Anwohnerprotest gegen Neubaugebiet Sa Pedruscada bei Cala Ratjada: Ein kleines Stück Idylle auf Mallorca retten

Die Anwohner von Sa Pedruscada wollen eine neue Siedlung verhindern. Wie schon in den 90er-Jahren

Neubaugebiet Sa Pedruscada bei Cala Ratjada: Eine Anwohnerin auf Mallorca erklärt den Protest

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Patrick Schirmer Sastre

Es ist kaum eine Minute, die man vom kleinen Strand mit seinen malerischen Häuschen zur Brache läuft. Weniger als 60 Sekunden von Postkartenidylle zu niedrigen graffitibesprühten Mauern. „SOS Pedruscada“ steht darauf, unter anderem. Sa Pedruscada, so heißt die Urbanisation drei Autominuten südlich von Cala Ratjada. Hinter den Mauern sieht man Steinhaufen, Kiefern, ein paar Ruinen. Ganz hinten war mal ein Hotel, heute sind nur die Überreste vom Pool da. Das rund 22.000 Quadratmeter große Gelände wirkt wie ein Fremdkörper in dieser Gegend, die aus gepflegten, zweigeschossigen Einfamilienhäusern besteht.

Niemanden, der Mallorca kennt, wird überraschen, dass dieser Fremdkörper bebaut werden soll. Nicht mal die Anwohner, die sich nun eilig zur Protestbewegung „Salvem Sa Pedruscada“ (Retten wir Sa Pedruscada) zusammengefunden haben, wollten die Bebauung dieser Brache komplett verhindern. „Es ist illusorisch, dass dies hier eine Grünfläche bleibt“, sagt etwa die Gastronomin Simone Wenk. Die Schweizerin lebt seit rund 20 Jahren in der Nähe des Grundstücks, das nun gerettet werden soll. Doch gerettet wovor?

Das ist geplant

Insgesamt sollen hier laut der Bürgerinitiative 18 Gebäude errichtet werden. 16 davon sollen Einfamilienhäuser werden, jedes mit eigenem Pool. Daneben sollten zwei Mehrfamilienhäuser entstehen, eines mit 19 Wohnungen, das andere mit 23. Die neue Bürgermeisterin von Capdepera, Mireia Ferrer (PP), bestätigt gegenüber der MZ, dass das Rathaus derzeit den gegen Ende der vergangenen Legislaturperiode eingereichten Bauantrag prüft. Bei dem Bauträger handelt es sich um TM Grupo Inmobiliario. Das Unternehmen hat zahlreiche Projekte auf der Insel, unter anderem im benachbarten Font de Sa Cala und in Cala Ratjada.

l Die Anwohner wehren sich unter dem Motto „Salvem Sa Pedruscada“ gegen den geplanten Bau, darunter die Schweizer Simone Wenk und Jürgen Lanker (re.).   
l Der Protest wird auch  per Graffiti geführt.  Die Anwohner haben hinsichtlich des Grundstücks schon früher schlechte Erfahrungen gemacht.   | FOTOS: SCHIRMER/BENDGENS

l Die Anwohner wehren sich unter dem Motto „Salvem Sa Pedruscada“ gegen den geplanten Bau, darunter die Schweizer Simone Wenk und Jürgen Lanker (re.). l Der Protest wird auch per Graffiti geführt. Die Anwohner haben hinsichtlich des Grundstücks schon früher schlechte Erfahrungen gemacht. | FOTOS: SCHIRMER/BENDGENS / P. Schirmer, A. Wilms

Die Bürgerinitiative stört sich vor allem an den beiden Mehrfamilienhäusern. Denn diese würden mit dem Bild der kleinen Küstensiedlung brechen, in der kein Gebäude mehr als ein Stockwerk über dem Erdgeschoss hat. Dass solche Häuser rechtlich überhaupt möglich sind, reicht bis in die 80er-Jahre zurück. Und ist einer der Gründe dafür, warum das Thema bei den Menschen in der Gegend solche Emotionen auslöst.

Was in den 80ern passierte

Denn im Jahr 1984 gelang es jemandem im Rathaus, andere Bebauungskriterien für just dieses Grundstück festzulegen. Im Gegensatz zu den anderen Parzellen sind hier bis zu vier Geschosse erlaubt, sogar Hotels. Es dürften damals persönliche Interessen im Spiel gewesen sein. Die Anwohner erfuhren von der Sonderregelung erst fünf Jahre später durch einen Zufall. Eine erste Protestbewegung formierte sich. Aktivisten, manche von ihnen sind heute wieder dabei, sammelten rund 1.000 Unterschriften. Das Rathaus versprach, die Regelung zu ändern. 1996 kam heraus, dass das nicht geschehen war. Da das Grundstück aber auch nicht bebaut wurde, schwellte der Protest ab.

Bis vor wenigen Wochen plötzlich Arbeiter anrückten, Bäume auf dem Grundstück fällten und damit die Anwohner erneut aufschreckten. Innerhalb kürzester Zeit sammelten sie 4.000 Unterschriften, um den Bau, zumindest der großen Gebäude, zu stoppen. Diese Unterschriftenliste überreichten sie Bürgermeisterin Ferrer. Die versprach, sich das Problem anzuschauen, warnt aber im Gespräch mit der MZ schon mal vorab: „Viel kann man nicht machen. Die Regelungen sind knapp 40 Jahre alt.“

Finanziell nicht zu stemmen

Eine Umwidmung des Grundstücks, das wissen auch die Aktivisten, ist für die Gemeinde finanziell nicht zu stemmen. Die Entschädigungszahlungen würden Millionen verschlingen. Doch auch der Bau der Siedlung wird Capdepera vor harte Entscheidungen stellen. Wie etwa soll die jetzt schon überstrapazierte Strom- und Wasserversorgung in der Siedlung gewährleistet werden? „Diese Zone wäre komplett überfordert“, sagt Simone Wenk, die auch kritisiert, dass sich kein Einheimischer die voraussichtlich teuren Immobilien leisten werden kann. Eine Anfrage der MZ an den Bauträger TM zu den genauen Plänen blieb unbeantwortet.

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