Der spanische Biermarkt boomt. Nach einem Nachfrageeinbruch während der Pandemie, der vor allem durch die teils monatelange Schließung der Gastronomie bedingt war, liefen Produktion und Verkauf 2022 wieder auf Hochtouren. Rund 41,1 Millionen Hektoliter Bier wurden spanienweit im vergangenen Jahr produziert - ein Anstieg um 7,9 Prozent. Damit ist das Land nach Deutschland der zweitgrößte Bierproduzent Europas. "Es ist für unsere Branche ein ausgezeichneter Moment", erklärt Jacobo Olalla, Vorsitzender des spanischen Brauereiverbands, der auch einen Wandel im Konsum bemerkt hat. "Vor der Pandemie wurde das Bier zu 70 Prozent in den Bars und zu 30 Prozent zu Hause getrunken. Mittlerweile beträgt das Verhältnis 60:40."

Große Zugewinne für die großen Marken

Vor allem die großen Marken konnten deutliche Zugewinne verzeichnen. Umsatzstärkstes Unternehmen bleibt die katalanische Damm-Gruppe, die 2022 rund 1,87 Milliarden Euro einfuhr. Das entspricht 26 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf Platz zwei landet Mahou. Das Madrider Unternehmen, zu dem neben Mahou auch die San Miguel-Biere gehören, verzeichnete ein Rekordergebnis von 1,7 Milliarden Euro – 18,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei liegt die Firma aus der Hauptstadt bei der Produktion auf Platz eins: Insgesamt 12,8 Millionen Hektoliter Bier verließen die Brauereien. Bei Damm waren es 11,34 Millionen Hektoliter.

Die Bierproduktion der größten spanischen Brauereien in Hektolitern. DM

Ebenfalls ein deutliches Plus von 20 Prozent erreichte das für die Marke Estrella Galicia bekannte Unternehmen Hijos de Rivera und verkaufte Bier im Wert von 700 Millionen Euro. Gerade die galicische Firma hat in den vergangenen Jahren rasant zugelegt, auch weil die Marketingausgaben deutlich gestiegen sind. Noch im Jahr 2017 hatte das Unternehmen einen Umsatz von 465 Millionen Euro.

Doch in den vergangenen Jahren setzte die Firma auf Product-Placement in Serien wie "La que se avecina", "Fariña" und "Vivir sin permiso". Und auch im Sport wurden die Investitionen ausgeweitet. Mit dem alkoholfreien Estrella Galicia 0,0 sponsert das Unternehmen Sponsor die MotoGP sowie zahlreiche galicische Fußballclubs. Rund 153 Millionen Euro soll das Unternehmen Berichten zufolge im vergangenen Jahr in das Marketing gesteckt haben – etwa 12 Prozent des Jahresetats. Der Wachstumsplan läuft noch bis 2024.

Auch auf Mallorca beliebt

Die Kampagne zeigt weit über die Grenzen von Galicien Erfolg. Das Unternehmen DataCentric befragte 40.000 Internet-Nutzer in verschiedenen Autonomieregionen in Spanien zu ihren liebsten Biermarken. Auf den Balearen, aber auch in Asturien, Kantabrien, dem Baskenland, Kastillien-Leon und Valencia erklärten die Teilnehmer mehrheitlich das galicische Bier zum Sieger.

Laut einer Umfrage sind das die beliebtesten Biere in den jeweiligen Regionen von Spanien DataCentric

Ohnehin ist der Kampf um die Bierfreunde in den anderen Regionen des Landes härter geworden. Die Spanier sind beim Konsum des Gerstensafts zwar Patrioten – rund 90 Prozent der getrunkenen Biere stammen aus dem eigenen Land, auch wenn wie im Fall Cruzcampo Marken dabei sind, die zu internationalen Playern wie Heineken gehören. Aber was die Treue zu den lokalen Bieren angeht, ist man flexibler geworden. Mahou, traditionell ein Madrider Bier, verkauft derzeit 55 Prozent in der Hauptstadt und Umgebung. 45 Prozent gehen in die anderen Regionen. Bei Estrella Galicia werden nur noch 25 Prozent der Produktion in der Heimatregion konsumiert. Beim andalusischen Alhambra, das zur Mahou-Gruppe gehört, fließen rund 40 Prozent in die südspanischen Kehlen.

Kleine Marken werden landesweit vertrieben

In den vergangenen Jahren hat es sich auch immer mehr etabliert, dass die großen Unternehmensgruppen kleinere regionale Biere kaufen und sie auf den nationalen Markt bringen. Die katalanische Damm-Gruppe hat dies unter anderem recht erfolgreich mit den Marken Victoria (aus Málaga) und Turia (aus Valencia) gemacht. Victoria ist seit 2021 sogar das offizielle Bier der spanischen Nationalmannschaften im Männer- und Frauenfußball. Der Deal wurde kürzlich um vier Jahre verlängert.

Und auch das deutlich kleinere, aus Aragonien stammende Unternehmen Ágora (Jahresproduktion 0,88 Millionen Hektoliter) hat es mit der Marke Ámbar geschafft, seine Präsenz in Nachbarregionen wie La Rioja, Navarra und dem Baskenland deutlich zu vergrößern. Jetzt sollen auch die Märkte Barcelona und Madrid erobert werden.

Die Einführung von Rosa Blanca

Gleichzeitig gibt es auch eine Bewegung, neue regionale Biere zu kreieren. Im Jahr 2018 brachte Damm auf Mallorca die neu aufgelegte Marke Rosa Blanca auf den Markt. Ein Bier mit dem selben Namen war ab 1890 auf der Insel gebraut worden und erfreute sich jahrzehntelang hoher Popularität. Ab 1927 wurde es mit der namensgebenden weißen Rose im Logo vermarktet. In den 60er-Jahren verlor das Bier parallel zum Aufkommen des Tourismus an Marktanteilen. Die Marke wurde mehrfach verkauft, schließlich an Damm. Im Jahr 1998 wurde die Produktion eingestellt.

Seit rund fünf Jahren wird es nun unter dem alten Namen mit neuem Geschmack als typisch mallorquinisches Bier verkauft. Bislang wird das Bier in Katalonien gebraut, hauptsächlich aber auf den Balearen getrunken. Im November 2022 kündigte das Unternehmen an, 18,2 Millionen Euro in den Bau einer neuen Brauerei in Palma investieren zu wollen, um das mallorquinische Bier in seiner "Heimat" herzustellen.