Wie sich das Weihnachtsfest für eine Familie auf Mallorca im Laufe der Jahre verändert hat

Weihnachten ist auch auf Mallorca nicht gleich Weihnachten: Bel Mesquida und ihre Tochter Margalida Llull aus Manacor erzählen vom Wandel der Festbräuche im Laufe der Jahre

Margalida Llull (re.) mit ihren Schwestern Bel (li.) und Joana (o.) nach dem Schmücken der Krippe mit Kiefernzweigen und Steinen.

Margalida Llull (re.) mit ihren Schwestern Bel (li.) und Joana (o.) nach dem Schmücken der Krippe mit Kiefernzweigen und Steinen. / Privat

Die Mallorquiner feiern Weihnachten etwas anders als die Deutschen. Vor allem, wenn es um Traditionen geht. Der Weihnachtsmann wird durch die Heiligen Drei Könige ersetzt, die Pute durch sopa rellena, der Lebkuchen durch torró und der Christstollen durch farciment. Viele wissen nicht einmal, was ein Adventskalender ist, niemand zündet jeden Sonntag eine Kerze auf dem Adventskranz an, und nur wenige schmücken ihr Haus weihnachtlich. Bel Mesquida (87) und Margalida Llull (55), Mutter und Tochter, erzählen, wie sie Weihnachten in Manacor feiern.

Durch den Lauf der Zeit und den Generationenunerschied haben sich ihre Bräuche dabei verändert. Margalida pflegt nicht mehr die gleichen Traditionen wie ihre Mutter, ganz zu schweigen von ihren beiden Söhnen Gabriel (25) und Toni Nicolau (20).

Weihnachten in der Nachkriegszeit

Bel wuchs in einer Nachkriegszeit auf, in der wenig viel war und der wahre Schatz in der Familie lag. Einen traditionellen Weihnachtsbaum gab es nicht: „Wir nahmen einen Kiefernzweig und schmückten ihn, so gut wir konnten.“ Auch Heiligabend sei ein Tag wie jeder andere gewesen, erzählt die gebürtige manacorina. „Wir aßen etwas zu Abend, zum Beispiel pa amb oli i botifarró, machten uns schick, um die Sibylle anschauen und gingen danach ins Bett.

Was in Deutschland als Christmette bekannt ist, ist auf Mallorca die misa de Matines. Dort erklingt der von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärte cant de la sibil·la. „Die Figur der Sibylle ist immer ein Junge oder ein Mädchen, das wie eine heidnische Figur gekleidet ist, einen seidenen Mantel trägt und ein Schwert in der Hand hält. Einmal wurde sie sogar von meinem Bruder dargestellt. Der Sibyllengesang ist das Herzstück der mallorquinischen Weihnacht“, sagt Bel, die Mutter.

Margalida besuchte die misa de Matines als Kind. Heute geht sie nur noch gelegentlich hin. Für viele Mallorquiner ist es zwar noch eine Tradition, aber die Besucher der Matines werden weniger. „Meine Kinder interessieren sich nicht so sehr für Religion, deshalb bleiben sie auch der Messe fern“, sagt Margalida.

Bohnen für die „Reyes“

Statt die Schuhe für den Nikolaus zu putzen oder Kekse und ein Glas Milch für den Weihnachtsmann vorzubereiten, erinnert sich Bel daran, wie sie am Vorabend des Dreikönigstags (6. Januar) eine Handvoll Bohnen in ihre Schuhe steckte. „Wir stellten sie dann ins Fenster, damit die Kamele der Heiligen Drei Könige die Bohnen fressen konnten.“ Das ist eine der wenigen Traditionen, die Margalida und ihre Kinder auch heute noch pflegen.

Auch was die Deutschen heute als „Adventskalender“ kennen, ob mit Schokolade, Playmobil oder sogar Schminkprodukten gefüllt, hatte auf Mallorca eine Entsprechung. „Am ersten Dezember stellten wir die Figuren der Heiligen Drei Könige vor dem Jesuskind in die Krippe. Jeden Tag rückten wir die Figuren ein paar Zentimeter näher an das Jesuskind heran, damit sie am Tag seiner Geburt neben ihm standen, wie es die religiöse Erzählung vorsieht“, erinnert sich Margalida.

Ein Schrank zu Weihnachten

Trotz der prekären Nachkriegssituation erinnert sich Bel an ein glückliches Weihnachtsfest. „Ich habe mit meiner Familie torró (Nougat, Anm. d. Red.) oder farciment gebacken (ein typischer Weihnachtskuchen, der aus den Resten der Schlachtung hergestellt wird). Wir hatten nicht viel, aber mein Vater schaffte es, mir immer eine Kleinigkeit zu schenken. Er war Schreiner und baute mir einmal sogar einen Schrank.“ Nach und nach verbesserten sich die Lebensbedingungen der mallorquinischen Familien, und auch die Weihnachtstraditionen gewannen an Festlichkeit. Margalida erinnert sich mit Wehmut daran, wie sie als Kind nach dem Essen auf einem Stuhl stand und ein Gedicht aufsagte, damit ihre Verwandten ihr etwas Kleingeld gaben. Die Großfamilien begannen damit, sich an Weihnachten zu treffen.

Margalidas Kinder wiederum sangen in der Schule Weihnachtslieder wie „Fum, fum, fum“ (Rauch, Rauch, Rauch), „En un portal de Belén“ (In einem Portal von Bethlehem) oder „Adesde Fideles“ (Kommt, ihr Gläubigen) und führten ein Weihnachtsspiel vor der Verwandtschaft auf. „So war das in der Kindheit meiner Söhne: Ensaimada, heiße Schokolade und fröhliche Musik“, sagt Margalida.

Margalida Llull und ihre Mutter Bel Mesquida.

Margalida Llull und ihre Mutter Bel Mesquida. / Jasmin Riera May

Das wichtigste ist die Familie

Typische Gerichte wie sopa rellena, guiat, porcella, heiße Schokolade und ensaïmada kamen in der Familie erst nach und nach dazu. Ebenso der große Umzug der Könige, die Weihnachtslieder und die üppigen Geschenke. Eines aber blieb über alle Generationen hinweg gleich: die Bedeutung der Familie. „Wir spielten gerne im Haus, bauten eine Krippe aus Zweigen und Steinen, die mein Vater mitbrachte, und schrieben für unsere Eltern Weihnachtskarten, die wir unter dem Teller versteckten. Aber meine schönste Erinnerung ist die an meine Mutter, die stets an unserer Seite war, köstliche Mahlzeiten zubereitete, sich liebevoll um uns kümmerte und Ruhe ausstrahlte“, sagt Margalida und blickt zu Bel.

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