Mallorca Zeitung

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Vorsicht vor der Kölner Masche: Einer der Strippenzieher versendet von Mallorca aus Trickformulare

Opfer sind Inhaber kleiner Geschäfte. Es gibt weitere Verbindungen zur Insel

Branchenbücher existieren heute kaum noch. Dafür werden Online-Varianten vermarktet. | FOTO: JAMIE/FLICKR

Der Teufel hat viele Namen. Ähnlich verhält es sich mit windigen Geschäftsleuten. Seit vielen Jahren warnen Behörden wie Ordnungsämter oder die IHK in Deutschland vor der sogenannten Kölner Masche, auch bekannt als Branchenbuchabzocke. Scheinfirmen versuchen damit, an das Geld von Geschäftsinhabern zu kommen. Die Fäden im Hintergrund zieht meist ein Mann: Patrick R.. Wie die MZ nun erfahren hat, soll der Deutsche mittlerweile auf Mallorca leben. Es sind nicht die einzigen Verbindungen zur Insel.

Wie läuft die Masche ab?

Es beginnt mit einem Fax. Ein Formular wird an eine möglichst große Anzahl an Geschäftsinhabern geschickt. Darauf sind bereits ein paar allgemeine Informationen über den Empfänger aufgelistet. In dicken Buchstaben steht geschrieben, dass es sich um eine Bestätigung zur Eintragung in ein Branchenbuch handelt. Diese sei kostenlos und mit einer einfachen Unterschrift möglich. Nichts ahnend unterschreiben die Ladenbesitzer und überlesen das Kleingedruckte. Dort wird aufgeführt, dass mit der Signatur ein Vertrag abgeschlossen wird. Die Mindestlaufzeit beträgt meist zwei Jahre. Das ist natürlich dann doch nicht gratis. Pro Jahr belaufen sich die Kosten für die Eintragung in das Branchenbuch auf knapp 1.000 Euro.

Theoretisch wird den Ladeninhabern zwar ein zweiwöchiges Widerrufsrecht eingeräumt, da die meisten aber gar nichts von dem Vertrag wissen, nehmen sie das nicht wahr. Nach Ablauf der Frist meldet sich direkt ein Inkassounternehmen und fordert das Geld ein.

Von der Masche, die vor gut 20 Jahren in Köln florierte und daher zu ihrem Namen kam, existieren verschiedene Varianten. Manch ein Betrüger ruft vorher bei der Firma an, um das Fax anzukündigen und die Chance auf die Unterschrift zu erhöhen. In einer Alternative kommt ein angeblicher Google-Fotograf im Geschäft zu Zeiten des Hochbetriebs vorbei und bittet um eine Erlaubnis, die von ihn geschossenen Fotos im Internet veröffentlichen zu dürfen. In aller Eile unterschreibt das Opfer und merkt nicht, wie ihm der Vertrag untergejubelt wurde.

Was sagt das Gericht dazu?

Bereits 2012 hat der Bundesgerichtshof, das höchste deutsche Zivilgericht, gegen die Masche entschieden. Der Vertrag sei unwirksam, wenn er durch drucktechnische Maßnahmen derart versteckt werde. Das Urteil legte den Abzockern aber nicht das Handwerk. „Das zivilrechtliche Urteil ist nicht allgemeingültig. Die Frage ist, ob es strafrechtlich relevant ist“, sagt der Münchner Anwalt Daniel Loschelder, der Betroffene vertritt und sich selbst im Rechtsstreit mit Patrick R. befindet. „Es gibt Gerichte, die das Trickformular nicht als solches anerkennen.“ Sprich, der Faxempfänger hätte das Kleingedruckte lesen sollen.

Schließlich gibt es für das Geld eine Gegenleistung. Die Firma wird im Anschluss in einem Online-Branchenbuch geführt, jedoch ohne konkrete Angaben. Zudem wird die Website nicht beworben, und außer Anwälten kennt sie praktisch niemand. Das Landgericht Wuppertal bezeichnete es als „quasi wertlos“.

Wer sind die Hintermänner?

Die Spur führt immer wieder zu Patrick R., zu dem es im Internet außer Warnungen kaum Informationen gibt. Laut Loschelder handelt es sich um einen Mitte 40-jährigen Mann aus dem Mainzer Raum. „Mir ist die Masche zum ersten Mal vor fünf Jahren mit dem Unternehmen Firmensuche24 untergekommen“, sagt der Anwalt.

Häufig ist in dem Zusammenhang von der Digi Medien GmbH die Rede. Dabei handelt es sich um eine Art Briefkastenfirma in den USA im Bundesstaat Delaware an der Ostküste. Dort ist die Firmengründung durch eine Einzelperson anonym und ohne Startkapital möglich. „Das Handelsregister ist nicht einsehbar und der Strippenzieher daher nicht ausfindbar“, sagt Loschelder.

Digi Medien verschickt das anfängliche Fax, verschwindet aber danach von der Bildfläche. Die erste Rechnung kommt direkt von der KVG Kreditoren Verwaltungsgesellschaft AG mit Sitz in der Schweiz. Hier ist Patrick R. seit 2019 der Verwaltungsrat. Laut Loschelder treiben die Abzocker vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz ihr Unwesen. Dass auch Geschäftsinhaber auf Mallorca in Gefahr sind, glaubt der Anwalt nicht.

Patrick R. hat auf eine Mail der MZ nicht geantwortet. Es tauchen noch weitere Namen im Zusammenhang mit der Masche auf. Da wären Linda S., bei der es sich wohl um die Lebensgefährtin von Patrick R. handelt, und der Anwalt Luigi Carlo de Micco, die für die in Palma registrierte Gesellschaft Limitimus SL zeichneten. Patrick R. ist zudem mit einem weiteren Unternehmen, der Nova Concept Solutions SL, im Gebäude der Kanzlei des Anwalts registriert. De Miccos Name steht mit Datumsverweis auf Oktober 2023 im Register.

De Micco bestätigt in einer Mail gegenüber der MZ, R. und S. als Klienten betreut zu haben: „Meines Wissens betreiben sie mit den Firmen eine Werbeagentur. Von den Ihnen bekannten Netzwerken haben wir keine Kenntnis. Unsere Kanzlei distanziert sich von jeglichen, möglichen illegalen Aktivitäten der beiden Klienten. Wir haben R. und S. mit Berufung auf unsere AGBs die Vertretungsmandate bereits im letzten Jahr fristlos gekündigt.“

Mit in die Masche verwickelt ist wohl auch David K.. Die MZ hatte vor drei Jahren über den Inkassounternehmer aus Berlin berichtet, der während der Corona-Pandemie das Restaurant Perla Negra in Es Llombards übernahm. Das leitet er heute nicht mehr. Er wird gemeinsam mit R. auf einem Online-Firmenregister im Zusammenhang mit dem Unternehmen PR Vertrieb & Marketing UG & Co. KG genannt.

Was kann man dagegen tun?

Im besten Fall das Formular ordentlich lesen und nicht unterschreiben. Ist es einmal zu spät, und die Rechnung flattert ins Haus, darf diese unter keinen Umständen bezahlt werden. Sie einfach zu ignorieren, ist aber auch keine gute Idee. Die Betroffenen müssen in Widerspruch gehen und sollten sich einen Anwalt suchen. Vordrucke für den Widerspruch liefert die IHK Bonn.

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