Was zwei Hebammen auf Mallorca bei Hausgeburten erlebt haben

Mit ihren Erfahrungen wollen Teresa Orta und ihre Kollegin Roser Gallardo, die mittlerweile im Ruhestand ist, andere Frauen ermutigen

Auch zur Nachsorge kommen die Hebammen zur Mutter und dem Neugeborenen nach Hause.

Auch zur Nachsorge kommen die Hebammen zur Mutter und dem Neugeborenen nach Hause. / DPA

Simone Werner

Simone Werner

Auch für die auf der Insel tätigen Hebammen sind Hausgeburten etwas Besonderes. Denn so hoch, dass sie davon leben könnten, ist die Nachfrage nicht. Die 45-jährige Teresa Orta, die hauptberuflich in einem Gesundheitszentrum arbeitet, bietet diese Möglichkeit schon seit zehn Jahren an. Aktuell seien es aber nur zwei bis drei Hausgeburten im Jahr. Meist fänden die Frauen, die oft über 30 Jahre alt sind, über Mundpropaganda zu ihr. Dann sucht sich Orta, die selbst zwei ihrer Kinder per Hausgeburt auf die Welt gebracht hat, ein Team aus insgesamt vier Hebammen zusammen. „Da wir alle hauptsächlich in anderen Jobs arbeiten, ist so garantiert, dass bei der Geburt in jedem Fall zwei dabei sein können“, so Orta.

Vier Termine vor dem Entbindungstermin

Vor dem Entbindungstermin finden dann bei der werdenden Mutter zu Hause meist vier rund eineinhalb bis zwei Stunden dauernde Besuche statt, oft in der 30., 34., 37. und 40. Woche. „Wir schauen uns dabei beispielsweise Blutanalysen und Ultraschallbilder an, messen den Blutdruck der Frau und die Herztöne des Babys“, erzählt Orta.

Während der Geburt kann die Frau sich dann aussuchen, wo sie sich am wohlsten fühlt: in einem aufblasbaren Pool, auf dem Sofa, im Bett, auf dem Boden, über dem WC oder auf einem Geburten-Stuhl. Hausgeburten hätten den Vorteil, die Geschwindigkeit des Geburtsprozesses dem individuellen Tempo der Frau anzupassen. Zudem würden ihre Wünsche zu jedem Zeitpunkt respektiert.

Nur bei schweren Komplikationen geht's ins Krankenhaus

Gibt es doch schwerere Komplikationen können die Hebammen die Frau entweder per Privat-Pkw oder Krankenwagen ins Krankenhaus bringen. „Etwas wirklich Schlimmes ist nie passiert. Das ein oder andere Mal hat die Frau nach der Geburt stärker geblutet. Da war ich leicht besorgt, aber Angst hatte ich nie“, erzählt Orta. Verläuft die Geburt zu Hause normal, begleiten die Hebammen die Frau noch bis zu einem Monat danach. „Wir kommen 24 und 48 Stunden später, dann nach einer Woche und einem Monat noch einmal. Auch wenn die Frau Probleme mit dem Stillen hat, unterstützen wir sie“, sagt Orta.

150 Hausgeburten begleitet

Ihre Kollegin Roser Gallardo hat bereits 150 Hausgeburten begleitet und bedauert, dass die partos en casa immer noch stigmatisiert werden und die Nachfrage auch deswegen gering ist. In starken Jahren hatte die 66-jährige, mittlerweile im Ruhestand befindliche Hebamme bis zu zwölf Hausgeburten, in schwächeren waren es eher vier. Dennoch sei die Nachfrage laut Gallardo in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. „Wenn die Seguridad Social die Kosten übernehmen würde, würden sich mehr Frauen für eine Hausgeburt entscheiden, die partos en casa wären zunehmend weniger stigmatisiert und als Folge hätten auch weniger Frauen Angst davor“, ist sich Gallardo sicher. Zudem würden auch die Hausgeburten-Hebammen selbst für ihre Arbeit mehr Anerkennung bekommen. Die knapp 3.000 Euro, findet sie, würden ihrer Arbeit oft nicht gerecht: „Wenn man all die Tage in Betracht zieht, an denen man 24 Stunden erreichbar ist, ist das ein sehr geringer Stundenlohn.“

Schöne und lustige Erinnerungen

Dennoch sind es für Gallardo und Orta eben auch ganz besondere Momente, an die sich beide gerne zurückerinnern. „Trotz der Schmerzen: Wir haben oft auch viel Spaß bei den Hausgeburten“, erzählt Orta. Sie erinnert sich an eine Geburt, bei der der Mann, um seine Partnerin zu unterstützen, zu ihr in den aufblasbaren Pool stieg. Davor zog er wie selbstverständlich seine Kleidung aus, damit sie nicht nass wird. „Erst als das Baby geboren war, fiel ihm auf, dass er nackt war. ‚Wie komm ich jetzt wieder aus dem Pool?‘, muss er sich gedacht haben“, erzählt Orta schmunzelnd.

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