Seit Ewigkeiten untereinander konkurrierende Clubs und Discos auf Mallorca einigen sich an der Playa de Palma auf eine gemeinsame Marschrichtung gegen den Exzess-Tourismus - das ist in der Tat eine bemerkenswerte Zäsur in der Geschichte der Gastronomie Mallorcas.

Und das in mehrfacher Hinsicht. Die Clubs von Megapark bis Bierkönig gehen damit nicht nur in großen Schritten auf die Bewegung „Palma Beach“ zu, die aus dem Ballermann ein spanisches Miami machen möchte. Nein, der Zusammenschluss der Playa-Discotheken legt sich und seinen Gästen scheinbar freiwillig einen Verhaltenskodex auf, der der Regierung in Palma die Tränen in die Augen treiben dürfte.

Einigermaßen anständige Klamotten, Nein zu Rassismus und Gewalt, zu Nazi- und Hass-Tattoos und Megaphon-Terror, Ja zu Schuhen, Oberkörper-Bekleidung und ein allumfassendes Hausverbot für diejenigen, denen zivilisiertes Benehmen weitgehend fremd ist. Dass die Diskotheken den Wünschen des Rathauses mehr als entgegenkommen, darf durchaus als Gezeitenwende betrachtet werden

Mallorca: Jahrzehnte währendes Katz- und Mausspiel zwischen Ballermann und Behörden

Bisher war das Miteinander ein anderes: ein Jahrzehnte währendes Katz- und Mausspiel zwischen Behörden und Wirten, in der sich die Wirte meist als die ausgefuchsteren erwiesen. Beispiele gibt es zur Genüge.

1993 will die Regierung das Trinken unter freiem Himmel in der Bierstraße beenden. Also muss die Außengastronomie Parkplätzen weichen. Der Besitzer des damaligen „König Pilsener Eck“, Toni Ferrer, kauft daraufhin ein Dutzend Gebrauchtwagen, stellt sie auf die Parkplätze vor seinem Laden und montiert Tische auf die Motorhauben. So geht das Open-Air-Getrinke weiter. Das Theater endet schließlich, als die Bierstraße verkehrsberuhigte Zone mit Außen-Bestuhlung wird.

Ein weiteres Beispiel: Im Sommer 2020 werden mitten in der Pandemie nach einem Corona-Eklat die Läden in der Bier- und Schinkenstraße von den Behörden geschlossen. Also machen die Wirte die Seiten-Eingänge auf, die nicht in der Sperrzone liegen.

Ballermann auf Mallorca: Schulterschluss mit der Regierung

Damals war das Widerstand. Die jetzigen Beschlüsse sind eher ein Schulterschluss mit der Regierung, der dreierlei Absichten vermuten lässt: 

  1.  Vorauseilender Gehorsam, bevor dem Rathaus die nächste absurde Regelung einfällt. 
  2. Signalwirkung: An der Playa ziehen jetzt (fast) alle, Hoteliers, Wirte, Diskotheken und Behörden an einem Strang.
  3. Touristen, denen es nicht gelingt, sich an die Grundlagen des menschlichen Miteinanders zu halten, sind nicht mehr willkommen. Wobei die Aussagen Spielräume lassen. Carlos Lucio, Direktor des Megaparks zur MZ: „Wir haben keine Lust mehr auf Borat-Kostüme oder Gäste mit T-Shirts wie „Sommer, Sonne und Sieg Heil“. Andererseits ist Kreativität durchaus gewünscht. „Der Gast im Dinosaurier-Kostüm oder der Power Ranger ist herzlich willkommen“, sagt Lucio. 

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Es ist noch nicht abzuschätzen, wie ernst die Wirte es mit der Umsetzung der neuen Verhaltensregeln nehmen oder ob es bei Lippenbekenntnissen bleibt. Eines ist aber klar. Da steht eine neue Front aus Diskotheken, Hoteliers, Gastronomen und Regierung, die nach zwei Jahren Corona gewillt sind, den Ballermann zu einem besseren Ort zu machen.

Es dürfte jedoch eine Herausforderung sein, den Urlauber, der seit Jahrzehnten den gleichen Unsitten folgt, zu erziehen. Aber ein zünftiges Hausverbot hat schon bei manchem zu einem Umdenken geführt.