Nur vier Tage pro Woche arbeiten? Das sieht ein Pilotprojekt auf Mallorca vor

Das Vorhaben zur Arbeitszeitverkürzung hat eine Debatte über das Für und Wider ausgelöst

Reichen auch vier statt fünf Arbeitstage pro Woche aus? Auf die Frage gibt es sehr verschiedene Antworten.  | FOTO: OLIVER BERG/DPA

Reichen auch vier statt fünf Arbeitstage pro Woche aus? Auf die Frage gibt es sehr verschiedene Antworten. | FOTO: OLIVER BERG/DPA / Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Frank Feldmeier

Innovative Idee an einem innovativen Ort: Die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol war gerade bei Hotelbeds zu Gast – einem international aufgestellten Unternehmen, das als sogenannte Bettenbank Hotelreservierungen abwickelt –, als sie ankündigte, man werde in einem Pilotprojekt Firmen fördern, die für einen Teil ihrer Mitarbeiter die Vier-Tage-Woche einführen.

Das Ziel: ab September die wöchentliche Arbeitszeit bei gleichem Lohn auf 32 Stunden zu reduzieren. Über einen Zeitraum von drei Jahren erhalte jede Firma bis zu 15.000 Euro, um mit innovativen Lösungen und einer Optimierung des Arbeitsablaufs die Produktivität trotz verringerter Arbeitszeit zu gewährleisten. Gleichzeitig ist Anfang April ein spanienweites Pilotprojekt angelaufen, in dessen Rahmen Firmen ebenfalls Subventionen beantragen können. Zur Verfügung stehen hier bis zu 200.000 Euro pro Firma.

Auch wenn es auf den Balearen zunächst um ein auf maximal 30 Firmen beschränktes Unterfangen geht, hat die Ankündigung eine breite Debatte ausgelöst. Und da hierbei die Rechte der Arbeitnehmer im Mittelpunkt stehen, kann das den auf den Inseln regierenden Sozialisten so kurz vor den Regionalwahlen am 28. Mai nur recht sein. „Die Menschen sollen Zeit zum Leben haben“, sagt Armengol.

Was dafür spricht

Argumente für die Arbeitszeitverkürzung gibt es eine ganze Reihe. Da wäre die historische Sichtweise: Früher mag die Arbeitszeit länger gewesen sein, in der Regel arbeitete aber nur der Mann, während sich die Frau sozusagen hauptberuflich um Haushalt und Kinder kümmerte. Setzt man für Mann und Frau jeweils durchschnittlich 40 Wochenstunden an, kam man früher auf eine Arbeitszeit eines Paares von 80 Wochenstunden. Im Zuge der Emanzipation arbeiten nun auch die meisten Frauen außer Haus – macht noch einmal 40 Stunden mehr. „Das sind zusammen 120 Stunden, statt wie früher 80“, rechnet Adrián Todolí, Professor für Arbeitsrecht an der Balearen-Universität (UIB), in einem Interview mit dem „Diario de Mallorca“ vor. Diese Mehrbelastung mache es schwierig, Job sowie Privatleben unter einen Hut zu bekommen, und führe bei vielen Menschen zu einer Überlastung.

Es gibt auch eine politische Argumentation: Mit der Arbeitsmarktreform in Spanien 2012 unter den Konservativen wurden die Arbeitskosten gesenkt, damit die Unternehmen an internationaler Wettbewerbsfähigkeit gewinnen. „Das funktionierte nicht, da die Firmen zwar die Gehälter senkten, aber nicht die Preise, und so ihre Gewinnmargen erhöht“, so Todolí. Eine weitere Reform der Sozialisten im Jahr 2021 habe die Kaufkraft nur gering verbessert, gerade angesichts der Inflation. Eine geringere Arbeitszeit wäre nach dieser Lesart eine Art nachträgliche Kompensation.

Vor allem aber wird auf die höhere Produktivität in vielen Betrieben verwiesen. Digitalisierung, neue Software, künstliche Intelligenz – im Schnitt könnten viele Angestellte ihre Arbeit heute in kürzerer Zeit ausführen. Eine Reduzierung der Arbeitszeit könnte technologiebedingte Entlastungen verhindern und Arbeitnehmer an den Gewinnen der Unternehmen teilhaben lassen, so ein Argument, das vor allem Gewerkschaften anführen.

In einigen Fällen nehme die Produktivität sogar zu, heißt es bei der UGT – Angestellte arbeiteten konzentrierter und auch zufriedener. Ähnlich argumentiert der balearische Arbeitsminister Iago Negueruela, bekannt für seine vermittelnde Rolle zwischen den Tarifpartnern: Das Programm sei eine Chance, im Bemühen um mehr Wettbewerbsfähigkeit neue Wege auszuprobieren und die Motivation der Mitarbeiter sowie auf diese Weise ihre Produktivität zu erhöhen.

Was dagegen spricht

Bei den Arbeitgebern herrscht dagegen Skepsis vor. Der balearische Unternehmerverband CAEB verweist auf den Mangel an Fachkräften und Saisonarbeitern. Und gerade im Fall der Dienstleistungsjobs in der Urlaubsbranche sei eine Reduzierung schwieriger umzusetzen als bei konventionellen Bürojobs. Auch in Handwerks- und Baufirmen ginge eine Arbeitszeitreduzierung zulasten der Arbeitsqualität, heißt es beim Industrieverband ASIMA, in dem die Firmen von Palmas Gewerbegebieten Son Castelló und Can Valero zusammengeschlossen sind. Im Übrigen seien Modelle der Arbeitszeitverkürzung schon jetzt in den Tarifverträgen vorgesehen – individuelle Lösungen seien allemal besser als pauschale Verordnungen.

Also weniger arbeiten in innovativen Betrieben und malochen wie immer in den Branchen, in denen die Menschen eine Entlastung am nötigsten hätten? Am weitesten in diesem Sinn reicht der Vorschlag der Gewerkschaft STEI. Die Landesregierung könne doch mit gutem Beispiel vorangehen und die Vier-Tage-Woche mit 32 Arbeitsstunden in der öffentlichen Verwaltung einführen.

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