Mallorca Zeitung

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Anbieter, Besonderheiten, Preise: So laufen Seebestattungen auf Mallorca ab

Immer mehr Menschen wünschen sich individuell gestaltete Seebestattungen. Zwei Anbieter auf Mallorca erklären, wie sie vonstattengehen

Ein Eindruck von einer von Bon Amic organisierten Bestattung. | FOTO: BON AMIC

Vergangenes Jahr erlitt Anna Hausser einen schweren Schicksalsschlag. Ihr bester Freund starb. Schon als Kinder verbrachten die beiden einen Großteil ihrer Freizeit am Starnberger See, wo sie aufgewachsen sind. Dort passierte vor vier Jahren ein erstes großes Unglück: Der Freund rutschte auf dem Steg aus und flog ins Wasser. Die Residentin zog ihn heraus. Er überlebte nur knapp, war seit dem Vorfall querschnittsgelähmt. 2022 starb der damals 47-Jährige dann an den Spätfolgen. Zu gern hätte die mittlerweile 43-Jährige ihn auf dem trotz alledem heiß geliebten See bestattet. Schließlich hatte er ihnen auch so viele schöne Momente beschert.

Friedhofszwang statt Seebestattung

Doch in Deutschland sind Bestattungen auf Binnengewässern nicht erlaubt. Stattdessen gilt Friedhofszwang für Totenasche. „Wir waren dem See beide so verbunden, mein Freund hatte sogar ein Boot. Daher war es sehr traurig, dass wir ihm keinen würdigen Abschied auf dem Wasser organisieren konnten“, erinnert sich Hausser, die seit über acht Jahren auf Mallorca lebt. Mit ihrem Mann Christian, der hier im Bootsgeschäft tätig ist, begann sie sich mit dem Thema zu beschäftigen. „Seebestattungen gibt es zwar schon länger. Wir hatten aber den Eindruck, dass es oft sehr anonyme, traurige und schwerfällige Veranstaltungen sind.“ Zusammen mit einem dritten Geschäftspartner, der lange bei der Marine war, Tobias Hofmann, gründete das Paar Anfang des Jahres das Unternehmen Nemocean. „Durch ganz individuell gestaltete Seebestattungen möchten wir eine bleibende Erinnerung schaffen, die Angehörigen den Abschied erleichtern kann“, sagt Hausser.

Das Team von Nemocean. Nemocean

Jede Seebestattung und jeder Verstorbene ist anders

Dass jede Seebestattung anders ist, wie es auch jeder Verstorbene ist, wissen auch Tanja Sauerwein und Mirja Helms. Auch sie organisieren unter dem Namen „Bon Amic“ entierros en el mar. Neben Urnenüberführungen, Trauerfeiern, Beratungsgesprächen und den klassischen Friedhofsbeerdigungen machen die Seebestattungen 30 Prozent des Arbeitsvolumens des Zweiergespanns aus.

Was das Gesetz (nicht) erlaubt

Neben individuellen Wünschen der Kunden müssen die Frauen auch einige gesetzliche Vorgaben für Seebestattungen beachten. Seit einer Gesetzesanpassung 2022 ist in Spanien noch genauer geregelt, was erlaubt ist und was nicht. Ins Meer gelassen werden dürfen zum Beispiel nur als biologisch abbaubar zertifizierte Urnen. „Sie bestehen etwa aus einem Sand-Salz-Gemisch oder Erde- oder Pflanzenfasern“, so Hausser. Ob Motorboote, Katamarane oder kleinere und große Segelboote: Alle müssen eine entsprechende Lizenz haben. Auf gar keinen Fall darf die Seebestattung in einem Meeresschutzgebiet stattfinden. Zudem darf die Fischerei nicht gestört werden, und die Bestattung darf nicht direkt an der Küste erfolgen. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder. Erst wenn alle Details geklärt sind, geht es hinaus aufs Meer, und das oft in heller, bunter, generell legerer Kleidung statt in Schwarz.

Die Urnen müssen biologisch abbaubar sein. Nemocean

Ganz besondere Stimmung

Dieses besondere Licht, das funkelnde Meer und die friedvolle Stimmung fernab der Küste: Wenn Mirja Helms mit ihren Kunden hinaus aufs Meer fährt, denkt sie immer auch kurz an die Seebestattung ihrer Mutter. Auf dem Indischen Ozean hat die mittlerweile 35-Jährige sie vor 14 Jahren verabschiedet. „Ich bin dankbar, dass wir die Möglichkeit hatten, ihr diesen letzten Wunsch zu erfüllen.“ Sich so von jemandem zu verabschieden, sei damals neu für sie gewesen. Trotz des Verlustes denke sie positiv an den Tag zurück.

Tanja Sauerwein und Mirja Helms von Bon Amic. Bon Amic

Helms und Sauerwein haben auf Mallorca bisher 14 Seebestattungen organisiert. Manchmal halten die Angehörigen lange Reden, auf anderen Fahrten herrscht Stillschweigen. Bei den einen läuft getragene Musik, bei den anderen auch mal „Mallorca, da bin ich daheim“ von Ballermann-Sängerin Mia Julia. Fast immer wählen die Kunden Orte aus, zu denen sie eine ganz persönliche Verbindung haben. „Wenn jemand auf der Insel lebt oder eine Immobilie dort hat, findet die Bestattung meist dort statt, wo man am ehesten aufs Meer schauen kann“, so Sauerwein.

Besser morgens

Die Bestatterinnen empfehlen immer die frühen Morgenstunden, fahren meist gegen 8 Uhr los. „Da ist noch nicht viel Bootsverkehr, zudem ist der Wellengang ruhiger. So hat man den besonderen Moment oft ganz für sich alleine“, sagt Mirja Helms. Viele Kunden würden sich auch eine Fahrt zum Sonnenuntergang wünschen. „Ab dem Nachmittag ist das Meer aber aufgewühlter“, gibt Tanja Sauerwein zu bedenken. Die beiden Frauen erinnern sich etwa an eine Beerdigung im September, bei der die Wellen so hoch schlugen, dass am Ende alle Angehörigen klatschnass waren.

Sicherheitshalber visieren die Organisatorinnen eher die frühen Morgenstunden an.

Sicherheitshalber visieren die Organisatorinnen eher die frühen Morgenstunden an. Bon Amic

Auf wetterstabilere Monate setzen

Obwohl viele Trauergäste während der Bestattung sehr ergriffen sind, komme es da schon einmal vor, dass Gelächter ausbricht, wenn eine Welle nach der anderen aufs Boot schwappt. Nicht immer bekommt den Anwesenden die wilde Fahrt. „Einmal hatten wir einen Angehörigen dabei, der das Glas Sekt nicht trinken konnte, weil ihm so schlecht war“, sagt Mirja Helms. Bei größeren Gruppen, bei denen viele Trauergäste eine längere Anreise haben, raten die Organisatorinnen dazu, die Seebestattung in wetterstabileren Monaten anzusetzen. Eigentlich hätten die beiden am vergangenen Donnerstag (19.10.) eine Seebestattung mit 20 Personen gehabt. An dem Tag galt die Wetterwarnstufe Orange. „Ich bin froh, dass wir die Kunden vorab umstimmen konnten, einen Termin 2024 zu wählen. Bei der Windstärke wären wir sicher nicht hinausgefahren“, so Helms.

Günstiger als Erdbestattungen

Bei „Bon Amic“ kosten Seebestattungen ab 1.800 Euro. Luxusprodukte wie ein besonderer Champagner, ein externer Trauerredner, professioneller Fotograf oder Videomann sowie ein größeres Boot, auf dem über zehn Personen Platz haben, kosten extra. Bei Hausser kann man zwischen zwei Paketen wählen: Das Standard-Paket kostet ab 2.900 Euro (zzgl. Steuern), das Premium-Paket schlägt mit ab 3.900 Euro zu Buche. „Damit sind Seebestattungen immer noch deutlich günstiger als herkömmliche Friedhofsbestattungen“, sagt Hausser. Friedhofsgebühren oder Kosten für die Grabpflege fallen so nicht an.

Bei Bon Amic kosten die Seebestattungen ab 1.800 Euro. Bon Amic

Was in den Paketen inbegriffen ist

In den angegebenen Preisen für die oft rund drei Stunden dauernden Bestattungen sind bei Nemocean jeweils zehn Personen inbegriffen (die Crew, meist bestehend aus Kapitän, Steward und einer Person des Teams von Nemocean, wird mitgezählt). Die Urne sowie die Fahrt mit dem Boot sind in beiden Paketen enthalten. Beim Premium-Paket ist die Urne aus noch hochwertigeren Materialien. Zudem ist in dem teureren Angebot ein Foto- und Videgraf inklusive, der ein professionell bearbeitetes Erinnerungsvideo erstellt. Statt Qualitäts-Schaumwein und Wasser wie beim Standard-Paket gibt es Champagner, leichte alkoholische Getränke, Softdrinks und Säfte. Darüber hinaus sind laut Hausser die Dekoration auf dem Boot und der Blumenschmuck üppiger und opulenter.

Seebestattung mit Hochzeitsfahrts verwechselt

Manchmal fällt die Blumendeko so üppig aus, dass Passanten im Hafen das für die Seebestattung geschmückte Schiff mit einer Hochzeitsfahrt verwechseln können. „Einmal haben wir einen ehemaligen Blumengroßhändler beerdigt und dafür ganz spezielle Blumen einfliegen lassen“, sagt Hausser. Sie erinnert sich noch genau daran, wie aufwendig es für sie und ihr Team war, eine 28 Meter lange Blumengirlande an dem Boot anzubringen. Über eineinhalb Stunden hätten sie dafür gebraucht. „Als wir dann vom Hafen in Port Adriano hinaus aufs Meer gefahren sind, haben Passanten und Leute, die in den Restaurants auf der Mole saßen, geklatscht. Der Blumenschmuck war unglaublich“, sagt Hausser.

Neben diesem Sonderwunsch habe sie auch schon große Paella-Essen oder Bestattungen mit Livesängern organisiert. Wünscht sich ein Kunde explizit eine geistliche Begleitung, steigt einer der Pfarrer der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde mit aufs Boot. Unter den Zusatzleistungen sind etwa auch Restaurantreservierungen, Unterkunftsbuchungen sowie Wasserspielzeuge „für ein erfrischendes Bad im Mittelmeer“, wie es auf der Website heißt.

In guten Händen:


Bon Amic:

mallorca-bestattungen.com, E-Mail: info@mallorca-bestattungen.com, Tel.: 615-38 30 07 (Mirja Helms) / 629-42 82 57 (Tanja Sauerwein)


Nemocean: nemoceans.com, E-Mail: info@nemoceans.com, Tel.: 604-86 69 39


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