Diese Galerie auf Mallorca zeigt eisgekühlte Aluminiumkugeln und Kunst mit künstlicher Intelligenz

La Bibi Gallery geht seit einigen Monaten neue Wege: mit einem weiteren Raum in Establiments, Künstlerresidenzen und regelmäßigen Ausstellungen auf der Insel

Installation der „Frozen Sphere“ bei La Bibi Gallery.

Installation der „Frozen Sphere“ bei La Bibi Gallery. / Nele Bendgens

Brigitte Rohm

Brigitte Rohm

Vor dem MZ-Besuch wurde kein Sekt kalt gestellt, sondern eine Aluminiumkugel. Wie ein rohes Ei bugsiert Galerie-Mitarbeiter Santino Lamorte jetzt das glänzende Werk des finnischen Künstler-Duos Grönlund-Nisunen mit weißen „Zauberer-Handschuhen“ vom Gefrierschrank auf seinen Sockel im Ausstellungsraum. "Frozen Sphere" heißt die Arbeit, die außerhalb der Öffnungszeiten auf minus 60 Grad heruntergekühlt wird und dann in Echtzeit den Prozess des Auftauens und der Kondensation veranschaulicht.

Hier ist das Ganze als Video im Zeitraffer bei einem "Frozen Cube" der Künstler zu sehen:

Von der „Magie des Flüchtigen“ schwärmte Marc Bibiloni (32) bereits vor zwei Jahren, als er seine La Bibi Gallery mit einem innovativen Ansatz startete: kurzlebige Kunstprojekte in den großen Städten der Welt, keine Schau in der eigenen Galerie, nur ein „Hauptquartier“ in Establiments bei Palma. Doch manche Träume sind ebenfalls flüchtig. „Wir mussten uns anpassen, denn wir haben gemerkt: Viele Kunstmessen setzen einen Raum voraus, der zu festen Zeiten für Publikum geöffnet ist“, sagt Bibiloni. Zudem sei ihm klar geworden, dass es ein durchdachtes Jahresprogramm braucht, um die Künstler angemessen zu repräsentieren – und dass die Hürde, sich für den Besuch des Showrooms auf Mallorca vorab anmelden zu müssen, zu hoch war.

Galerist Marc Bibiloni in seinem neuen Ausstellungsraum. Neben ihm eine Installation des Künstler-Duos Grönlund-Nisunen.

Galerist Marc Bibiloni in seinem neuen Ausstellungsraum. Neben ihm eine Installation des Künstler-Duos Grönlund-Nisunen. / Nele Bendgens

Eine große Pop-Up-Ausstellung im Jahr

„Als wir dann, wieder hier in Establiments, diesen Raum fanden, war das eine riesige Freude“, sagt Bibiloni. Das Gebäude einer ehemaligen Teppichfabrik mit 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche gehört einer Nachbarin. Es wirkt wie ein Zwilling des ersten Standorts, der einst eine Stofffabrik war. Nach zweimonatiger Turbo-Renovierung eröffnete die neue Galerie im April 2023. Etwa alle anderthalb Monate wechselt die Schau – und dazu gibt es einmal im Jahr eine große Pop-up-Ausstellung in einer anderen Stadt. „Das sorgt für ein perfektes Gleichgewicht: Dabei können wir dann über die Stränge schlagen, den Zauber wirken lassen und ganz viel Spaß haben.“

Das ursprüngliche Hauptquartier ist jetzt halb Atelier, halb Wohnraum und wird für Künstlerresidenzen genutzt. Als Nächstes eingeladen ist der Australier Michael Staniak, der schon 2022 seine futuristische Kunst im Stadtpalast Can Vivot präsentierte und nun ab dem 9. Dezember eine Solo-Ausstellung bei La Bibi zeigen wird.

Ein Teil der Werke bringt Staniak mit, ein Teil soll erst hier vor Ort entstehen. Bibiloni schwebt vor, einen wichtigen Aspekt des Pop-up-Konzepts immer mehr auf die eigene Halle zu übertragen: nämlich die Künstler nicht dem Raum zu „unterwerfen“, sondern umgekehrt. „Der Raum soll sich mit jeder Ausstellung völlig verändern“, so der Galerist.

Ein Werk aus 1.300 Magnetkugeln

Davon ist auch bei der aktuellen, von Pau Waelder kuratierten Schau „Latent Spaces“ einiges zu spüren: Für ein weiteres Werk von Grönlund-Nisunen, bei dem 1.300 kleine Magnetkugeln ein geordnetes Chaos bilden, mussten stolze 700 Löcher in die Wand gebohrt werden. „Die Monteure waren glücklich“, kommentiert Marc Bibiloni. „Sie haben dafür einen ganzen Tag gebraucht.“ Die aufwendige Arbeit bezeugt, wie sich das finnische Duo Wissenschaft und Technologie zunutze macht: „Sie wollen damit nichts erzählen, sondern Phänomene wie Magnetismus sichtbar machen, die unsere Neugier wecken, und sie durch ihre Arbeit selbst erforschen“, erklärt der Galerist.

Durch die Rollos verändert sich permanent die Raumaufteilung.

Durch die Rollos verändert sich permanent die Raumaufteilung. / Nele Bendgens

In der Ausstellung tritt Grönlund-Nisunen in einen Dialog mit dem deutschen Künstler Mario Klingemann, Pionier auf dem Gebiet der digitalen Kunst mittels künstlicher Intelligenz. „Was die Werke von beiden gemeinsam haben, ist, dass sie in einem konstanten Prozess der Bewegung sind“, sagt Bibiloni. Man muss sich Zeit für den Besuch nehmen, die Veränderungen wahrnehmen – wie bei der Installation mit Rollos, die nach dem Zufallsprinzip langsam hoch- und runterfahren, manchmal den Raum klar trennen und in anderen Momenten den Blick freigeben.

Wenn künstliche Intelligenz Klassiker "verschlimmbessert"

Mit visuellen Effekten spielt auch Klingemann, auf mitunter hypnotisierende Weise: So läuft auf Bildschirmen ein Loop, der sich aus einer gigantischen Menge an Bilddaten speist. Sie scheinen sich immer wieder optisch anzunähern, bis man zum Beispiel meint, drei Hunde zu erkennen. Dann entgleiten sie einem sofort wieder. „Der Künstler untersucht, wie künstliche Intelligenz Lücken menschlicher Kreativität schließt und Dinge hervorbringen kann, die uns noch nicht eingefallen sind“, sagt Bibiloni.

Mario Klingemann lässt künstliche Intelligenz mit Hieronymus Boschs „Garten der Lüste“ arbeiten.

Mario Klingemann lässt künstliche Intelligenz mit Hieronymus Boschs „Garten der Lüste“ arbeiten. / Nele Bendgens

Bei einem anderen Werk erhielt die KI den Auftrag, das Gemälde „Der Garten der Lüste“ von Hieronymus Bosch zu „verbessern“: Auf einer Projektion kann man zusehen, wie sie sich Quadrat für Quadrat vornimmt und das Bild „verschlimmbessert“ – heraus kommt ein undefinierter Mix aus figürlich und abstrakt, denn Boschs Fantasiewelt überfordert die KI vollkommen. Für Bibiloni ein kritisches Werk mit befriedigendem Ergebnis: „Hier siegt der menschliche Verstand durch Kreativität über die Maschine“, sagt er.

Kunst in Bewegung: „Latent Spaces“, Grönlund-Nisunen und Mario Klingemann, bis 2.12. La Bibi Gallery, Carrer del Molí de Comte, 47A, Palma, Di.–Sa. 11–15 Uhr. Preise für die Kunstwerke: 3.000–30.000 Euro. Kontakt: labibigallery.com

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