Mallorca Zeitung

Mallorca Zeitung

Gastronomie als Abenteuer: Auf Mallorca die Innereien wiederentdecken

Wenn schon Fleisch essen, dann wie früher möglichst das ganze Tier. Wie weit das gehen kann, zeigt dieser Tage das Restaurant Arco Iris in Muro

Der langsam geschmorte Hahnenkamm wird mit Kartoffeln und Gemüse zubereitet. Nele Bendgens

Ein Gast aß ein frit mallorquí, war begeistert und fragte, welches Fleisch darin wäre. Ich antwortete: „Herz, Lunge und Leber vom Lamm“. Er war entsetzt und meinte, so etwas würde er doch nie essen. Aber es hätte ihm doch geschmeckt, war meine Antwort. Er: „Egal, ich werde das nie mehr essen.“

Die Geschichte erzählt Pep Santandreu, Wirt und Chefkoch im Restaurant Arco Iris bei Muro, wo es seit 1969 beste authentische mallorquinische Küche gibt. Sie zeigt das Kernproblem beim Verzehr von Innereien: Es kommt auf die Einstellung an. Selbst wenn einem Innereien schmecken, haben viele verinnerlicht, dass sie nicht schmecken dürfen, vielleicht sogar eklig sind.

Pep Santandreu mit „seinen“ Schweinefüßchen im Restaurant Arco Iris. Nele Bendgens

Mit wichtigen Nährstoffen

Bis heute hält sich auch das Gerücht, dass Innereien gesundheitsschädlich seien. Wie so oft ist das eine Frage der Menge. In normalen Mengen zu sich genommen, sind Innereien nicht schädlich, einzig der Purin-Anteil ist für Schwangere nicht ideal, und der hohe Cholesterin-Anteil ist nicht gut für Herz-Kreislauf-Erkrankte. Aber Innereien enthalten auch jede Menge wichtiger Nährstoffe wie Eisen, Folsäure und Vitamin A. Zumal wie auch bei anderem Fleisch gilt: Je besser und nachhaltiger die Haltung der Tiere, desto besser und gesünder sind auch die Innereien.

Pep Santandreu ist Spezialist für Innereien und veranstaltet vom 16. bis 27. November nun schon zum 15. Mal die Innereien-Spezialtage im Restaurant Arco Iris. Auf der Karte stehen Gerichte, die es hier auch ganzjährig gibt, wie Kutteln (callos), Schweinefüßchen (manitas de cerdo) und frit mallorquí. Hinzu kommen an diesen Tagen aber auch seltenere Gerichte, wie gekochter und lange sowie langsam geschmorter Hahnenkamm (cresta de gallo) mit Kartoffeln und Gemüse, paniertes Hirn (sesos) oder Cannelloni gefüllt mit Blut und Zwiebeln. Weitere Möglichkeiten: knusprig gebratenes Kalbsbries mit scharfer Tomatensauce, frit mallorquí mit Blut und Magen oder mit Kaninchennieren, Schweineschnauze- und Ohren-Ragout, Schweinezunge mit Kapern, Rinderzungen-Carpaccio, Spieß mit Trockenaprikosen, Schweineohren und s’Esclata-Sang-Pilzen auf Kürbispüree oder Schweinefüßchen mit Schnecken beziehungsweise Hummer.

Hirn vom Schwein, vor und nach der Zubereitung im Restaurant Arco Iris in Muro. Nele Bendgens

„Die Rezepte habe ich zum Teil noch von meinem Großvater, teils sind es Eigenkreationen“, sagt Pep Santandreu. Jede Innerei benötigt dabei eine spezielle Art der Zubereitung, abhängig etwa von der Konsistenz. „Mit Innereien zu kochen, ist etwas aufwendiger als ohne“, räumt der Wirt ein.

Zu den Spezialtagen reisen „Fans“ von der ganzen Insel an, denn Gäste wie der eingangs beschriebene Herr sind eher die Seltenheit –und wenn, sind es eher Ausländer. Wobei man da nicht verallgemeinern darf: „Gerade ältere Deutsche lieben etwa Kutteln oder Nierchen, weil sie es aus der Nachkriegszeit kennen und dann meinen: Genau wie bei meiner Großmutter!“, sagt Pep Santandreu.

Hier können Sie die Innereien probieren

Die Produkte zu bekommen, sei teilweise schwierig. „Innereien kommen meistens vom Festland, aber nicht immer gibt es hier alles, was ich gern hätte. So sind etwa Kaninchen-Nieren eine Delikatesse, aber sehr, sehr selten.“ Die Preise für diese Gerichte schwanken im Arco Iris zwischen 8 und 12 Euro (Ctra. Muro–Can Picafort, km 8,4, Tel.: 971-53 70 27, Facebook: Restaurant ARCO IRIS).

Weitere Lokale, in denen Innereien serviert werden, sind das s’Oli 13 (Plaça del Banc de s’Oli, 13. Tel.: 971-49 50 69, Facebook: s’Oli 13) und das Ca’n Nofre in Palma (hier speziell das Lammhirn im Teigmantel, C/. Manacor, 27. Tel.: 971-46 23 59, Facebook: Ca’n Nofre restaurante) oder das Cafè Aràbic (C/. Constitució, 4. Tel.: 971-12 10 01, Facebook: Cafè Aràbic) in Llucmajor.

Vanessa Garau vor dem Stand ihrer Familie im Mercat de l’Olivar. Nele Bendgens

Einkaufen in der Markthalle

Innereien gibt es auf Nachfrage beim Fleischer oder etwa am Stand von Mateu Garau und seiner Familie auf dem Mercat de l’Olivar in Palma. Garau ist Halb-Franzose und Halb-Mallorquiner. Seine Eltern hatten eine Fleischerei in Frankreich, kamen dann aber nach Mallorca und eröffneten ihren Stand 1970 – auch mit Innereien. Vanessa Garau, die Enkelin der Gründer, ist seit 15 Jahren dabei. „Unsere Innereien kommen bis auf die Rinderleber – die ist von galicischen Kühen – alle vom Schlachthof auf Mallorca“, so die 35-Jährige. Wer hier kauft, bekommt frische, saubere und gereinigte Ware. Etwas, das speziell bei Innereien enorm wichtig ist. Viele „Gerüche“ von Produkt und Gericht rühren von schlechter Reinigung her. „Früher hat man beispielsweise die Kutteln aufwendig von Hand geputzt mit viel Wasser und vielen Reinigungsgängen. Heute gibt es speziell für Kutteln eine Maschine, die wie eine Waschmaschine funktioniert – nur ohne Waschmittel“, erklärt Garau. Eine Ausnahme seien die Nierchen, die man als Kunde selbst reinigen muss – „am besten mit viel Essig- oder Zitronenwasser“. Die Stammkundschaft besteht vorrangig aus älteren Mallorquinern, denn viele Jüngere wüssten nicht mehr, wie man Innereien zubereitet. „Sie mögen Innereien, essen aber Kutteln, Zunge oder frit mallorquí lieber im Lokal.“ (Stand 22–24 auf dem Mercat de l’Olivar, geöffnet Mo.–Sa. 7–15 Uhr). Auch im Markt von Pere Garau in Palma gibt es einen Innereien-Stand (La Casquería Mallorquina, Stand 69–70, Mo.– Sa. 6–14.30 Uhr).

Rezept: Schweinefüßchen à la Arco Iris

Zutaten für die Brühe:

2–4 Schweinefüße

½ Zwiebel

1 Tomate

1 Lauchstange

2 Lorbeerblätter

Salz, Pfeffer


Zutaten für das Sofrito :

2 Knoblauchzehen

1 Handvoll Mandeln

1 grüne oder weiße

Paprika

½ Zwiebel

1 Stück butifarrón (Blutwurst)

Salz, Pfeffer, Chilischote

Paprikapulver

Olivenöl zum Anbraten

Als Deko einige Stängel Petersilie


Zubereitung:

Am Vortag für die Brühe alle Zutaten (Zwiebel und Lauchstange grob zerteilt, Tomate halbiert) und die Schweinefüße in Wasser geben, sodass die Füße mit Wasser bedeckt sind, einmal aufkochen und dann bei kleinerer Hitze circa 2 Stunden köcheln lassen. Anschließend die Füße in eine Terrine nebeneinander legen, die Brühe abseihen, damit die Terrine halb füllen, abkühlen lassen und in den Kühlschrank stellen. Am nächsten Tag die Mandeln in einer trockenen Pfanne rösten und anschließend zerkleinern. Alle weiteren Zutaten für das sofrito klein schneiden und alles mit etwas Olivenöl in einer Pfanne etwa 10 Minuten leicht anbraten. Danach die Füße samt der gelatinierten Brühe darin erwärmen. Wenn Gelatine aufgelöst ist und die Füßchen warm sind, servieren und mit klein geschnittener Petersilie bestreuen.

Artikel teilen

stats