In der Cala Pilar nahe Ciutadella auf Menorca hat es am Wochenende eine niedliche tierische Überraschung gegeben: Im Sand sind über 60 sogenannte Unechte Karettschildkröten (caretta caretta) geschlüpft. Mitarbeiter der balearischen Artenschutzbehörde (Cofib) und Umweltschützer, die über den Vorfall verständigt worden waren, untersuchten vor Ort, ob sich noch ungeschlüpfte Jungtiere im Nest befanden und nahmen die Maße der Schildkröten sowie weitere Proben, die sie für genetische Studien benötigen.

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Die Umweltschützer begannen erst, vorsichtig im Nest zu buddeln, nachdem sichergestellt wurde, dass am Sonntagmorgen (6.9.) keine weitere Schildkröte mehr geschlüpft war. Sie fanden 27 lebende Jungtiere vor, die noch nicht an die Oberfläche des Sandes gedrungen waren und es ohne die Hilfe der Umweltschützer vermutlich auch nicht geschafft hätten, daneben aber auch fünf tote Exemplare. Weitere acht Eier legten die Umweltschützer in den Brutkasten um. Da insgesamt 62 Eier oder Eierschalen gefunden wurden, schätzen die Umweltschützer, dass rund 30 Jungschildkröten bereits ins Meer gelangt sind. Die intakten Eier, die sich noch im Nest befanden, wurden in ein Rehabilitationszentrum gebracht.

Es ist das dritte Mal auf den Balearen und das zweite Mal auf Menorca, dass in dieser Saison Schildkrötennester am Strand gesichtet wurden. Im August waren auf Menorca bereits rund 50 Schildkröten geschlüpft, 36 davon am Strand Sa Mesquida.

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Balearenweit ist es die fünfte entdeckte Brutstelle der als gefährdet eingestuften Art der Unechten Karettschildkröte. Im vergangenen Jahr gab es zwei auf Ibiza, und in diesem Jahr neben der auf Menorca eine weitere in Cala Nova, in der Gemeinde Santa Eulària auf Ibiza.

Während sich die Spezies der Unechten Karettschildkröte im östlichen Mittelmeerraum, etwa Griechenland, Zypern oder der Türkei, schon seit einigen Jahren erfolgreich fortpflanzt, werden im westlichen Mittelmeerraum erst seit 2014 Eiablagen beobachtet - etwa in Valencia, Alicante, Barcelona oder an Stränden in Andalusien. Verantwortlich dafür, so die Wissenschaftler, könnte die Erwärmung des Meeres infolge des Klimawandels sein. 20 Prozent der in den Balearen-Gewässern ­vorkommenden Schildkröten stammen aus dem östlichen Mittelmeerraum. Die übrigen 80 Prozent haben sich mithilfe der Meeresströmungen von Mexiko oder Kuba durch den ­Atlantik bis ins Mittelmeer treiben lassen.

Wer am Strand eine Schildkröte oder ein Nest findet, sollte die Tiere auf keinen Fall anfassen und sich nicht auf unter 15 Meter nähern. Auch auf das Fotografieren der Tiere mit Blitz oder auf das Hochladen der Fotos in den sozialen Netzwern soll verzichtet werden, so die Bitte der Umweltschützer. Stattdessen sollten Strandbesucher die 112 verständigen. /sw