Mallorca Zeitung

Mallorca Zeitung

Barcelona aus der Mallorca-Perspektive: Wie sich die Stadt ganz besonders erleben lässt

MZ-Vize Frank Feldmeier hat einen alternativen Barcelona-Guide geschrieben. Gerade im Vergleich zu Mallorca macht die Metropole bei den Angeboten für Besucher einiges richtig

Blick auf Barcelona. Frank Feldmeier

Man stelle sich vor, die Barackensiedlung Son Banya in der Nähe von Palmas Airport wird endgültig geräumt. Aber statt sie vollständig abzureißen, bleibt eine Straße erhalten, um die Behausungen in ein Museum umzuwandeln. Die Umsiedlung der Roma unter dem Franco-Regime, der Drogensupermarkt, die Wohnungsnot – Stoff genug gäbe es. Es wäre ein Museum, das statt von mittelalterlichen Königen oder Renaissance-Malern ein Stück Sozialgeschichte der Insel erzählt.

Barcelona macht solche Dinge. „Les cases barates del Bon Pastor“ – die „billigen Häuser“ dieses Viertels im Osten der Stadt – sind die neueste Zweigstelle des Historischen Museums von Barcelona (MUHBA). Sie zeigt ebenso anschaulich wie analytisch die Entwicklung der Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahrzehnte. Die Apartments, von denen das letzte 2017 aufgegeben wurde, sind originalgetreu erhalten oder restauriert. Als Besucher hat man den Eindruck, fremden Menschen in die Wohnung zu schauen.

Im früheren Gefängnis La Model. Frank Feldmeier

So wie Mallorca nicht nur den Roten Blitz, die Drachenhöhlen oder die Kathedrale zu bieten hat, gibt es in Barcelona nicht nur die Rambles, den Parc Güell oder die Sagrada Família zu entdecken. Im Unterschied zu Mallorca macht es die Stadt auf dem Festland Besuchern aber leichter, das Reiseziel abseits des Mainstreams zu erleben – was auch vor dem Hintergrund der Overtourism-Debatte, die hier wie dort intensiv geführt wird, keine schlechte Idee ist.

Klettern mit Aussicht: in der Torre Glòries. Frank Feldmeier

Dezentral, vielseitig und aktuell

Die Stadt erschließt ihre Geschichte mit dem MUHBA dezentral und aus verschiedenen Perspektiven. Über 18 Zweigstellen verfügt das Museum – von der römischen Unterwelt unter dem Straßenpflaster über Zeugnisse des früheren Judenviertels El Call bis hin zu den Ruinen einer Flugabwehrbatterie auf dem Turó de Rovira, wo im Bürgerkrieg die Angriffe der von Mallorca kommenden italienischen und deutschen Flugzeuge abgewendet werden sollten.

Mallorca-Urlauber dagegen kommen nur schwerlich mit der Franco-Geschichte in Kontakt: Während etwa die Luftschutzbunker in Palma nur zu speziellen, für Einheimische konzipierten Anlässen öffentlich zugänglich sind, kann das Refugi 307 im Poble-Sec in Barcelona jeden Sonntag im Rahmen mehrsprachiger Führung besucht werden.

Im Bürgerkriegsbunker 307. Frank Feldmeier

Offene Pforten für Barcelona-Besucher

Ähnliches gilt für so einige Orte auf Mallorca. Welcher Tourist hat schon mal den Regierungsitz Consolat de Mar von innen gesehen? Oder das Teatre Princial, die Balearen-Universität oder Palmas Kongresszentrum, das architektonisch von innen sehr viel spannender ist als von außen? Barcelona öffnet derweil die Pforten zum Palau de la Generalitat, zum berüchtigten Gefängnis La Model oder auch zum Supercomputer Mare Nostrum. Selbst Besucher des Friedhofs von Montjuïc bekommen ein Faltblatt mit thematischen Routen an die Hand.

Und während Mallorcas Folklore nur bei den Fiestas zu bestaunen ist, empfangen die Castellers de la Vila de Gràcia Besucher auch zu den Proben für die Menschenpyramiden – Mitmachen erlaubt.

Bei der Probe: die Castellers von Gràcia. Frank Feldmeier

Touren einfach buchen

Eine ganze Reihe von Angeboten ist zentral bei Barcelonas Tourismusbüro zu buchen, darunter thematisch breit gestreute Führungen, aber auch ÖPNV-Tickets für Besucher oder Rabattkarten für bestimmte Zielgruppen. Wer dagegen auf dem Portal visitpalma.com sucht, findet nur unsortierte Links zum Portal von Tripadvisor.

Dabei hat Barcelona letztendlich auch deswegen einen speziellen Reiz aus mallorquinischer Perspektive, weil sich hier bei vielen Dingen das Bild vervollständigt – beide Reiseziele sind historisch, kulturell und künstlerisch eng verknüpft. Spätestens bei einem Besuch der Stiftung Joan Miró auf dem Montjuïc mit Werken des 1956 nach Mallorca gezogenen Avantgarde-Künstlers schließt sich ein Kreis.

Mitten im Orchester: im CaixaForum. Foto: IGOR STUDIO/CAIXAFORUM

Der neue Guide

Die „Barcelona-Abenteuer“ sind Teil einer Reihe im Verlag Michael Müller, die statt Sehenswürdigkeiten besondere Erlebnisse in den Fokus rückt. Die 33 Abenteuer umfassen unerwartete Führungen, Kulinarik, Ausflüge, Lost Places. Frank Feldmeier ist auch Autor des Bands „Mallorca-Inselabenteuer“.

  • „Barcelona Abenteuer“
  • Michael Müller Verlag
  • 240 Seiten
  • 17,90 Euro

Artikel teilen

stats