Von Roland Otto

Mallorcas Klöster sind nicht nur zur stillen Andacht da. Vor allem an Sonn- und Feiertagen schnüren Familien, Kinder- und Jugendgruppen die Wanderstiefel, um die Berge mit den Einsiedeleien zu erklimmen. Einer der beeindruckensten Klosterberge auf der Insel ist der Puig de Maria.

 

Die leichte Tour startet bei Pollença kurz vor Kilometer 52 der Landstraße Ma-2220. Dort verweisen die Schilder „Puig de Maria“ und „Camí del Puig Maria“ rechts auf eine schmale Fahrbahn. Die leicht ansteigende Piste führt zunächst an Feldern mit Johannisbrot-, Mandel- und Feigenbäumen vorbei und knickt dann bei einem Pfostenpfeil rechts weg.

 

Danach folgen einige Anwesen mit gepflegten Gärten. Kein Besitzer hat es versäumt, Kakteen – überwiegend Yuccas, Säulenkakteen und Agaven – anzupflanzen. Über die Mauern klettern Prunkwinden, Bougainvilleen und Efeuarten. Nach den letzten Gebäuden beginnen die steil ansteigenden Serpentinen auf den 325 Meter hohen Puig de Maria, wobei es zwischen den einzelnen Kurven Abkürzungen gibt. Diese Pfade sind aber nicht zu empfehlen, weil sie wegen des dichten Bewuchses kaum mehr zu erkennen sind und auch über spitzes Gestein führen. Der Wanderer sollte deshalb die Route auf der Asphaltpiste wählen, auch wenn ihm hin und wieder Autos oder Radler begegnen, die müssen wegen der engen Kurven ohnehin langsam fahren.

 

Man folgt beim Aufstieg der Beschilderung und erreicht auf der schmalen Fahrbahn rund 20 Minuten nach Tourstart eine Stelle, bei der die Asphaltpiste endet. Autofahrern, die sich bis hierher wagen und dann keinen Parkplatz finden, bleibt jetzt nur ein mühevolles Wendemanöver.

 

Ein gepflasterter, getreppter und holpriger Pilgerweg führt dann in steilen Kehren weiter nach oben. Schließlich ist in rund einer Viertelstunde eine Weggabelung erreicht, bei der links ein Schild „Camí dels Ermitans“ auf einen Pfad verweist. Von hier hat man einen exzellenten Blick auf Pollença und die zum Meer hin liegenden Gebirgsketten: die Serra de Ternelles mit dem fast 840 Meter hohen Hauptgipfel Puig Gros, die Serra de la Font, den Höhenzug Serra de Cornavaques und die Serra de Cala Vicenç.

 

Der Pfad führt dann zunächst eben, später mit einem kurzen Anstieg in rund zehn Minuten zum Avenc de la Mare de Déu. Diese Höhle, die in einer tiefen Grube liegt, kann nicht betreten werden. Wenige Meter davon entfernt befindet sich der Mirador del Molí Vell.

 

Die Aussicht von der Mühlen­ruine ist grandios: Sie reicht vom Castell del Rei über die Serra del Cavall Bernat, die Erosionssenke Vall de Bóquer, die Serra d’ Albercutx bis zu den Gipfeln El Pal und El Fumat auf der Halbinsel Formentor. Beeindruckend präsentieren sich auch die Buchten von Pollença und Alcúdia mit den Halbinseln Sa Victòria und Ferrutx sowie die Strände von Es Comú, Can Picafort und Son Serra de Marina. Auch das große Feuchtgebiet S’ Albufera ist zu erblicken. Östlich und südlich können der Gebirgszug Serra de Calicant bei Sant Llorenç des Cardassar, der Klosterberg Randa und die Serra de Galdent bei Llucmajor ausgemacht werden.

 

Vom Mirador sind es nur noch 50 Meter bis zu den Gebäuden der Ermita auf dem Puig de Maria. Die Gründung des Santuari de la Mare de Déu del Puig geht auf das Jahr 1348 zurück, in dem die Schwarze Pest in ganz Europa wütete. Dabei starben auf Mallorca 15.000 Menschen, ein Viertel der damaligen Gesamtbevölkerung. Um weitere Katastrophen dieser Art zu verhindern, ordnete der Bischof von Palma den Bau einer Kapelle auf dem Puig de Maria an. Im Jahr 1362 gründeten drei Laienschwestern aus Pollença mit 17 weiteren Frauen hier oben eine Klosterschule für Frauen. Mönche verschiedener Orden haben die ermita seit 1370 bewohnt. Die letzten Brüder der Ordensgemeinschaft der Heiligen Paulus und Antonius verließen 1988 das santuari.

 

Die Klosteranlage wurde im Laufe der Jahrhunderte mehrmals erweitert und umgebaut. Der Wachturm und die meterhohen Verteidigungsmauern wurden im 14. und 15. Jahrhundert errichtet. Die kleine Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts auf Anregung des Poeten und Theologen Miquel Costa i Llobera grundlegend umgestaltet. In ihr befinden sich die Statue der Heiligen Madonna mit dem Christuskind und eine bezaubernde Krippendarstellung.

 

Die Aussicht von den verschiedenen Ebenen der Anlage ist aus 325 Metern Höhe spektakulär. Majestätisch erhebt sich der massige Puig Tomir, Mallorcas nördlichster Tausender. Davor ist der Berg Cuculla de Fartàritx mit seinem markanten Dreikantgipfel zu sehen. Nordwestlich sind der Puig Roig und der Caragoler de Femenia zu erkennen.

 

Pilger und Wanderer können die ehemalige Klosterküche zur Selbstversorgung benutzen. In der Gemeinschaftsküche stehen ein Kamin sowie weitere Feuerstellen zum Grillen und Kochen zur Verfügung. Gegessen wird dann in einem riesigen Speisesaal oder im Freien.

 

Doch diese meist sonntäglichen Ausflüge sind nichts gegen das Spektakel, das am Ostermontag auf dem Puig de Maria stattfindet. Dann zieht es nämlich viele Bewohner von Pollença zur ermita, um die „festa del Puig“ zu feiern. Nach der Prozession veranstalten die Pollencins ein Picknick für Jung und Alt mit viel Gegrilltem, Tänzen,

Musik und Vorträgen der glossadors (Volksdichter).