Mallorca Zeitung

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Bloß kein Gluten: Hier können von Zöliakie Betroffene auf Mallorca essen gehen

Auf den Balearen gibt es bisher kaum Lokale für Menschen, die kein Gluten zu sich nehmen können. Ein Verein will das ändern

Produkte der Marke Schär gibt es etwa auch bei El Corte Inglés in Palma. FOTO: OLGA LABRADOR

Wenn Juan Antonio Oliva mit Freunden oder seiner Familie in ein Restaurant geht, bleiben sein Teller und sein Magen oft leer. Der 61-Jährige hat Zöliakie. Er und andere Betroffene reagieren überaus empfindlich auf Bestandteile von Gluten, das in vielen Getreidesorten vorkommt. Die Erkrankung betrifft insbesondere den Dünndarm, aber auch andere Organe. „Es handelt sich nicht um eine Intoleranz oder Allergie, sondern eine chronische lebenslange Autoimmunerkrankung“, betont Oliva.

Betroffene haben bisher keine große Auswahl

Viele Restaurants würden heutzutage zwar angeben, glutenfreie Speisen auf der Karte zu haben. Oft scheitere es aber daran, wie das Personal die Gerichte zubereitet. Wenn glutenfreies Brot etwa im selben Toaster wie ein glutenhaltiges zubereitet oder mit demselben Messer geschnitten wurde, kann es Oliva schaden. Auch wenn Fisch in einer nicht gründlich gereinigten Pfanne zubereitet wird, in der zuvor Glutenhaltiges angefertigt wurde, entstehe eine sogenannte Kreuz-Kontamination. Sie kann Olivas Erkrankung wieder aufflammen lassen. „Schon zwei Brösel sind schädlich für uns“, sagt er. Im besten Fall haben Restaurants separate Küchengeräte, etwa eine Fritteuse, in der sie nur glutenfreie Lebensmittel zubereiten.

Wenn der Kellner nicht Bescheid weiß

Oft sehen Oliva und andere Betroffene auch an der Reaktion des Kellners, ob sie sich in einem Restaurant gut aufgehoben fühlen können oder nicht. Einige camareros wüssten oft gar nicht, was Gluten oder gar Zöliakie ist. Sätze wie „Keine Sorge, ich verwende in der Kaffeemaschine keine Milch“ habe er schon oft gehört, nachdem er sich als celíaco geoutet hatte, sagt Oliva. „Wenn du so eine Antwort bekommst, weißt du, dass du dort besser nichts isst.“

Das sind die Folgen

Wenn Betroffene ungewollt Gluten zu sich genommen haben, können die Folgen trotz minimaler Mengen oder „nur“ Kreuzkontaminationen sehr unangenehm und langfristig extrem schädlich sein: Durchfall, Verstopfung, Magenkrämpfe, Erbrechen. Die Symptome beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen oft erheblich. Einige haben – was besonders gefährlich ist – gar keine Symptome, wissen demnach gar nicht, dass sie aufgrund der Erkrankung eigentlich auf Gluten verzichten müssten.

So viele Menschen sind betroffen

Knapp zwei Prozent der Bevölkerung in Europa müssen ihren Alltag trotz Zöliakie meistern. Auf den Balearen sind es rund 25.000 Menschen. „Von ihnen haben nur 4.500 auch eine wirkliche Diagnose ‚Zöliakie‘ bekommen“, so Oliva. Nicht selten werde die Erkrankung wie bei Oliva erst recht spät festgestellt. Der Mallorquiner weiß erst seit drei Jahren Bescheid. Viele Mediziner hätten Zöliakie zunächst nicht auf dem Schirm.

Seit 1999 haben Betroffene mit der Asociación de Celíacos de las Islas Baleares (ACIB) einen eigenen Verein, der ihnen den Alltag erleichtern soll. Oliva ist aktuell der Vorsitzende von ACIB. Der Verein mit derzeit 367 Mitgliedern berät Restaurants, Hotels und Geschäfte, wie sie Betroffenen begegnen und ihren Besuch sicher gestalten können.

Das Logo des Vereins. La Asociación de Celíacos de las Islas Baleares (ACIB)

Derzeit können 130 Einrichtungen damit werben, von dem Verein beraten worden zu sein. Der Großteil (über 100) sind Restaurants und Franchise-Unternehmen. Daneben gibt es 14 Geschäfte und 13 Hotels.

Kein einziges Restaurant in den Gastro-Meilen Palmas

Für Oliva und seine Vereinsmitglieder steht noch viel Aufklärungsarbeit an. Zur Veranschaulichung: Von 20.000 auf den Balearen geöffneten Restaurants haben nur 27 den Aufkleber von ACIB. „Weder in Palmas Gastro-Meile Blanquerna noch im Carrer Fábrica gibt es auch nur ein einziges Restaurant für uns“, beklagt sich Oliva. Für viele Restaurantbesitzer – das hört er oft – lohne es sich nicht, von Zöliakie betroffene Gäste in ihre Menü-Planung mit einzubeziehen, da der Aufwand in keinem Verhältnis zu den wenigen einkehrenden Kunden stehe.

Der Verein setzt sich derzeit dafür ein, dass es auf den Balearen in Zukunft deutlich mehr Anlaufstellen für Betroffene gibt. Die Mitglieder fordern zudem, dass per Gesetz festgelegt wird, dass jedes Lokal Speisen und Lebensmittel für celíacos servieren muss. Das balearische Gesundheitsministerium solle durch die Vergabe von entsprechenden Zertifikaten zudem garantieren, dass die Lokale bestimmte Protokolle in Sachen Sauberkeit und Lebensmittel-Weiterverarbeitung einhalten.

Zöliakie betrifft vor allem den Dünndarm. Betroffene müssen auf Gluten verzichten. DPA

900 Euro mehr Ausgaben für Lebensmittel pro Jahr

Der Verein fordert zudem finanzielle Hilfen für Betroffene: „Wir zahlen im Schnitt circa 900 Euro mehr im Jahr für Einkäufe“, so Oliva. Wenn ein Kind betroffen sei, vervielfache sich die Summe schnell, da sich die ganze Familie auf eine glutenfreie Ernährung umstelle.

ACIB arbeitet daher bereits mit der Supermarktkette Eroski und der Drogeriekette Müller zusammen. Mitglieder des Vereins bekommen in den Geschäften auf den Balearen Rabatte auf glutenfreie Produkte. Im Fall von Eroski sind es 20 Prozent, die Kunden zunächst auf der Treuekarte der Kette verbucht werden. Bei Müller werden seit einem Monat bei Vorzeigen der Vereins-Mitgliedskarte an der Kasse direkt zehn Prozent auf glutenfreie Produkte abgezogen. Mit einer weiteren Handelskette sei der Verein derzeit in Verhandlung.

Diese Vorteile haben Vereins-Mitglieder

Auch die App namens FACEMOVIL (von Federación de Asociaciones de Celiacos de España) ist für Mitglieder kostenlos. Darin sind etwa spanienweit alle Lokale aufgeführt, an die sich Betroffene guten Gewissens wenden können. Über eine Scan-Funktion können sie zudem Informationen über Produkte abrufen. Auch von anderen Rabatten bei Fitnessstudios (z. B. Altafit Gym in Porto Pi), Konditoreien (z. B. Deliafree) oder Versicherungen (z. B. ASISA) kann man dort profitieren.

Wer kein Gluten verträgt, muss bei der Zubereitung von Essen genau auf die Zutaten achten. DPA

Mitglied werden

Vereinsmitglieder zahlen jährlich 47 Euro. Wer sich während des laufenden Jahres anmeldet, zahlt nur die Hälfte oder derzeit am Jahresende 10 Euro. Dann gibt es einen Einführungsvortrag, bei dem Mitglieder auch Informationsmaterial über die Erkrankung an die Hand bekommen. Auch darüber, was sie beim Essen auswärts beachten und wie sie ihre Ernährung zu Hause umstellen sollten, werden sie aufgeklärt. „Vor allem für Kinder kann die Ernährungs-umstellung gravierend sein“, betont Juan Antonio Oliva.

Beim Auswärtsessen seien es Zöliakie-Betroffene schon gewohnt, dass sie ihr Essen im Restaurant als Letztes bekommen. „Das macht nichts.“ Den Satz „Mein Restaurant ist voll, ich kann mich leider nicht um dich kümmern“, will er dennoch nicht mehr hören. „Irgendein Essen für uns findet sich immer, und wenn es Bratkartoffeln sind …“, sagt Oliva.

celiacosbaleares.org, FB: ACIB Associació de Celíacs / Asociación de Celíacos de Illes Balears, IG: acib_1, celiacos.org, APP: Facemovil

EINIGE LOKALE FÜR BETROFFENE

– Moma (Alcúdia)

– St. Lorenzo Pizza Gastro Bar

(Andratx)

– St. Lorenzo Tapas (Calvià)

– El Mercader del Mar (Calvià)

– Celler Can Lau (Inca)

– Avocado (Palma)

– Il Capricco (Palma)

– El Capi (Palma)

– Daruma (Palma)

– Ca Sa Tita (Palma)

– Profit (Palma)

– 080 Bistro’ (Palma)

– Bulldog Burger (Palma)

– Iru (Pollença)

– Sa Mexicana (Santa Margalida)

– Ca’n Boqueta (Sóller)

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