Eines steht fest: Der Geldsegen, den der EU-­Förderfonds „Next Generation" bereit hält, könnte ein wichtiger Anschub für die Corona-gebeutelte Wirtschaft auf Mallorca werden. Die Landesregierung räumt dem Thema ab sofort hohe Priorität ein: Die balearische Ministerpräsidentin Francina Armengol hat ein neues Landesministeriums ins Leben gerufenneues Landesministeriums ins Leben gerufen, das sich fast ausschließlich damit befassen soll, möglichst viel Geld aus Brüssel möglichst sinnvoll auf den Inseln einzusetzen.

Hintergrund: Die Balearen bekommen einen Landesminister für EU-Gelder

Bisher ist nämlich noch nichts in trockenen Tüchern. Es ist weder klar, wie viel Geld genau in den kommenden sechs Jahren auf die Inseln fließen wird, noch, wofür dieses konkret verwendet werden kann. Ende Oktober hatte es geheißen, Madrid wolle zunächst 133 Millionen der 140 Milliarden Euro, die Spanien aus Brüssel zustehen, an Mallorca und die Nachbarinseln weiterleiten. Mittlerweile rechnen die Balearen offenbar sogar mit einer ersten Zahlung von 450 Millionen Euro.

27 Millionen ­davon sind bereits im Haushalt für 2021 eingeplant. Doch jede spanische Region kämpfe noch immer ­darum, möglichst viel von der ersten Runde an EU-Geldern abzubekommen, so ein Sprecher des Präsidiums der Landesregierung gegenüber der MZ.

Das soll auch das neue Europa-Ministerium tun, das am Montag (15.2.) seine Arbeit aufnahm. Man werde gezielt daran arbeiten, ­Inselprojekte gegen die strengen Verwendungsauflagen der EU und die Verteilungsschlüssel in Madrid zu behaupten, heißt es. ­Bisher war dafür nur eine dem balearischen Wirtschaftsministerium untergeordnete Generaldirektion zuständig gewesen. Auch die Bereiche Hochschule und Kultur sind ab sofort dem neuen Ministerium untergeordnet. Das liege nahe, so Armengol bei der Vorstellung: Die neue Conselleria solle dazu beitragen, die Wirtschaft zu diversifizieren, Branchen zu modernisieren, den technologischen Fortschritt voranzutreiben und mehr ­Chancen und Jobs in nachhaltigen und besonders wettbewerbsfähigen Bereichen zu fördern.

Angeführt wird das neue Ministerium von Miquel Company (Maó, 1985), einem jungen Verwaltungsspezialisten, der seit dem Jahr 2016 als Arbeits- und Wirtschaftsdezernent im Inselrat von Menorca ­tätig war. Zuvor arbeitete er in der Banco Santander. Kritiker in der Opposition bemängelten allerdings seine „Unerfahrenheit".Diese kann man seiner neuen rechten Hand, Joan Carrió, nicht vorwerfen. Als Leiter des Amts zur Verwaltung der EU-Wieder­aufbaufonds ist er ab sofort für die Planung, Koordination und Ausführung strategischer Projekte zuständig, die mit EU-Geldern die ­Inseln voranbringen sollen. Der Wirtschaftswissenschaftler hatte schon mehrere Posten in der öffentlichen Verwaltung inne, zuletzt war er für das Finanzmanagement des Landeskrankenhauses Son Espases zuständig.

Für ein Gespräch mit der MZ waren bis ­Redaktionsschluss weder Company noch ­Carrió zur Stelle - in diesen Tagen sei alles im Umbruch, so ein Sprecher. Dabei arbeite man in der Landesregierung bereits seit Juni „auf Hochtouren" daran, gemeinsam mit Unternehmern, Bürgervereinigungen und Gewerkschaften konkrete Projektvorschläge auszuarbeiten. Allein seitens der Balearen-Regierung habe man eine Liste von mehr als 200 Projekten mit Investitionen in Höhe von rund 5,13 Milliarden Euro zusammengestellt, für die man sich EU-Hilfen vorstellen könnte. Hinzu kämen gut 300 weitere Vorschläge der Gemeinden und Inselräte. In den vergangenen Monaten war unter anderem die Rede vom Bau einer neuen Straßenbahn von Palmas Zentrum bis Arenal, den man mit europäischen Geldern kofinanzieren ­wolle. Jetzt aber hält man sich bedeckt. „Konkrete Beispiele wollen wir erst nennen, wenn sie gesichert sind, dazu muss aber zunächst die spanische Regierung ihren eigenen Plan festzurren", so der Sprecher.

Dass das noch einige Monate dauern könnte, ließ Juan González-Barba am Dienstag (16.2.) durchblicken. Der oberste Vertreter der zentralspanischen Regierung vor der Europäischen Union war eigens nach Palma gereist, um sich bei einem Treffen mit Balearen-Vize Pedro Yllanes und der balearischen Finanz­ministerin Rosario Sánchez ein Bild über die aktuelle Lage auf den Inseln zu verschaffen. Diese nutzten die Gelegenheit, um zu betonen, wie schwer die Corona-Krise die regionale Wirtschaft trifft - und wie dringend Hilfe aus Brüssel benötigt wird.

In ähnlicher Mission machte Ministerpräsidentin Armengol am Mittwoch (17.2.) bei Treffen mit Ministern der spanischen Regierung in Madrid Druck. Ihr Ziel: die wirtschaftliche Not der Inseln deutlich machen und staatliche Hilfsgelder herausschlagen.

Trotz der offensichtlichen Bemühungen seitens der Regionalpolitiker wird in der Bevölkerung auch Kritik laut. Die Bürgerinitia­tive Fòrum de la Societat Civil, der soziale, ­unternehmerische und wissenschaftliche Vereinigungen angehören, fordert in einer Pressemitteilung von der Landesregierung mehr Transparenz und Dialogbereitschaft. Vertreter der verschiedenen Branchen und Experten müssten stärker eingebunden werden, um mögliche Projekte vorantreiben zu können. Die Umweltschutzgruppe Gob spricht von einer nie zuvor dagewesenen Möglichkeit, die „exzessive Abhängigkeit" vom Tourismus zu korrigieren und mehr Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen. Das sei aber nur durch mehr Bürgerbeteiligung möglich.