Aufstand in der Nationalmannschaft: Wie sich Spanien selbst vor der WM zerlegt

Die Spanierinnen hätten das Potenzial, bei der Fußball-WM in Australien und Neuseeland den Titel zu holen. Doch es gibt viele Störgeräusche

Ralf Petzold

Ralf Petzold

In zwei Wochen beginnt die Fußball-WM der Frauen in Australien und Neuseeland. Spanien hätte eigentlich viele Gründe, um sich auf das Turnier zu freuen. Die Leidenschaft für den Frauenfußball boomt, mit Alexia Putellas hat man die amtierende Weltfußballerin in den eigenen Reihen, und der FC Barcelona gewann mit einem großen Block an spanischen Spielerinnen vor drei Wochen die Champions League. Neben England, den USA und Deutschland zählt Spanien zu den Top-Favoriten auf den WM-Sieg. Wäre da nicht die Rebellion in der Nationalmannschaft, zu der es nach wie vor mehr Mythen als Fakten gibt.

15 Spielerinnen streikten

Alles begann im vergangenen September, als 15 Nationalspielerinnen eine Mail mit dem gleichen Wortlaut an den Verband schickten. Darunter befanden sich auch die Mallorquinerinnen Patricia Guijarro und Mariona Caldentey. In dem Schreiben kündigten die Fußballerinnen an, künftig nicht mehr für ihr Land spielen zu wollen „bis Situationen gelöst werden, die unseren körperlichen und emotionalen Zustand beeinflussen, Auswirkungen auf unsere Leistung haben und schwere Verletzungen hervorrufen können“.

Was damit konkret gemeint war, ließen die Spielerinnen unbeantwortet. Auf Nachfrage bei Pressekonferenzen gaben einige Fußballerinnen lediglich an, dass sie nicht den Rauswurf von Trainer Jorge Vilda forderten. „Wir wissen nicht, was das Problem ist. Die Spielerinnen sind nicht schlecht behandelt worden“, versicherte Ana Álvarez, Leiterin des Frauenfußballs beim spanischen Verband. Anschließend traf sie sich dann zu persönlichen Gesprächen mit den Spielerinnen.

"Die Welt lacht über uns"

Der Nationaltrainer dachte nicht an Rücktritt und schoss bei einer Pressekonferenz zurück: „Was ich durchmache, wünsche ich keinem. Es wurde ein Stein geworfen und im Anschluss die Hand versteckt. Die Welt lacht über uns.“ Bei den in den folgenden Monaten angesetzten Länderspielen fehlten die 15 Spielerinnen dann wie angekündigt. Auffällig ist, dass es sich bei den Rebellinnen fast ausschließlich um junge Spielerinnen vom FC Barcelona handelt. Keiner der Altstars wie Alexia Putellas oder Jenni Hermoso haben sich dem Protest angeschlossen.

Mehr Geld und mehr Zeit mit Kindern

Die Gespräche von Ana Álvarez zeigten Erfolg. Zudem hatte auch Jorge Vilda die Tür zu einer Rückkehr der 15 Spielerinnen ins Team stets offengelassen und die Rebellinnen sogar bei ihren Vereinen besucht, um den Kontakt wiederherzustellen. So stimmte der Verband zu, dass die Spielerinnen künftig ihre Kinder mit zu den Versammlungen der Nationalmannschaft bringen dürfen und hob die Höhe der Entschädigungszahlungen an. Das endete damit, dass sich zwölf der 15 Spielerinnen per Mail entschuldigten und sich bereit erklärten, für die WM nominiert zu werden. Vilda wählte drei von ihnen aus, darunter die mallorquinische Barça-Stürmerin Mariona Caldentey. Mit Torhüterin Cata Coll ist eine weitere Spielerin von der Insel dabei. Sie wird als dritte Keeperin wohl aber nicht spielen.

Der wohl schmerzlichste Verlust dürfte Patricia Guijarro sein. Die Mittelfeldspielerin, die mit ihrem Doppelpack gegen Wolfsburg das Champions-League-Finale zugunsten von Barça entschied, schickte nicht die Entschuldigungsmail und zeigt sich in Interviews weiterhin nicht bereit, zur Nationalmannschaft zurückzukehren. Auch wenn das bedeutet, auf viel Geld zu verzichten. Allein die Nominierung bringt 28.000 Euro. Die Siegprämie für den Titel beträgt 250.000 Euro pro Spielerin. Spanien trifft in der Gruppe auf Sambia, Japan und Costa Rica.

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