Grimms Märchen, gedruckt im Jahr 1910, Erstauflagen und signierte Ausgaben. Aber auch ein Schuhputzschemel, eine Waschmaschine und alte militärische Uniformen. Der Buchladen Fine Books in Palma de Mallorca birgt nicht nur viele Welten zwischen den Buchdeckeln, sondern ist auch selbst eine eigene Welt. Und ein Erlebnis. Wer sich Zeit nimmt, kann sich im Labyrinth aus Regalen, Bücherstapeln und Krimskrams verlieren. Doch diese verrückte und staubige Welt findet nun sehr zum Leidwesen ihres Erschaffers ein Ende.

Der Laden ist das Lebenswerk von Rodney Browne, der vor 15 Jahren mit 1.200 Kisten voller Bücher und Antiquitäten von England nach Palma zog. Es sind drei Stockwerke, vollgestopft mit Büchern über alles Mögliche von Kunst über Wein bis hin zu Yoga. Browne ist inzwischen 78 Jahre alt und hat gesundheitliche Probleme, kann seinen Laden nicht weiterführen. Nun hat seine Tochter für die Woche vom 10. bis 16. Oktober (10–20 Uhr) einen Ausverkauf organisiert. Fine Books befindet sich mitten in Kathedralen-Nähe in der Altstadt von Palma: Carrer d'en Morei, 7.

Kunde bestellt 2.000 Bücher für seine Bibliothek, der Inhalt ist egal

Sara Jane Browne zog nach der Trennung ihrer Eltern im Alter von fünf Jahren mit ihrer Mutter nach Mallorca und hat sich hier ihr eigenes Leben aufgebaut. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die 48-Jährige als Psychologin. „Ich liebe diesen Laden, aber es ist das Leben meines Vaters, nicht meines“, erklärt sie. Daher gibt sie ihn schweren Herzens auf.

Wie viele Bücher genau sich in den drei Etagen verbergen, weiß niemand. Als im Sommer ein Deutscher seine Bibliothek mit Büchern ausstatten wollte, packte Sara Jane Browne 2.000 Bücher ein – welche waren dem Käufer egal, es sollten nur schöne Bücher in bestimmten Farben sein. „Als die 2.000 Bücher weg waren, sah der Laden noch genauso voll aus wie davor“, so Browne. Ihr Lachen klingt ein wenig nach Galgenhumor.

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Wie aus einem Film: So sieht die "verwunschene" Buchhandlung Fine Books in Palma de Mallorca aus

Die 48-Jährige hat die Regale ausgemessen und gezählt, wie viele Bücher in einen Meter passen. Ihr Ergebnis: Etwa 100.000 Bücher sind im Fine Books zu finden. Und die sollen alle möglichst schnell raus. Deswegen gibt es vom 10. bis 16. Oktober Rabatt auf das gesamte Sortiment. Bis am Montag der Verkauf beginnt, hat Sara Jane noch einiges zu tun. Sie versucht zumindest das Gerümpel vom Boden wegzuräumen, damit Kunden an alle Regale gelangen können. Der Laden war in letzter Zeit in keinem guten Zustand.

Rodney Browne war ein beliebter Nachbar

Was sie nach dieser Woche mit den übrigen Büchern macht, weiß Sara Jane Browne noch nicht. Verschenken will sie sie aber nicht. „Ich finde, das wäre nicht respektvoll meinem Vater und seinem Werk gegenüber“, erklärt Browne. Ihren Vater hält sie möglichst aus dem Verkauf heraus. „Es stresst ihn sehr, wenn ich ihm davon erzähle“, sagt sie. Stattdessen richtet sie ihm die Grüße der vielen Kunden aus, die vorbeischauen und nach dem alten Buchhändler fragen. Rodney Browne gilt zwar als eigensinnig und speziell, ist aber auch ein beliebter Nachbar gewesen.

Mit ihm verliert die Straße genauso ein Original wie mit seinem Laden. Sara Jane Parker erzählt gern, dass ihr Vater zwar alles über Bücher und Autoren weiß, aber selbst nicht gern liest. „Er hat in seinem Leben etwa drei Bücher gelesen“, sagt sie. Und trotzdem hat er ihnen sein Leben gewidmet.

Ein Porträt über Rodney Browne finden Sie hier: