Jule Kewenig liebt alte Gebäude und neue Kunst. Das erkennt man nicht nur in ihrer Galerie in Palma. Seit sechs Jahren zeigt sie Zeitgenössisches in der Sant Feliu-Kapelle, die ihren Ursprung in der Zeit der katalanischen Eroberer hat (Ende 13. Jahrhundert).

Nun führt sie ihre Neigung zum Kontrast in Berlin fort. Die neue Galerie der erfahrenen Kunsthändlerin wird im Palais Happe, dem so genannten Galgen­haus untergebracht sein, dem zweitältesten Haus der Hauptstadt. Das auf dem südlichen Teil der Museums­insel gelegene Haus von 1688 wurde hierfür denkmalgerecht erneuert. Dort hat sie mit Christian Boltanskis Ausstellung „Große Hamburger Straße" gerade ein neue Kapitel aufgeschlagen (Vernissage war am 21. September). Zudem unterhält Kewenig ein Schaulager in einem ehemaligen Umspannwerk in Berlin Moabit. Das Programm der Galerie umfasst, wie auch in Palma, Vertreter von Konzeptkunst, Minimalismus, Arte Povera und zeitgenössischer Kunst. Hierzu zählen Christian Boltanski, Imi Knoebel oder Jannis Kounellis.

„Ich bin Berlinerin, ich freue mich auf die neue Phase", sagt sie, „obwohl ich vorwiegend in Palma sein werde." Palma, das ist seit zehn Jahren Kewenigs Zuhause. Hier ist sie Mitglied des Galeristenverbandes ArtPalma, hier bestreitet sie die jährlichen Festivals Nit del Art, Palma Photo und Art Brunch - all das, ohne ein Wort Spanisch zu sprechen. „Ich bin frustriert und spreche mittlerweile nur noch Englisch", sagt sie selbstkritisch. Es habe etwas mit dem Alter und einer Art Sprechhemmung zu tun, dass sie die Sprache noch immer nicht beherrsche. Treffen des Galeristenverbandes oder sonstige Veranstaltungen, bei denen sie sich als eine der wichtigsten Kunsthändlerinnen der Insel zu Wort melden müsste, meidet sie deshalb. „Ich habe leider sehr wenig zur Entwicklung der Szene beigetragen", sagt sie bescheiden und bezieht sich damit auf die Tendenz der vergangenen zehn Jahre zu mehr Zusammenhalt und Vielfalt in Palmas Galerienszene.

Mit der neuen Ausstellung der japanischen Künstlerin Leiko Ikemura hofft Kewenig, das Interesse einheimischer Sammler zu wecken, jener, die sich anfangs so für ihre Galerie in der Altstadt interessierten. „Die waren ganz neugierig auf Boltanski und Kounellis, nur mit den neuen Namen tun sie sich etwas schwerer." Dazu gehören Marcelo Víquez (Montevideo, 1971) und Sandra Vásquez de la Horra (Santiago de Chile, 1967), zwei südamerikanische Künstler, die seit vielen Jahren in Spanien leben. Kewenig hat sie protegiert und vermarktet, heute kosten ihre Arbeiten ein Vielfaches von denen der ersten Ausstellungen Anfang des Jahrtausends. Sie verkauft die Arbeiten vor allem in Deutschland. Hierzulande sei es im Zug der Krise mittlerweile „frustrierend" auf die guten spanischen Sammler der ersten Jahre zu warten. „Die haben sich rar gemacht", sagt sie.

Die Entscheidung für das zweite Standbein Berlin hat wohl auch damit zu tun. Das Geschäft muss weiter gehen, Berlin ist nach wie vor Brennpunkt, auch wenn dort „hunderte von Galeristen sitzen", so Kewenig. Die Kölner Galerie, wo sich das Ehepaar Jule und Michael 1986 selbständig gemacht und Erfolg geerntet hat, wurde gerade geschlossen. „Der Mietvertrag war abgelaufen, und die Stadt ist künstlerisch gesehen sowieso tot." Zu wenig habe Köln für Künstler getan, die nun entweder in der Nachbarstadt Düsseldorf arbeiten oder gleich in die Hauptstadt gezogen sind. In Köln würden alte Häuser abgerissen oder luxussaniert, beklagt die Galeristin, es gebe kaum Raum für Ateliers. Eine neue Szene könne sich so kaum entwickeln. „In Köln will mittlerweile niemand mehr ausstellen", sagt sie. Bleibt zu hoffen, dass es über den Standort Palma nicht bald dasselbe zu sagen gibt.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 19. September (Nummer 698) lesen Sie außerdem:

- Abschied von einem Einzigartigen: Zum Tod von Paul Kuhn

Kewenig Berlin: Christian Boltanski, bis 9. November 2013

Kewenig Palma: Leiko Ikemura, www.kewenig.com