Dass hier Architekten zugange sind, sieht man dem Gebäude mit der Hausnummer 24 in Palmas ruhig-edlem Stadtteil Son Armadans auf den ersten Blick an: Eine großflächige gläserne Front grenzt die im Erdgeschoss gelegenen Räume des Büros Guillermo Reynés Architectura Studio (GRAS) von der Außenwelt ab. So verfährt Guillermo Reynés auch mit anderen Gebäuden, die er und sein 14-köpfiges interna­tionales Team hochziehen.

„Wir versuchen, althergebrachte Mittelmeerbauweisen und -materialien mit modernen Tendenzen zu verschmelzen", beschreibt der Baumeister das Credo seines Hauses. „Trockenstein, Marès, Glas und Holz sind unsere Hauptelemente." Zudem spiele man - auch das in mediterraner Tradition - mit scharfen Gegensätzen von Licht und Schatten. Und man versuche, eine gewisse Leichtigkeit und Luftigkeit zu schaffen. „Wir mögen offene Gebäude, man darf gar nicht so recht merken, dass man von draußen nach drinnen hereinkommt."

Eine Art Ritterschlag

Damit hat das Studio nun auch die Organisatoren der diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig überzeugt. Bis November ist GRAS dort im Rahmen einer Kollektiv-Ausstellung im Palazzo Bembo mit drei Projekten vertreten: dem Gebäude des Santa-Ponça-Golfclubs (s.?o.), einer Villa in Son Vida und einem noch nicht ­fertigen Bau in Andratx, der einem Adlernest ähnelt. Reynés sieht in der Einladung eine Art Ritterschlag, und sie dürfte auch seinem Geschäft zuträglich sein.

Auf Mallorca baut GRAS vor allem Privathäuser oder Hotels - oder gestaltet sie um. Die Villa in Son Vida ist ein altes mallorquinisches Haus, das mit modernen Elementen - Kuben - zu einem neuen Ganzen wurde. Das Haus im Golfclub ist luftig, hell und geometrisch fast ein wenig gewagt. Es ist mit Marès aus dem Raum Santanyí gebaut, die Fassade ist dem Steinbruch, aus dem der Marès stammt, nachempfunden. In Santa Ponça zeichnen die Architekten aus Palma auch für das Clubhaus des Club de Tenis de Santa Ponsa verantwortlich, wo dieser Tage das WTA-Damen-Turnier ausgetragen wird (S.23). Und nahe Port de Pollença entstanden futuristische, an einem Hang gelegene Wohnhäuser mit Meerblick: „Two Rocks".

Guillermo Reynés ist auf der Insel verwurzelt. Er stammt in vierter Generation aus einer Architektenfamilie. Sein Urgroßvater war dem berühmten Antoni Gaudí (1852-1926) bei Arbeiten in Palmas Kathedrale zur Hand gegangen, im Büro hängen einige seiner Zeichnungen an der Wand.

Doha, München, Maputo

Mit dem Renommee des 2008 gegründeten Studios wächst aber auch das internationale Geschäft: Reynés baut momentan unter anderem in Doha im Golf-Emirat Katar einen 35-stöckigen Wolkenkratzer, eine Siedlung für Studenten in München und Mehrfamilien­häuser in der fernen mosambikanischen Hauptstadt Maputo.

Im GRAS-Stil spielt auch zuweilen Holländisches eine nicht zu übersehende Rolle - Guillermo Reynés lebte von 2002 bis 2006 in Rotterdam. „Das Gewagte habe ich dort gelernt", sagt er. Und so sind etwa die schrägen Decken des Golfclub-Hauses in Santa Ponça holländisch „komplexlos", wie es Reynés ausdrückt.

Auch bei seinen zwar angedachten, aber noch längst nicht umgesetzten Projekten liegt das GRAS-Büro gut im Rennen: „Wo jetzt das Tennisturnier stattfindet, werden wir beizeiten auch ein Hotel errichten", so der Architekt. Und in Südkorea ist demnächst ein Museum geplant. Übertriebenen Respekt vor der Architekten-Konkurrenz hat Reynés dabei nicht. „Erstens gibt es nicht allzu viele gute Architekten, zweitens spornt mich das nur an, mich selbst zu übertreffen."