Hausgeburt auf Mallorca: Eine deutsche Mutter berichtet über Kosten, Anlaufestellen und den Tag der Geburt

"Partos en casa" sind auch auf der Insel immer noch stigmatisiert. Eine Betroffene hat sich dennoch dafür entschieden

In dem von der Hebamme mitgebrachten und im Schlafzimmer aufgestellten Pool fühlte sich Bollstetter am wohlsten.

In dem von der Hebamme mitgebrachten und im Schlafzimmer aufgestellten Pool fühlte sich Bollstetter am wohlsten. / Privat

Simone Werner

Simone Werner

Zu viele Horrorgeschichten von Geburten im Krankenhaus hatte Kimberley Bollstetter von ihren Freunden in Deutschland gehört. „Es war keine einzige wirklich positive Erfahrung dabei. Oft hatten die Geburten zwar gut angefangen, doch schon wenig später kam es zu verschiedenen Interventionen, spontanen Kaiserschnitten, oder aber nach der Geburt wurde die Plazenta schnell herausgeholt“, erinnert sich die mittlerweile 30-Jährige.

Bei dem Gedanken, ihr eigenes Kind eines Tages in einem Krankenhaus gebären zu müssen, habe sie sich nicht wohlgefühlt. Als die gebürtige Fränkin im November 2022 erfuhr, dass sie schwanger ist, war daher schnell klar: Obwohl es ihre erste Geburt war, wollte sie ihre Tochter Mavie in der Wohnung des Paares in Cala Vinyes auf Mallorca zur Welt bringen. Gerade einmal zwei Monate wohnte das Paar damals auf der Insel. Errechneter Geburtstermin war der 30. Juli 2023.

Tabu-Thema?

Die Informationen, die Bollstetter im Netz zu Hausgeburten auf Mallorca fand, waren spärlich. Das wundert sie, rückblickend gesehen, kaum, denn auch im Gespräch mit Freunden, Arbeitskollegen oder Verwandten merkte sie schnell: Bei dem Thema scheiden sich die Geister. Die Mehrheit, so Bollstetters Eindruck, ist überzeugt, dass Hausgeburten ein Risiko für Mutter und Kind darstellen, sieht also eher die Nachteile: Was, wenn es zu Komplikationen kommt? Sterben im schlimmsten Fall Mutter und Tochter, weil die Infrastruktur und das Personal eines Krankenhauses fehlen? „Das kannst du nicht machen.“ So oder ähnlich redete auch ihr Umfeld auf die werdende Mutter ein. „Dadurch, dass sie selbst oft schlimme Erfahrungen bei der Geburt gemacht haben, haben sie ihre Ängste auf mich übertragen“, so die Unternehmensberaterin. Doch Bollstetter ließ sich nicht von ihrem Plan abbringen. Fortan sprach Kimberley Bollstetter nur noch mit engen Freunden und ihrer Familie über die geplante Hausgeburt.

Selbst ihren Partner musste sie anfangs überzeugen. „Wenn man sich mit dem Thema beschäftigt, kann man seine Haltung genau begründen. Und letztlich ist es ja mein Körper, aus dem unsere Tochter herausmusste“, sagt Bollstetter. Dennoch wollten beide einen Plan B haben. Vom Wohnort der Bollstetters aus sind es bei normalem Verkehr 20 Minuten bis ins Krankenhaus Son Espases in Palma. „Wir sind die Strecke extra einmal abgefahren und haben geschaut, wo vor Ort alles ist. Danach hat sich mein Partner mit der Entscheidung für eine Hausgeburt wohler gefühlt“, sagt Kimberley Bollstetter.

Kimberley und Christian Bollstetter mit Tochter Mavie.

Kimberley und Christian Bollstetter mit Tochter Mavie. / Privat

Kostenübernahme

Wer mit einer Hausgeburt liebäugelt, sollte wissen: Sie wird nicht von der spanischen öffentlichen Krankenversicherung (Seguridad Social) übernommen. Wer keine private Versicherung hat, muss die anfallenden circa 2.800 Euro ganz aus eigener Tasche zahlen. Selbst viele Privatversicherungen übernehmen die partos en casa nur anteilig.

Doch zunächst muss man überhaupt erst einmal eine Hebamme (comadrona, madrona) finden, die Hausgeburten begleitet. Dabei ist meist viel Eigeninitiative gefragt. Bollstetter jedenfalls hat die Erfahrung gemacht, dass selbst Frauenärzte Schwangeren nicht zu Hausgeburten raten und ihnen auch daher eher selten jemanden empfehlen können. Neben einigen wenigen spanischen comadronas stieß Bollstetter über mehrere Ecken auf eine deutsche Hausgeburten-Hebamme, Jessica Hölscher. „Es war mir wichtig, dass ich mich in dieser Situation auf Deutsch, oder zumindest Englisch, verständigen kann“, sagt sie.

Nicht immer kann es letztlich eine Hausgeburt sein

Hölscher empfahl ihr, eine Doula hinzuzubitten. Während die Hebamme die Geburt von medizinischer Seite her begleitet, kümmert sich die Doula um die emotionale und körperliche Seite, hält der Gebärenden die Hand und redet den Frauen (und Männern) gut zu.

Ob spanisches oder internationales Team: Wenn das Baby sich zu früh auf den Weg macht, die Mutter deutlich über dem Geburtstermin ist oder es sich um eine Risikoschwangerschaft handelt, kommt eine Hausgeburt nicht (mehr) infrage. „Bei uns lag die Zeitspanne, in der es möglich war, zwei Wochen vor bis drei Wochen nach dem Entbindungstermin“, so Bollstetter. In diesen fünf Wochen waren Hölscher oder die Doula, An Lambreghts, rund um die Uhr erreichbar. Für die Geburt selbst benötigte Bollstetter im Vorfeld lediglich eine große Maler-Plane, die mit einem alten Bettlaken bezogen wurde, sowie mehrere saugfähige Einweg- Wickelunterlagen. Das war alles.

Letztlich kam die kleine Mavie zehn Tage vor dem Termin und alles lief ähnlich, wie es sich Bollstetter vorgestellt hatte. „Ich bin dankbar und auch etwas stolz, dass ich mir, meinem Körper und meinem Kind vertraut habe.“ Falls das Paar ein weiteres Kind bekommt, wissen mittlerweile beide: Es soll wieder eine Hausgeburt sein. „Am liebsten wieder mit Jessica und An“, so Kimberley Bollstetter.

In besten Händen:

Doula: An Lambreghts, thebirthcoach.eu, IG: thebirthcoach_by_anbleu

Hebamme: Jessica Hölscher, Tel.: 667-51 33 06

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