Meine schönste und nachhaltigste Begegnung hatte ich auf einem Flug von der Leipziger Buchmesse zurück auf die Insel. Neben mir saßen eine Seniorin und ihre Tochter. Wir kamen ins Plaudern, und sie fragten mich, ob ich Autorin bin und deshalb auf der Messe war. Ich erzählte von meiner Arbeit, und die betagte Lady wurde immer trauriger, bis sie seufzend sagte: „Leider kann ich seit einigen Monaten nicht mehr lesen. Die Schrift ist zu klein. In drei Jahren werde ich erblinden, dann ist es vorbei mit dem Geschichtenerleben.“

Ich zog meinen Reader aus der Handtasche und zeigte ihr, wie leicht sich die Schriftgröße verstellen ließ. Dazu erzählte ich ihr von Hörbüchern, mit denen sie sich unterhalten kann, sollte sie das Augenlicht verlieren. Die freudestrahlenden Augen der alten Lady werde ich niemals vergessen.

Sie notierte meinen Namen, ihre Tochter versprach einen Reader zu besorgen, und ich wünschte ihnen viel Spaß auf ihrer letzten gemeinsamen Reise durch Mallorca, wo die Lady nun die Erinnerungen an ihre vor Jahrzehnten verbrachte Hochzeitsreise auffrischen wollte.

Das ist jedoch noch nicht das Ende: Die Lady besuchte mich im selben Jahr bei einer Lesung auf der Frankfurter Buchmesse. Mit Tränen in den Augen berichtete sie, sie hätte alle meine Bücher und viele weitere tolle Geschichten erlebt. Sie reiste extra nach Frankfurt, um sich bei mir persönlich zu bedanken, weil sie nie auf die Idee gekommen wäre, sich ein so neumodisches Ding zu kaufen.

Unglaublich, was manchmal eine flüchtige Begegnung für einen anderen Menschen bedeuten kann – glücklicherweise durfte ich es erfahren, denn diese hat mich nachhaltig berührt.

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