mitarbeitern des Luxushotels Son Bunyola am Montag (13.2.) in Palma. Die Jobmesse geht noch bis zum 7. März.

Arbeitssuchende (li.) in ersten Gesprächen mit Mitarbeitern des Luxushotels Son Bunyola am Montag (13.2.) in Palma. Die Jobmesse geht noch bis zum 7. März. / Nele Bendgens

Dieses Mal soll es klappen. Antonia hat in der Coronapandemie ihre Arbeit verloren, danach erst einmal nichts gefunden und schlussendlich in einem Impfzentrum gejobbt. Jetzt will sie wieder eine feste Stelle finden. Mit 59 Jahren kein leichtes Unterfangen. Deswegen legt die Mallorquinerin zusammen mit ihrer 63-jährigen Schwester Isabel, die ebenfalls auf Arbeitssuche ist, derzeit einen regelrechten Bewerbungsmarathon hin.

Aktuell sind sie fast täglich bei PalmaActiva anzutreffen. Die städtische Arbeitsagentur bringt noch bis zum 7. März im Rahmen eines „Monats der Beschäftigung“ Arbeitssuchende mit Unternehmen zusammen. Etwa 40 Menschen warten am Montag (13.2.) um 10 Uhr darauf, dass sie aufgerufen werden. Manche blättern nervös durch Unterlagen, andere blicken gelangweilt in ihr Handy. Im Laufe des Tages werden noch mehr kommen, die Termine mussten sie im Internet buchen. Heute führen zwei Topadressen erste Bewerbungsgespräche für insgesamt über 100 Stellen. Es sind das Luxushotel Jumeirah in Port de Sóller sowie die noch zu eröffnende Nobelherberge Son Bunyola des britischen Milliardärs Richard Branson bei Banyalbufar.

„Es gibt derzeit viele verfügbare Jobs auf Mallorca“, sagt am Rande des Bewerbertags Gabrielle Ripoll, Generaldirektorin für Beschäftigung der Stadt Palma. Im Laufe des Monats präsentieren sich bei Palma Activa 36 Unternehmen, die insgesamt mehr als 1.000 offene Stellen zu besetzen haben. Meist sei es sehr voll, sagt Ripoll. Nicht so an diesem Montag (13.2.): Viele der gepolsterten Stühle, auf denen die Bewerber Platz nehmen sollen, bleiben leer. Das ärgert Ripoll, denn es habe viele Anmeldungen gegeben. Das fehlende Interesse sei aber auch ein gutes Zeichen. Es spricht für einen gut funktionierenden Arbeitsmarkt.

Viele Hotels auf Mallorca beginnen früher mit der Saison

Im Januar sind auf den Balearen 35.554 Menschen arbeitslos gemeldet gewesen. Weniger als je zuvor in den Jahrzehnten, seit die Daten ab 1996 erhoben wurden. Auch im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl sehr gering: Im Januar 2022 waren noch 34,7 Prozent mehr Arbeitslose auf den Inseln registriert. Und viele Hotels beginnen dieses Jahr schon früher mit der Saison, wollen also ab spätestens März ihre Teams zusammengestellt haben. „Insgesamt ist es für Unternehmen schwieriger geworden, genug Mitarbeiter zu finden“, sagt Ripoll.

Für Antonia und Isabel stehen die Chancen also gar nicht schlecht. Wie auch fast alle anderen Arbeitssuchenden in diesem Artikel wollen die Schwestern beim Thema Jobsuche ungern mit ihrem ganzen Namen in der Zeitung stehen. Antonia hat früher in der Buchhaltung gearbeitet. Jetzt nimmt sie, was sie kriegen kann. Eines der beiden Bewerbungsgespräche heute hatte sie schon. „Die Frau hat gesagt, ich könnte vielleicht Kellnerin sein, das würde ich natürlich auch machen“, sagt die 59-Jährige.

Ihre Schwester Isabel weiß zwar auch nicht als was, hat aber dagegen klare Vorstellungen, wo sie arbeiten möchte: Son Bunyola. Damit wünscht sie sich einen Job bei einem Hotel, das sich vorgenommen hat, das beste auf Mallorca zu werden. So sagt es zumindest Besitzer Richard Branson. Der Milliardär hat passend zum Bewerbungsbeginn in PalmaActiva eine Videobotschaft veröffentlicht. Darin steht er mit verschränkten Armen vor der Kamera und bedankt sich in höflichstem Britisch bei allen Menschen, die sich bei seinem Hotel bewerben. Er schwärmt von dem „fantastischen“ Anwesen. Aber erst die Mitarbeiter würden das Hotel zu etwas Besonderem machen. Er suche die geeigneten Leute, die dem Projekt ein wenig „Magie“ bescheren könnten.

Branson und seine Leute suchen bis Juni zwischen 50 und 100 Arbeitskräfte. Darunter sechs Rezeptionisten, zwei Verantwortliche für die Reservierungen, vier Concierges, zwei Fahrer, sechs Zimmermädchen, drei Reinigungskräfte, drei Mitarbeiter für die Wäscherei, ein Oberkellner, 18 Kellner, 16 Köche, drei Konditoren und vier Masseure. Mateo Bestard ist für die Instandhaltung des Hotels Son Bunyola zuständig und einer der Mitarbeiter, die mit den Bewerbern bei PalmaActiva sprechen. „Es ist nur ein erstes Kennenlernen. Wer in Betracht kommt, wird dann noch zum richtigen Bewerbungsgespräch eingeladen“, sagt er.

Laut Bestard ist ein üppiger Lebenslauf sicherlich von Vorteil, aber nicht das einzige Kriterium. Vielmehr würden Mitarbeiter gesucht, die in der Lage seien, den Gästen einen perfekten Service zu bieten. „Es müssen Menschen sein, die in ein Luxushotel passen.“ Die Verantwortlichen bei Son Bunyola wissen, dass es eine Herausforderung wird, rechtzeitig genug Leute zu finden. „Aber Sorgen machen wir uns eigentlich nicht. Wir werden sicher ein gutes Team zusammenstellen können“, sagt Bestard.

Tipps der Experten

Oft wollen Unternehmen mehr sehen als nur den Lebenslauf. Wichtiger ist ihnen, wie sich ein Bewerber präsentiert. Das sagen sowohl die Recruiter vom Luxushotel Son Bunyola als auch Gabrielle Ripoll, Generaldirektorin für Beschäftigung der Stadt Palma. Die Zauberwörter sind für Ripoll „aptitud“ (Können) und „actitud“ (Haltung). Wie man sich kleidet, ob man höflich und pünktlich ist, all das sei wichtig, um einen Job zu bekommen und zu behalten. „Aber natürlich ist es je nach Beruf auch wichtig, die notwendigen Qualifikationen aufzuweisen“, ergänzt sie. Bei PalmaActiva gibt es daher neben den Unternehmen auch einen Stand, der zum Fortbildungsangebot der Stadt informiert. Arbeitssuchende können kostenlos Sprachkurse belegen. Zudem gibt es ein breites Angebot an Fortbildungen, vom Kellnern bis zur Unternehmensgründung. Besonders wichtig sind Ripoll die Wiedereingliederungsprojekte für Langzeitarbeitslose oder junge Menschen, die keine Berufserfahrung haben. Diese einjährigen Kurse bieten auch Praktika in Unternehmen an, die Teilnehmer erhalten ein kleines Gehalt. Die Jobmesse von PalmaActiva ist die größte ihrer Art, aber nicht die einzige. Wer nicht in Palma wohnt, kann teilweise Jobmessen in seiner Gemeinde besuchen, wie zum Beispiel am 21. Februar im Teatre de Petra es Quarter (10–14 Uhr; Carrer des Sol, 5, Petra).

Auch wenn das einzelne Hotel sich gute Chancen ausrechnet, die Branche erwartet wie schon im Vorjahr einen Engpass: „Der Personalmangel wird sich in der kommenden Saison wiederholen, zumal wir mit sehr guter Auslastung der Hotels rechnen“, heißt es seitens des mallorquinischen Hotelierverbands FEHM. Die Unternehmer hoffen darauf, dass die zuletzt ausgehandelten Gehaltserhöhungen auswärtige Bewerber anlocken. „Nirgends in Spanien sind die Gehälter im Tourismus so hoch wie auf den Balearen“, sagt eine FEHM-Sprecherin. Allerdings räumt sie auch ein, dass die Wohnungsnot auf den Balearen viele Interessenten abschrecke. Wer eine Wohnung braucht, muss schnell über 50 Prozent seines Einkommens dafür opfern – so sie oder er überhaupt auf dem leer gefegten Markt eine findet.

Benötigt würden in den Hotels beileibe nicht nur Kellner und Rezeptionisten, sagt die FEHM-Sprecherin. „Es geht auch um digitale Berufe, die mit der Tourismuswirtschaft verbunden sind, und für die es ebenfalls fähiges Personal braucht.“ Die Urlauber auf der Insel würden immer anspruchsvoller, „und deshalb brauchen wir auch immer qualifiziertere Mitarbeiter.“ Um diese anzuwerben hat die FEHM nun ein digitales Ausbildungsprogramm ins Leben gerufen. „Es wird nicht reichen, um den Personalmangel auszugleichen, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, ist man bei den Hoteliers überzeugt.

Wer eine gute Ausbildung und Berufserfahrung vorweisen kann, kann sich am Ende sogar aussuchen, wo er hinwill und Gehaltsforderungen stellen. So erhofft es sich zumindest an diesem Montagmorgen in Palma der 31-jährige Víctor. Der Ecuadorianer ist Restaurantfachmann und Sommelier, er würde gerne in einem der Luxushotels als Maître anfangen. Da er aktuell bereits einen Job hat, hat er keinen Druck. „Ich nehme nur einen Vertrag an, wenn das Gehalt mich überzeugt und wenn er ganzjährig ist“, sagt er bestimmt. Neben seinen Ausbildungen kann der 31-Jährige gute Deutsch- und Englischkenntnisse vorweisen.

Personalmangel auf Mallorca: Transport-Branche unter Druck

Nicht nur die Hotels, sondern auch andere Branchen sind betroffen. Im Transportwesen ist der Fachkräftemangel zum Beispiel schon lange ein Thema. „Das geht jetzt seit Jahren so, und es wird immer schlimmer“, klagt Ezequiel Horrach, Verbandschef der balearischen Lastwagenfahrer. An allen Ecken und Enden fehlten in ganz Europa Lastwagenfahrer – und ein Ende der Misere sei nicht in Sicht. „Es gibt einfach nicht genug Fahrschulen, um so viele neue Fahrer auszubilden, wie wir benötigen. Hinzu kommt, dass viele junge Leute sich die Kosten von rund 3.000 Euro für den Führerschein und die Arbeitsfahrerlaubnis nicht leisten wollen oder können.“ Allein auf Mallorca fehlen laut Horrach aktuell rund 200 Fahrer. Vor allem im Sommer, wenn die Inseln mehr Güter benötigen, werde es zu massiven Engpässen kommen, prophezeit Horrach. „Der Politik scheint nicht klar zu sein, wie ernst die Situation ist.“

Immer wieder gebe es Treffen zwischen der öffentlichen Verwaltung und den Branchenvertretern, aber konkrete Lösungen – wie beispielsweise Subventionen für neue Anwärter oder geringere Anforderungen an das Berufsprofil – blieben aus. „Dabei handelt es sich hier oft um essenziell wichtige Berufszweige“, sagt Horrach. Er vermutet, dass viele Hotels, die gerade renovieren, nicht pünktlich öffnen können, weil die Transportbranche nicht rechtzeitig mit Warenlieferungen wie neuem Mobiliar oder Matratzen nachkommt. „Ganz zu schweigen von den Lebensmitteln, die wir liefern.“

Eine Frage der Einstiegshürden

Ein Lastwagen-Führerschein ist eine hohe Einstiegshürde. Generell leiden gerade die Branchen, die höhere Qualifikationen verlangen, sagt Gabrielle Ripoll. Die Generaldirektorin für Beschäftigung sagt, dass etwa Supermärkte, die keine Ausbildung verlangen, einfach Personal finden. Für Mietwagenfirmen, deren Mitarbeiter mehrere Sprachen sprechen sollen, wird es dagegen schwer. „Je mehr Voraussetzungen die Unternehmen verlangen, desto weniger Bewerber bekommen sie“, sagt Ripoll.

Mit ihren Sprachen punkten wollen Leonardo und Naemi. Er ist ein Mallorquiner mit deutscher Mutter. Neben seinen Muttersprachen hat der 23-Jährige etwas Arabisch gelernt, da das Luxushotel Jumeirah darauf Wert legt. Er versucht es bereits zum dritten Mal bei diesem Hotel. „Freunde von mir arbeiten dort und es ist eine tolle Atmosphäre“, schwärmt er.

Naemi dagegen hat nicht so klare Vorstellungen, bei wem sie arbeiten will. Die 20-jährige Deutsche hat ein Jahr lang als Au-pair in Palma gearbeitet und will hierbleiben. Sie könnte sich zum Beispiel vorstellen, bei einem Hotel an der Rezeption zu arbeiten. Relativ spontan ist sie zu PalmaActiva gekommen. Daher hat sie weder Lebenslauf noch andere Unterlagen dabei. Trotzdem hofft sie, mit ihrer freundlichen Art einen guten Eindruck zu machen. Das richtige Bewerbungsgespräch würde dann ja zu einem späteren Zeitpunkt kommen.

Ein Mann bewirbt sich beim Luxushotel Jumeirah während der Jobmesse PalmaActiva.

Ein Mann bewirbt sich beim Luxushotel Jumeirah während der Jobmesse PalmaActiva. / Nele Bendgens

Neben Jobmessen und Online-Foren gibt es die Möglichkeit, sich eigenhändig bei Hotels zu bewerben wie Roxana Brizueña in Cala Ratjada. Fast sechs Jahre ist es her, dass die Argentinierin auf die Insel zog. Zunächst schlug sie sich als Reinigungskraft durch, betreute dann fast drei Jahre lang einen pflegebedürftigen betagten Mallorquiner. Seit der alte Mann Ende November starb, ist sie arbeitslos. „Ich würde gerne als Masseurin arbeiten. Das habe ich in Argentinien gelernt, das ist es, was mir am meisten Spaß macht“, so die 35-Jährige.

An die wenigen Hotels im Ort, die bereits aus der Winterpause zurückgekehrt sind, hat sie bereits Bewerbungen geschrieben, bisher aber noch keine Rückmeldung erhalten. „Ich bekomme keinerlei staatliche Hilfen, deshalb bin ich bereit, jeglichen anderen Job anzunehmen“, sagt die Argentinierin. Egal ob Tellerwäscherin oder Zimmermädchen. „Nur hier in Cala Ratjada müsste es sein, denn ich habe kein Auto.“ Dass sie bisher keinen konkreten Job in Aussicht hat, mache sie nicht nervös. „Es heißt doch, dass so dringend Arbeitskräfte gesucht werden. Da wird für mich auch etwas dabei sein.“

PalmaActiva

Noch bis zum 7. März interviewen Unternehmen inPalma Bewerber. Darunter BQ Hoteles und Blau Hotels (20.2.), DER Touristik, Portitxol Group und Tui (21.2.), Iberostar (27.2.), Alcampo (2.2.), Mercadona (3.3.), Aldi (6.3.) und Primark (7.3.). Informationen und Anmeldung unter: mesocupacio.palmaactiva.net

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