Mallorca Zeitung

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Ist ein Arzt an Bord? Wie das Protokoll bei medizinischen Notfällen im Flugzeug aussieht

Laut ERGO-Krankenversicherung kommt es an Bord eines Passagierflugzeuges circa alle 12 Minuten zu einem medizinischen Notfall – Schätzungen zufolge 120 Mal pro Tag. Ein Pilot erklärt, welche Maßnahmen dann ergriffen werden

Immer wieder kommt es an Bord eines Flugzeugs zu einem medizinischen Notfall. Nele Bendgens

Jährlich reisen rund vier Milliarden Menschen weltweit mit dem Flugzeug. Dabei kommt es immer wieder zu medizinischen Notfällen. Laut Ärzteblatt gibt es statistisch pro 10.000 bis 40.000 beförderter Passagiere einen medizinischer Zwischenfall an Bord.

Wie die Kabinen- und Cockpit-Crew in diesem Fall handeln muss, ist fest geregelt. Was passiert im Flugzeug, wenn ein medizinischer Notfall eintritt und wann kommt es zur Landung?

Im Ernstfall: Schnelle Entscheidung der Besatzung gefordert

"Liegt ein medizinischer Vorfall bei einem Passagier vor, wird im Normalfall zuerst die Kabinenbesatzung informiert. Diese kümmert sich dann um den Gast und informiert die Cockpitbesatzung über den Vorfall", erklärt Lars Frontini, Pilot und Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit e.V.. Anschließend werde geprüft, wie schwerwiegend das Problem des Betroffenen ist. "Häufig handelt es sich nur um Kreislaufprobleme, die schnell behoben werden können. Sobald aber eine lebensbedrohliche Lage wie Bewusstlosigkeit, kein Puls oder keine Atmung vorliegt oder der Gesundheitszustand unklar ist, kommt es in jedem Fall zu einer Zwischenlandung." Die Entscheidung darüber liegt bei der Cockpit-Besatzung und muss so schnell wie möglich getroffen werden. "Zwischenlandungen innerhalb Europas sind oft in einem Zeitraum von 30 Minuten möglich. Außerhalb Europas kann es bis zur Zwischenlandung auch bis zu zwei Stunden dauern - manchmal sogar länger", sagt Frontini.

Medizinische Ausstattung im Flugzeug

Die Flugzeuge seien aber so ausgestattet, dass eine erste medizinische Behandlung auch in der Luft möglich ist. Zur Diagnostik befinden sich Blutdruck-, Blutsauerstoffsättigungs- und Blutzuckermessgerät an Bord. Auch eine Checkliste zur Einschätzung der medizinischen Lage ist vorhanden. Bei der Erstbehandlung kommen Wasser und Sauerstoff zum Einsatz, auch Verbände und ein Medical-Kit befinden sich im Flugzeug. Defibrilatoren sind in Europa jedoch noch kein Standard. "Diese sind nur im US-amerikanischen Luftraum Pflicht", sagt Lars Frontini.

Eurowings-Maschinen am Flughafen. Foto: Eurowings

Bei Lufthansa sind über 11.000 Ärzte angemeldet

"Ist ein Arzt an Bord?" Diese Frage wird bei medizinischen Notfällen in der Luft fast immer gestellt. Manche Fluggesellschaften böten sogar spezielle Bonusprogramme für Ärzte an, heißt es bei der ERGO-Krankenversicherung. Beim „Arzt-an-Bord-Programm“ der Lufthansa sind beispielsweise über 11.000 Ärzte angemeldet. Die Ärzte können dabei laut Frontini "frei und offen" Hilfe leisten. "Sie sind in diesem Fall schuldbefreit", erklärt Frontini. Für den Fall, dass kein Arzt an Bord ist, können aber auch Ärzte am Boden mit Hilfe von Satellitentelefonen kontaktiert werden: "Diese Möglichkeit besteht aber nicht überall", sagt Frontini.

Medizinische Behandlung in jedem Fall garantiert

Die Kabinenbesatzung ist aber auch so ausgebildet, dass eine erste Behandlung eines medizinischen Vorfalls an Bord gewährleistet werden kann. Jährlich muss die Crew ihr Wissen in einem Erste-Hilfe-Kurs auffrischen. "Meist liegt keine lebensbedrohliche Lage vor", sagt Lars Frontini. "In jedem Fall bleiben die betroffenen Personen aber unter medizinischer Beobachtung".

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