Mallorca Zeitung

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Wie "Sister Act" auf Mallorca: Die Palma Gospel Singers wissen, ihr Publikum mitzureißen

54 Stimmen, erhebende Gesänge, eine starke Truppe: Selbst beim Proben bleiben bei diesem Chor die Tränen nicht aus

Die Palma Gospel Singers in Aktion

Die Palma Gospel Singers in Aktion Nele Bendgens

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Die Palma Gospel Singers in Aktion Simone Werner

Es ist ein Hobby, bei dem den bewegten Teilnehmern schon mal die Tränen kommen. So auch am vergangenen Dienstagabend (5.3.). Es ist kurz nach 19 Uhr. Im Auditorium der Franziskanerkirche Porciúncula an der Playa de Palma stehen 46 Sänger und Sängerinnen dick eingepackt auf der Bühne und folgen den Anweisungen von Dirigent Rafa Fiol. Es trudeln vereinzelt weitere Chormitglieder ein und stellen sich zu der großen Truppe, die in zwei Reihen die ganze Bühne füllt. Ein Keyboarder begleitet die Palma Gospel Singers.

Der erhebende Gesang über Dankbarkeit und (Gott-)Vertrauen – gesungen wird meist auf Englisch – schwillt nun in einem Crescendo plötzlich an, dann singt der ganze Chor aus voller Kehle. Während die Frauen bereits von Anfang an ihre Arme zur Musik bewegen, kommen nun auch die Männer in Schwung. Synchron zum Gesang wippt die Gruppe Fiols Anweisungen folgend von links nach rechts und wieder nach links. Eine Sängerin scheint gar zu tanzen. Die Bühne bebt.

Immense Stimmgewalt, intensives Mitklatschen

Wer noch kein Gospelkonzert live miterlebt hat, kann sich an dieser Stelle kurz an den lebhaften Nonnenchor aus „Sister Act“ und dessen Stimmgewalt erinnern. Bei der Probe der Palma Gospel Singers ist es jedenfalls unmöglich, sich als Zuhörer im Publikum von der freudigen Menge nicht anstecken zu lassen. Immense Stimmgewalt, intensives Mitklatschen – der Chor gibt alles, auch wenn gerade nicht Hunderte Menschen im Publikum sitzen. Das Ziel: Keiner soll sich mehr auf seinem Platz halten können, sondern mittanzen, singen und eine gute Zeit haben.

Die Palma Gospel Singers in Aktion

Die Palma Gospel Singers in Aktion

Die haben ganz offensichtlich auch die Sänger selbst – bis das Lied „Amen, Amen“ aufs Ende zugeht. Dann löst sich bei einigen Sängerinnen sichtlich die (positive) Anspannung. Bewegt von den Liedtexten und dem gemeinsamen Erlebnis in der Gruppe wischen sich manche Sänger Tränen von der Wange.

Welche (bewegenden) Folgen das harmonische Zusammenwirken des Gospelchors haben kann, hat auch Stephanie Schulz erlebt. Sie singt zwar erst seit September 2023 in dem Chor mit, Tränen verdrückt hat sie dennoch schon einige. „Es ist so schon eine tolle Energie, in dem Chor zu singen“, sagt die Autorin und Radiomoderatorin. Wenn es darüber hinaus gelinge, das Publikum anzustecken, sei das „einfach nur zum Dahinschmelzen“, findet die Altsängerin.

In der Chor-Tunika: Stephanie Schulz ist nicht die einzige deutsche Sängerin des Chors. Nele Bendgens

Mit 51 endlich getraut

Die 51-Jährige hat schon immer gerne gesungen, wie sie sagt, nur ihre Stimme habe sie lange Zeit nicht schön gefunden. Zu den Gospel-Hobby-Sängern stieß sie hinzu, nachdem sie Fiol über ein Buchprojekt kennengelernt hatte. „Wenn man schon jemanden kennt, sinkt die Hemmschwelle mitzumachen“, weiß↓Schulz, die es dann auch – zur Überraschung für sie selbst, wie sie sagt – erfolgreich durch das Vorsingen schaffte.

Für Rafa Fiol ist 2024 bereits das fünfte Jahr als Chorleiter. Sein Vorgänger Joan Laínez wollte sich dem lyrischen Gesang widmen, suchte daher einen Nachfolger für den 2015 ins Leben gerufenen Chor. Er schlug Fiol vor. „Für mich war Gospelgesang etwas ganz Neues. In meiner Ausbildung lag der Fokus eher auf Theater und Schauspiel. Daher musste ich mir erst noch überlegen, ob der Nachfolge-Posten etwas für mich ist“, räumt der 34-Jährige ein. Da es hierzulande keine Weiterbildung zu Gospelgesang gibt, arbeitete sich Fiol selbst in die Geschichte und die Besonderheiten des Genres ein. Er sagte zu.

Einer der Schlüssel für Gospel: das Gemeinschaftsgefühl

Dass er seinen Job ausgesprochen gerne macht, kommt schon bei der Probe am Dienstag deutlich herüber. Statt strenge Dirigenten-Mimik lächelt er den Sängern und Sängerinnen konstant zu, animiert sie auch dazu, den Nebenmann oder die Nebenfrau mal in die Hüfte zu zwicken, um die Stimmung aufzulockern. Auch deswegen bricht ab und an Gelächter aus. „Einer der Schlüssel für Gospel ist das Gemeinschaftsgefühl“, so Fiol, der auch Leiter des Teatre d’Artà ist. „Je wohler sich die Gruppe zusammen fühlt, desto besser ist das Ergebnis, und desto eher stecken wir auch das Publikum an.

Hat nicht nur bei den Proben immer ein Lächeln auf den Lippen: Chorleiter Rafa Fiol. Nele Bendgens

Das kann auch Schulz bestätigen. Der Umgang der Teilnehmer untereinander sei liebevoll. Grüppchenbildungen gebe es keine. Statt neidisch auf Solisten zu sein, freue man sich für sie. Die Gospelsänger und -sängerinnen von Mallorcas erstem Gospelchor sind zwischen 20 und 75 Jahre alt und ganz unterschiedlicher Nationalität. Es gibt Mallorquiner, Latinos, Iren und auch einige Deutsche. Hören kann man die 54 Sänger und Sängerinnen bei bis zu 15 Benefizkonzerten pro Jahr. Neben dem Keyboarder, einem Bassisten sowie Perkussionisten ist stets auch ein Techniker mit im Einsatz.

Selbst mitsingen bei den Palma Gospel Singers

Alle, die nun Lust bekommen haben, auch mitzusingen, sollten wissen: Die Nachfrage ist sehr hoch. „Damit alle Stimmlagen ausgeglichen sind, können wir leider nicht alle Interessenten aufnehmen“, so Fiol. Ist absehbar, dass Teilnehmer ausscheiden, beruft der Chor per Aufruf in den sozialen Netzwerken ein Vorsingen ein. „Kommt beispielsweise ein Tenor, wir brauchen aber aktuell keinen, setzen wir ihn zunächst auf die Warteliste“, erklärt Fiol. Dort stünden aktuell die Namen von acht Sängern und Sängerinnen.

Während der langen Schulferien im Sommer pausieren die Aktivitäten des Chors. Immer wieder finden auch Auftritte mit anderen Chören statt, zum Beispiel der Capella Mallorquina. Im kommenden April wird es einen Chortag geben, zu dem die Palma Gospel Singers jedes Jahr bewusst auch weitere Nicht-Gospelchöre einladen, wie Fiol erklärt. „Nächstes Jahr wollen wir zum ersten Mal auch auf Menorca und Ibiza und später auch auf dem spanischen Festland singen.“

Palma Gospel Singers, nächstes Konzert: Sonntag (10.3.), 19 Uhr, Parròquia de la Mare de Déu dels Àngels, Pollença, Eintritt: 10 Euro, Karten: AAVV del Port de Pollença, Electrònica Cuadrado, Club Pollença sowie an der Abendkasse ab etwa 18.15 Uhr, Einlass ist ab 18.20 Uhr. Infos: IG: palmagospelsingerspgs, FB: Palma Gospel Singers, palmagospelsingers.es 

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