Nach zwei Jahren Corona läuft der Tourismus wieder auf Hochtouren – und die Sorgen um die Wasserressourcen sind zurück. Verantwortlich für die Versorgung mit Trinkwasser ist Joana Maria Garau, studierte Umweltwissenschaftlerin und seit 2016 Leiterin des balearischen Wasserwirtschaftsamts Abaqua, das dem Landesumweltministerium untersteht. Die letzte große Trockenheit gab es im Sommer 2016. Damals führte Garau, zusammen mit weiteren Maßnahmen, ein System mit Warnstufen ein, um die Trinkwasserreservoirs zu schützen. Zu dieser Politik gehört etwa auch der Betrieb der vergleichsweise teuren Entsalzungsanlagen im Winter, selbst wenn eigentlich genügend natürliches Trinkwasser zur Verfügung steht.

Vor Kurzem hat das balearische Wasserwirtschaftsamt versichert, dass die Versorgung mit Trinkwasser für diesen Sommer garantiert sei. Woher stammt es hauptsächlich?

Die wichtigste Ressource auf den Balearen ist der Untergrund, also das Grundwasser. Es steuert 70 Prozent des Bedarfs bei. Zehn Prozent stammen aus Entsalzungsanlagen und etwa acht Prozent aus den Stauseen auf Mallorca. Statistisch gesehen ist die Situation gerade normal, da es nun einmal so ist, dass es in dieser Zeit zu Wasserknappheit kommt. Eines unserer Probleme ist, dass wir nur wenig Kapazität zur Speicherung von Oberflächenwasser haben. Das sind streng genommen nur die Stauseen, die von Palma verwaltet werden und das Stadtgebiet versorgen. Uns steht praktisch das Wasser zur Verfügung, das nach dem Regen im Erdreich gefiltert und gespeichert wird. Und wir haben wenig Regenwasser: Auf den Inseln fallen im Schnitt etwa 600 Liter Regen pro Quadratmeter und Jahr.

Können Sie Versorgungsprobleme in diesem Jahr ausschließen?

Wir werden diesen Sommer meistern, aber in einigen Gebieten wird es Schwierigkeiten geben. Es fehlt die Infrastruktur, um das Wasser dorthin zu bringen. Welche Gebiete das sind, wird vom Wasserverbrauch und den weiteren Regenmengen vor Ort abhängen.

Beunruhigen Sie vor diesem Hintergrund die Prognosen zu neuen Rekordzahlen im Tourismus und weiteren Hitzewellen?

Im Prinzip machen wir uns keine Sorgen um diesen Sommer. Aber es kann zu einer Vorwarnstufe kommen, und wir könnten uns einer kritischen Schwelle nähern. Sollten aber nun vier Hitzewellen hintereinander kommen, könnte die Nachfrage stärker steigen und das Wasser schneller knapp werden, als in unseren Planungen vorgesehen.

Sind wir besser dran, weil wir zwei Jahre Pandemie mit weniger Verbrauch hinter uns haben?

Ja, wir haben weniger konsumiert, aber wir hatten auch weniger Regen. Im Jahr 2020 sah es so aus, als würden die Wasserressourcen zunehmen, aber dem war nicht so. Im Jahr 2017 hatte es in einigen Gebieten viel geregnet, sodass sich die Grundwasserspeicher erholen konnten. In einigen Teilen der Insel zehren wir noch immer von den Niederschlägen von 2017.

Wie steht es um die Grundwasservorkommen?

Es gibt zwei Aspekte, die wir unterscheiden müssen – zum einen die Wasserqualität, zum anderen die Wassermenge. Wenn man ein Grundwasservorkommen übermäßig ausbeutet und mehr Wasser entnimmt, als durch die natürliche Regeneration wieder dazukommt, drückt das Meerwasser landeinwärts. Das Gleichgewicht muss immer so gehalten werden, dass das Süßwasser Druck ausübt und das Meerwasser nicht eindringt. Etwas mehr als die Hälfte der Grundwasservorkommen ist in schlechtem Zustand, aufgrund der Wasserqualität oder aufgrund von zu starker Nutzung. Zudem ist ein Teil des Wassers verunreinigt. Hier auf den Inseln kann das zwei Gründe haben: Nitrate oder Versalzung. Insgesamt befinden sich 29 der 64 Vorkommen auf den Balearen in einem schlechten Zustand, entweder aufgrund der Wasserqualität oder der Wassermenge. Im Osten und Süden der Insel sind die Grundwasservorkommen am stärksten ausgebeutet. Auch im Norden, in den Buchten von Pollença und Alcúdia, ist das der Fall. Das hat auch mit dem Klima zu tun, denn im Süden und Osten regnet es deutlich weniger. Hinzu kommen die hohe Einwohnerzahl und das unzureichende Leitungssystem.

Garau: „Ich habe ein größeres Bewusstsein für Wasserfragen im Allgemeinen festgestellt.“ | FOTO: B. RAMON M. Elena Vallés

Gibt es einen Plan zur Regenerierung dieser Grundwasservorkommen?

Ja, den Wasserwirtschaftsplan. Er wird alle sechs Jahre aktualisiert. Grundsätzlich geht es darum, die natürlichen Ressourcen zu schonen, vor allem im Winter. Im Sommer, wenn wir das meiste Wasser benötigen, können wir im Erdreich darauf zugreifen. Das gesamte Leitungssystem Mallorcas, das einige der Grundwasservorkommen der Insel und die Entsalzungsanlagen miteinander verbindet, wurde mit Blick auf Palma konzipiert. Derzeit arbeiten wir daran, dieses Netz in zwei Richtungen auszubauen. Wir wollen auch Wasser aus dem Süden der Insel in den Norden leiten können und auch die Gegenden des Pla und des Llevant versorgen. Die Idee ist, die Entsalzungsanlagen zu nutzen, um den Zustand unserer Grundwasservorkommen zu verbessern. Und wir versuchen im Rahmen der Tarifgestaltung, die Verwendung von entsalztem Wasser während des Winterhalbjahres zu fördern. So können sich die Grundwasservorkommen in dieser Zeit regenerieren.

Lässt sich mit einer Verbesserung der Infrastruktur auf der Insel Wasser sparen?

Bei dieser Frage müssen wir über die Lecks sprechen. In den Leitungen sind die Verluste mit rund 26 Prozent sehr hoch – die Menge entspricht der Produktion der Entsalzungsanlagen oder sogar etwas mehr. An einigen Orten betragen die Verluste mehr als 50 Prozent. Die Gemeinden müssen ihren Wartungsaufgaben nachkommen. Im Bereich der Landwirtschaft arbeiten wir zusammen mit dem Umweltministerium an einem Projekt zur Vernetzung von Kläranlagen und Bewässerungsanlagen. Dabei geht es darum, bei der Bewässerung der Anbauflächen gereinigtes Wasser statt solches aus Grundwasservorkommen einzusetzen.

Wie viel Geld müsste man investieren, um die Leitungen instand zu setzen?

Milliarden von Euro.

Und was ist mit den Einnahmen aus der Touristensteuer?

Aus ihr werden Mittel bereitgestellt. Tatsächlich standen im ersten Jahr der Touristensteuer Investitionen in die Wasserwirtschaft im Mittelpunkt. Wir halten es für wichtig, dass die Einnahmen aus der Abgabe in diese Infrastruktur investiert werden. Ich denke da zum Beispiel auch an die Kanalisation, wo zum Teil Regen- und Abwasser zusammen abfließen. Würde mehr investiert, könnten Mischeinleitungen vermieden und das Meer geschützt werden.

In Palma haben praktisch alle Neubauten Pools. Halten Sie das für nachhaltig?

Die Wasserpolitik muss sektorenübergreifend sein, wie auch die Energiepolitik. Sie muss viele andere politische Institutionen einbeziehen. Vor allem in der Frage der Raumordnung. Seit einigen Jahren wird bei Neuerschließungen gefordert, dass auch für Wasserfragen ausreichende Mittel zur Verfügung stehen. Im Wasserwirtschaftsplan ist vorgesehen, dass die Gemeinden Pläne für einen nachhaltigen Wasserverbrauch aufstellen. So soll vermieden werden, dass ein Bedarf entsteht, der später nicht gedeckt werden kann. Es handelt sich also um kleinräumige Wasserwirtschaftspläne. Was die Schwimmbecken angeht: Ich habe einen Artikel über die Wasserverluste durch Verdunstung in Pools und den Anteil davon am Gesamtwasserverbrauch gelesen. Der Prozentsatz war gering, er betrug nicht einmal fünf Prozent. Ich will damit nicht sagen, dass bei der Raumplanung keine Grenzen für Schwimmbecken festgelegt werden sollten. Die Frage müssen aber die zuständigen Stellen für sich beantworten.

Wie steht es derzeit um die Warnstufen wegen Trockenheit?

Derzeit gibt es nur in zwei Gebieten Vorwarnstufen wegen Trockenheit. Wird eine Warnstufe erreicht, muss der Verbrauch reduziert werden, um die Ressourcen so weit wie möglich zu schonen, bis es wieder regnet. Entsalzungsanlagen sind nur eine ergänzende Maßnahme. In der Vorwarnstufe muss die Nachfrage gesteuert werden, sei es durch Kampagnen oder, falls keine Brunnen als Reserve verfügbar sind, auch mit Restriktionen.

Wäre es nicht effektiver, den Tourismus einzudämmen?

Genau das ist mit dem neuen Tourismusgesetz geplant. Wir alle begreifen allmählich, dass ein Limit erreicht wird, was Territorium und Ressourcen betrifft. Man kann nicht noch weiter wachsen, um mehr Tourismus zu ermöglichen. Meiner Ansicht nach brauchen wir Maßnahmen, die über den reinen Umweltschutz hinausgehen und auf einem gesellschaftlichen Konsens beruhen, um so am Ende einen hochwertigeren und ressourcenschonenderen Tourismus zu haben.

Gehen die Vorgaben im neuen Tourismusgesetz auf den Balearen weit genug?

Die Rede ist von Kreislaufwirtschaft, also der Wiederverwendung von Abfall und Wasser in Hotels. Und es sind noch mehr Dinge geplant. Das Gesetz ist ein sehr wichtiger Schritt. So kann beispielsweise Regenwasser aufgefangen und zur Bewässerung eines Gartens wiederverwendet werden. Sehr schwierig ist die Aufbereitung von Abwasser in kleinen Hotels und in Anlagen, in denen Menschen mit dem Wasser in Berührung kommen können. Bei dieser Nutzung müssen Risiken minimiert werden, durch die Aufbereitung und durch die nötigen Hygienekontrollen. Es wird bereits einiges getan, und es könnte noch viel mehr getan werden. In der Gemeinde Calvià gibt es zum Beispiel ein Projekt zum Aufbau eines Leitungsnetzes, um aufbereitetes Wasser aus der Kläranlage auch zur Bewässerung von Gartenanlagen in Hotels einzusetzen. Wir sollten darüber nachdenken, ob die Wasseraufbereitung in bestimmten Fällen nicht gemeinschaftlich organisiert werden kann, weil dann letztlich weniger Energie verschwendet wird.

Sollte die Verschwendung von Trinkwasser sanktioniert werden?

Die Gemeinderäte können das mit ihrer Tarifpolitik bereits. Tatsächlich gibt es Rathäuser, die missbräuchliche Nutzung von Wasser abstrafen. Aber wir wissen, dass so etwas Teilen der Gesellschaft nichts ausmacht und manche Menschen bereit sind, zusätzliche Gebühren zu zahlen. Deshalb glaube ich, dass Maßnahmen zur Sensibilisierung manchmal effektiver sind. Wir müssen den Menschen klarmachen, dass wir im Mittelmeerraum leben und das Wasser hier in der Regel knapp ist. Wir müssen die Kultur des Wassersparens, die es auf der Insel schon immer gegeben hat, wieder stärker fördern.

Die Wirtschaft funktioniert nach den Grundsätzen von Rentabilität.

Ich bin optimistischer. Ich habe ein größeres Bewusstsein für Wasserfragen im Allgemeinen festgestellt. Ich nehme in der Gesellschaft mehr Besorgnis und Ernsthaftigkeit wahr.

Welche touristischen Einrichtungen verbrauchen am meisten Wasser?

Das können wir in der Landesregierung nicht wissen. Die Gemeindeverwaltungen mögen aufgrund ihrer Tarife über einige Daten verfügen. Aber sie werden nicht einheitlich erhoben. Es scheint jedoch einen Zusammenhang mit der Kategorie der Hotels zu geben. Luxus wird mit Wasser assoziiert: Spa, Swimmingpools, Jacuzzi im Zimmer. Und das ist auf den Balearen der Fall: Hier wird ein touristisches Angebot unterbreitet, das sehr viel mit Wasser zu tun hat. Das macht uns Sorgen. Umso wichtiger ist es, uns unserer Situation bewusst zu sein und offen darüber zu sprechen. Wenn man das Problem verstanden hat und informiert ist, benutzt man den Whirlpool auf der Terrasse vielleicht gar nicht erst.