Auch 25 Jahre nach der Eröffnung des neuen Flughafens von Son Sant Joan ist der verantwortliche Architekt Pere Nicolau von seinem Werk noch begeistert. Er führt den Reporter zum sogenannten Solarium, der Sonnenterrasse gegenüber den Sicherheitsschleusen und beginnt direkt, sein Werk zu erklären.

Seine 74 Jahre merkt man Nicolau höchstens an, wenn er für das Foto Verrenkungen machen soll. Der Mallorquiner spricht in einer Geschwindigkeit, die selbst jungen Leuten schwerfallen würde. Neben dem Flughafen entwarf er auch den Parc de la Mar und die Komplettrenovierung des Gran Hotel in Palma.

Welche Bereiche des Flughafens, so wie er heute dasteht, haben Sie entworfen?

Im Grunde alles. Als ich beauftragt wurde, ging es darum, ein neues Terminal zu planen, darüber hinaus neue Verbindungsgänge zu den Gates und ein Parkhaus für 7.000 Autos. Es sollte ein Bau für eine große Zahl an Passagieren werden. Ich musste dabei sehr effizient sein. Das Budget betrug gerade mal 120 Millionen Euro. Das ist für einen solchen Bau sehr wenig. Und wir haben den Etat nur um fünf Prozent überschritten. Ich habe ein paar Dinge hinzugefügt, die ursprünglich nicht vorgesehen waren, wie etwa ein gewisses Mallorca-Ambiente. Ich wollte, dass den Reisenden und den Urlaubern, die hier ankommen oder abfliegen, bewusst wird, dass sie auf einer Mittelmeerinsel sind. Etwa mithilfe dieses Gartens, wo wir jetzt sitzen. Hier gab es früher Liegen, so als läge man am Strand. Und die weiße Dachstruktur, die jetzt freiliegt, war von Bougainvilleen bedeckt. Die wurden leider beseitigt. Auch an anderer Stelle, wie etwa am Busparkplatz, wo Palmen stehen, sollte an Mallorca erinnert werden.

Zur Eröffnung hieß es, das Terminal sei gigantomanisch, „pharaonisch“, wie es auf Spanisch heißt. Wie sehen Sie das heute?

Natürlich ist es ein pharaonischer Bau. Bevor ich den Entwurf gezeichnet habe, war ich in Ägypten, in Deir el-Bahari. Dort gibt es einen Tempel für die Pharaonin Hatschepsut, der von vorne dem Flughafen ähnlich sieht. Dass etwas pharaonisch ist, ist für mich keine Kritik, sondern ein Lob. Ich bin ein großer Ägypten-Fan.

Damals schien der Flughafen viel zu groß. Heute gibt es 26 Millionen Passagiere im Jahr.

Heute muss man sagen: Der Flughafen musste in den vergangenen 25 Jahren so gut wie nicht verändert werden, die Größe war ausreichend für die große Passagierzunahme. Die Bauarbeiten dauerten vier Jahre, und ich erinnere mich an eine Anekdote: Zeitgleich zu den Bauarbeiten hier haben wir das Gran Hotel eingeweiht. Und da kam das Königspaar, Juan Carlos und Sofía. Juan Carlos sprach mich an und sagte: Du baust doch auch den Flughafen, oder? Ich bejahte, und er sagte: Man sagt, dass er sehr groß wird. Ich antwortete: Schauen Sie, Majestät, die Mallorquiner wollen mehr Tourismus und gleichzeitig nicht. Und das ist sehr schwierig.

Wie sah der Flughafen bis dahin aus?

Es gab sieben Terminals auf dem Gelände, das war eine richtige Katastrophe. Iberia wollte sein eigenes Terminal, andere Airlines auch. Der Flughafen war völlig unstrukturiert gewachsen. Immer wenn in einem Terminal kein Platz mehr war, wurde ein neues dazugebaut. Der Parkplatz für die Autos befand sich in der Mitte. Es war höchste Zeit, dieser Improvisation ein Ende zu setzen. Aber die Ursprungsidee war damals tatsächlich gewesen, nicht ein großes Gebäude zu bauen, sondern die sieben Terminals, die es gab, zu modernisieren.

Heute würden man wohl nicht mehr so bauen. Stichwort Nachhaltigkeit.

Ja, diese Fragestellungen spielten beim Bau noch nicht die prominente Rolle, die sie heute spielen würden. Aber ich habe eine Reihe Aspekte in die Planungen einfließen lassen. Da ist zum einen die Farbe Weiß, in der das Terminal gehalten ist. Sie hält die Sonne am wirkungsvollsten ab. Hinzu kommt, dass das Terminal wenige Fenster hat, was heftig kritisiert wurde. Aber damit wollte ich bezwecken, dass sich das Gebäude durch die Sonneneinstrahlung nicht zu sehr erwärmt. Und auch die Luftzirkulation und die Kühlung im Inneren des Gebäudes habe ich für damalige Verhältnisse recht fortschrittlich geplant.

Reisende am Flughafen von Palma de Mallorca Manu Mielniezuk

Selbst wenn das Gebäude nachhaltig ist, der Flugverkehr ist es bislang nicht. Wie wünschenswert ist ein solch großer Flughafen gerade für eine fragile Insel wie Mallorca?

Ich sage Ihnen das, was ich schon bei der Eröffnung den Kritikern gesagt habe: Für den Wind sind die Mallorquiner zuständig, ich setze nur die Segel. Wir leben in einer Demokratie. Und für diesen Wind, dass es immer mehr und mehr Touristen wurden, waren die Politiker verantwortlich, egal ob links oder rechts.

Ein weiterer Kritikpunkt heute sind die langen Gänge, die man vom Flugzeug zum Ausgang zurücklegen muss. Hätte man das nicht anders lösen können?

Das hat man schon am ersten Tag nach der Eröffnung gesagt. Aber es geht nicht anders. Das liegt an den Stellplätzen der Flugzeuge. Eines steht hier, das andere dort. Und dazwischen muss es ja Gänge geben. Je größer die Infrastruktur ist, je mehr Flugzeuge es gibt, desto länger die Gänge. Der Flughafen wurde so entworfen, dass man vom Flugzeug zur Kofferausgabe maximal 15 Minuten zu Fuß braucht. Denn der Koffer sollte nach maximal 20 Minuten da sein. Gleichzeitig sollte kein zu großer Zeitunterschied zwischen der Ankunft des Gepäcks und der Passagiere sein. Damals gab es Banden, die sich auf Kofferdiebstahl spezialisierten.

Es sollte auch ein Park gebaut werden.

Das war im vorläufigen Projekt geplant. Da hatte ich vorgesehen, am Parkhaus ein Geschäftszentrum und ein Hotel zu bauen. Und von diesem Zentrum bis zur Autobahn sollte ein großer Garten reichen mit Seen und Schwimmbädern. Da kamen schnell die Hoteliers und sprachen von Wettbewerbsverzerrung. Schließlich war der Flughafen eine staatliche Angelegenheit. Es war auch eine Art Hochbahn vom Flughafen zur Playa de Palma angedacht.

Trotzdem scheint der Flughafen an einigen Stellen quasi ein Einkaufszentrum zu sein.

Das war im Gegensatz zum Hotel nie umstritten. In diesem Einkaufszentrum hält man die Kunden ja gefangen. Wenn die Passagiere die Sicherheitskontrolle hinter sich haben, können sie nur zwei Dinge tun: entweder den Flieger nehmen oder ihn verpassen. Und fürs Geschäft ist es besser, sie verpassen ihn, damit sie mehr kaufen. In Palma geht es ja noch, aber in Amsterdam etwa gibt es keine Schilder, wie man zu den Flugsteigen kommt.

Das führt den Flughafen als Bürgersteig zum Flugzeug, wie Sie ihn nennen, ad absurdum.

Ja, aber das ist ja wie, wenn man auf dem Handy Nachrichten liest. Da ploppt Werbung auf, die nichts mit dem Artikel zu tun hat. Oder eben, wenn man nach der Sicherheitsschleuse zwischen Parfum-Regalen umherirrt und das Flugzeug nicht findet. All das gefällt mir als Bürger nicht, es schmerzt mich. Als Architekt respektiere ich meinen Auftraggeber.

Auf der Insel wird seit einigen Monaten eine mögliche Flughafenerweiterung heftig diskutiert. Wie ist Ihre Meinung zu einem Ausbau?

Flughäfen werden im Lauf der Zeit immer ausgebaut oder umgebaut, das ist völlig normal. Ich habe mich allerdings nicht um den Auftrag beworben und will deshalb dazu nichts weiter sagen.

Pere Nicolau, Architekt des Flughafens Son Sant Joan auf Mallorca Nele Bendgens

Warum haben Sie sich nicht beworben?

Ich habe mit meiner Tochter (ebenfalls Architektin, Anm. d. Red.) darüber gesprochen, als wir die vorläufigen Planungen sahen, und wir sind übereingekommen, dass wir einiges daran ändern müssten, wenn wir uns dafür bewerben. Man hat dann mit mir gesprochen und darauf basierend Änderungen vorgenommen. Aber trotzdem war ich mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden. Wenn ich nun teilgenommen und gewonnen hätte, wäre ich befangen gewesen und hätte nichts kritisieren können. Hinzu kommt, dass ich inzwischen in einem Alter bin, in dem das nicht mehr sein muss.

Der Flughafen grenzt an die Playa de Palma an. Sie sagen, die Städteplanung und die Bausubstanz in Arenal seien eine Katastrophe. Wie sieht da die Lösung aus?

Das wird Sie vielleicht erstaunen, aber ich bin dafür, einiges dort abzureißen und neu aufzubauen. Wo viel schiefgelaufen ist, muss man stark gegensteuern. Das gilt nicht für alle Gegenden von Arenal, aber für einige. Die Gebäude sind schlecht gemacht, viele stammen aus den 1960er-Jahren und können jederzeit zumindest teilweise einstürzen. Da braucht es gute Raumplanung, und da bin ich guter Dinge, wenn man sich den neuen Raumordnungsplan von Palma anschaut. Das Bewusstsein ist heute da, dass man es anders machen muss.

Andere Teile der Playa de Palma können sich dagegen inzwischen sehen lassen.

An der Playa de Palma sieht der Raumordnungsplan vor, den Strand aufzuwerten. Der Strand soll nicht als einfache Verlängerung der Hotels gesehen werden, sondern als Referenz für die Insel. Und wir wissen ja, wie man Strände in Schuss hält.

Der Raumordnungsplan ist also gelungen?

Ich finde schon. Die Philosophie des Plans gefällt mir, weil sie das erste Mal auf den Balearen das Auto nicht an die erste Stelle setzt. Man baut einen Teil der Ringautobahn unter die Erde und verbindet bei Marivent Teile der Stadt, die durch die Autobahn zerschnitten wurden.

Zu guter Letzt: Welche Ihrer Arbeiten auf Mallorca ist Ihr persönliches Lieblingswerk?

Das Wichtigste, was ich hier auf der Insel gemessen an der Tragweite gemacht habe, ist der Parc de la Mar. Den habe ich damals gemeinsam mit dem Team Zócalo entworfen, wir wurden dafür ausgezeichnet. Und 40 Jahre nach der Einweihung kann sich das Werk immer noch sehen lassen. Wir haben es geschafft, dass die Stadtautobahn nicht die Kathedrale in den Schatten stellt, sondern eher andersherum.