Mallorca Zeitung

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Kennen Sie schon Microgreens? Das sind die ökologischen Mini-Kräuter von Mallorca

In einer Garage in Biniali zieht die Britin Becky Sell

Mini-Versionen von Kräutern, Salaten und Gemüse für Läden und Restaurants. Und das seit Neuestem mit dem Öko-Siegel des Inselrats

Becky Sell mit einer Pflanzschale, in der mit krausen Stängeln die Erbse wächst, im Hintergrund die ökologischen Kräuterzucht. Nele Bendgens

Vorwitzig schauen winzige, in Pflanzschalen eng aufeinandergestapelte Keimlinge nach draußen. Es sind die künftigen Microgreens des Start-ups „Planet Greens“ in Biniali, bei Sencelles. Geschlüpft sind sie zunächst im Dunkeln, Becky Sell wird die Sprossen später in die Pflanzwannen umquartieren. Die stehen in Metallregalen in einem zwanzig Quadratmeter großen, gut isolierten Raum.

Selbst für Gemüseverweigerer geeignet

„Microgreens sind kleiner als Babyleafs und wachsen etwas höher als Sprossen oder Keimlinge“, erklärt Sell. Wenn die Pflanze mithilfe von Wasser und einer konstanten Temperatur von 21 Grad einen Stängel und ein Blätterpaar entwickelt hat, enthalten diese die Farbe, den Geschmack und die Nährstoffe der erwachsenen Pflanze. Für etwa fünf Zentimeter, die Höhe kann von Sorte zu Sorte variieren, reichen die Nährstoffe in den Samen aus, danach beziehen die Pflänzchen diese aus dem Kokossubstrat, auf dem sie von Anfang an im Dunkeln keimten. Sind die Nährstoffe aufgebraucht, stellen die Microgreens das Wachstum ein, und dann ist der richtige Zeitpunkt für die Ernte gekommen.

Etwas scharf: der Rote Rettich Nele Bendgens

Und natürlich auch für uns, um die Kräuter zu verkosten: Stängel und Blätter der Sonnenblume schmecken nussig, Koriander leicht pikant und sehr intensiv, die des Rucola erinnert mit einer leicht bitteren Geschmacksnote an den Salat. Der Rote Rettich schmeckt zu Anfang sanft, entwickelt jedoch einen scharfen Nachgeschmack. Auch junges Gemüse ist mit dabei: zum Beispiel Rot- und Grünkohl. „Ich beliefere Eltern von Schülern in der Waldorfschule. Auch Kinder, die sonst Gemüseverweigerer sind, lassen sich die auf die Gerichte aufgestreuten Kräuter schmecken“, erklärt die Britin.

Ein Novum auf den Balearen

Das Projekt ist seit Kurzem im Besitz des Öko-Siegels des Inselrats. „Das ist ein Novum auf den Balearen“, sagt die Britin (43), die in Südafrika aufgewachsen ist und seit 20 Jahren auf der Insel lebt. Ihre Kinder besuchen die Waldorfschule, und sie wollte sich schon lange in einem ökologischen Projekt engagieren. Die Idee zu den Microgreens stammte von ihrem Vater. Sell bemühte sich eineinhalb Jahre um das Öko-Siegel und um den Segen der Gesundheitsbehörden. „Das alles war ein harter Kampf“, erzählt sie. Das Gesundheitsamt verlangte, die geschnittenen Kräuter in Chlorwasser zu waschen, eine grausige Vorstellung für die Bio-Züchterin, deren Minikräuter in gänzlich steriler Atmosphäre groß werden.

Die frisch Gekeimten enthalten viele Nährstoffe Nele Bendgens

Alle Zutaten für ihre Microgreen-Zucht sind natürlich auch ökologisch: Die Samen liefert der italienischen Öko-Samenzüchter „Italian Sprout“. Das Kokossubstrat stammt von Herstellern ökologischer Gartenerde, die Pflanzenschalen werden gereinigt und wiederverwendet. Die urbane Pflanzenzucht benötige nur zehn Prozent der Wassermenge, die die konventionelle Landwirtschaft verbrauche, sagt Becky Sell.

Verkauf soll ab Frühjahr in Schwung kommen

Der Verkauf der Microgreens ist jetzt im Winter noch überschaubar, Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr hat Sell nicht, denn die komplizierten Verhandlungen mit den Behörden verzögerten die Auslieferungen 2022. Doch ab diesem Frühjahr soll das Start-up nun richtig in Schwung kommen. Denn es gibt Zusagen von Gastronomen, die kleine Pflanzschalen verschiedener Sorten bestellen werden. In den Küchen schneidet man nur so viele Microgreens ab, wie für die Menüs gebraucht werden. Die feinen Blätter werden zum Garnieren verwendet oder in kleinen Mengen unter die Salate gemischt. So können die Schalen eine Woche und länger reichen, dann tauscht man sie gegen neue.

Verkaufsschalen für sanfte und pikante Mischungen. Nele Bendgens

Auch geschnittene Microgreens gehen von Biniali in die Restaurants oder an Lebensmittelhändler. Geliefert wird in transparenten Lebensmittelschalen mit Deckel. Sell arbeitet noch am Stempel für das Ablaufdatum und am Strichcode. In den Schalen befinden sich Kräutermischungen: zum Beispiel „Asia“ mit Koriander, Thai-Basilikum und gemischten Rettichkräutern, den „pikanten Mix“ aus Rucola, Senfkraut und Rettichsorten oder aber eine „sanfte Mischung“ aus Kohlrabi, Roter Bete und Grünkohl. Sie sollten im Kühlschrank aufbewahrt werden.

Zu beziehen sind die Microgreens derzeit bei der Kooperative Coanegre in Santa Maria sowie bei Verd & Verdesca in Binissalem, im Gespräch sind außerdem Agromart und weitere Händler, die sich für regionale Produkte starkmachen. Wer sie direkt in Biniali kauft, zahlt für die Schale vier Euro, gehen die Microgreens über einen Zwischenhändler in den Verkauf, kosten sie zwischen vier und fünf Euro.

Kontakt zu Planet Greens

Tel.: 672-72 12 86 (auch über WhatsApp)

Internet: planetgreens.es (oder auf Facebook und Instagram)

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