So wie MZ-Leser Mario Bonner (Name ge­ändert) geht es zurzeit fast jedem, der von Deutschland nach Mallorca fliegen will, oder umgekehrt: Bonner hatte mit seiner Frau ein paar Tage Mallorca gebucht und wollte am 31. Juli mit Easyjet wieder zurück nach Berlin fliegen. Am 8. Juli bekam Bonner von der Airline eine Mail mit der Mitteilung, dass sein Flug storniert werden musste. „Die Annul­lierung Ihres Fluges lag außerhalb unserer Kontrolle und gilt als außergewöhnlicher Umstand", heißt es in der Mail.

Bonner buchte notgedrungen um und sollte nun zwei Tage später nach Berlin zurückfliegen. Am 14. Juli dann die nächste Mail von Easyjet - mit exakt demselben Wortlaut. „Die Airline hatte sämtliche Flüge nach Berlin von Mittwoch vor bis Mittwoch nach dem 2. August annulliert. Der einzige direkte Rückflug von Mallorca nach Berlin am 2. August war der von Ryanair", sagt Bonner. Das bedeutete für ihn, dass eine kostenlose Umbuchung mit ­Easyjet nicht infrage kam, weil Bonner am nächsten Tag wieder arbeiten musste. Bei Ryanair buchte er für sich und seine Frau den Rückflug für insgesamt 400 Euro. „Easyjet hatte etwa die Hälfte gekostet", so Bonner.

Frust in den sozialen Netzwerken

Auch in den sozialen Netzwerken laden die Mallorca-Pendler und -Urlauber ihren Frust über die ständigen Flugplanänderungen ab. Auf einen MZ-Aufruf bei Instagram haben sich mehrere Dutzend User gemeldet, die ihre Erfahrungen mit stornierten oder verschobenen Flügen schilderten. Besonders groß ist der ­Unmut über die Billig-Airlines Easyjet und Ryanair. Ganze Familienfeiern fielen dem Flugchaos zum Opfer. So berichtet MZ-Leserin Christina, dass ihre Mutter ihren 60. Geburtstag auf Mallorca feiern wollte. „Mit 14 Leuten hatten wir eine große Finca bei Alcúdia gemietet. Ryanair hat bereits einige Wochen zuvor die Flüge gecancelt. Bis heute hat keiner der 14 Reisenden das Geld zurück."

Der Umgang mit dem Geld der Passagiere ist einer der Hauptkritikpunkte der Zuschriften. Zahlreiche Instagram-User beschweren sich darüber, dass sie teilweise Monate nach dem stornierten Flug noch keinen Cent gesehen haben. Und gerade bei Ryanair oder Easyjet komme man telefonisch kaum durch.

Klagen gibt es aber auch über die Informationspolitik der Fluggesellschaften. Eine Leserin namens Gabi schreibt: „Easyjet hat die ­Flüge einfach annulliert, ohne eine Mail zu schreiben. Hätte ich nicht in die App geschaut, hätte ich am Flughafen gestanden. Easyjet hat schön mit unserem Geld gespielt, eine Frechheit." Vereinzelte Klagen gibt es auch über ­Eurowings, wo es allerdings eher um - teils spontane - Änderungen als um Stornierungen geht.

Eurowings räumt Probleme ein, die Billigairlines schweigen

Eurowings räumt gegenüber der MZ offen die Probleme ein, die die Pandemie-Situation für viele Fluggesellschaften darstellt. „In ­Corona-Zeiten fällt es allen Airlines sehr schwer, zu einem geregelten Flugangebot zurückzukehren - darunter auch Eurowings", schreibt eine Airline-Sprecherin der MZ. Das Problem aus Sicht der Fluglinien: Einreise­beschränkungen änderten sich derzeit häufig und machten Prognosen, welche Flüge stattfinden können und welche nicht, enorm schwierig. „In dieser Ausnahmesituation kann es passieren, dass in Einzelfällen bereits ver­öffentlichte Flugangebote wieder zurückgenommen werden - sollte sich die Nachfrage nicht wie geplant entwickeln bzw. sonstige Länderauflagen einen Flugverkehr noch verhindern", erklärt die Sprecherin. Ein großes Problem sei auch, dass die Flugpläne mit ­großem Vorlauf erstellt werden müssen und deshalb nicht auf die in Corona-Zeiten stark gesunkene Nachfrage zugeschnitten seien.

Anfragen bei Easyjet nach Gründen des Flugchaos verliefen im Sande. Niemand fühlte sich zuständig, der MZ zu antworten. Von Ryanair kam lediglich die wenig aufschlussreiche Antwort, dass derzeit rund 20 Verbindungen zwischen Mallorca und Deutschland geflogen würden und dass diese regulär über die Bühne gingen. Über Condor wiederum gab es wenige Klagen. Sprecherin Magdalena Hauser führt das auf eine weitsichtige Planung zurück. „Wir hatten ein paar Flugzeitenänderungen, als wir Mitte Juni die Mallorca-Flüge aufgenommen haben. Inzwischen hat sich das aber eingespielt." Mallorca laufe „supergut" derzeit.

Experte nimmt Airlines teilweise in Schutz

Dennoch: Die Situation sei weder für Passagiere noch für Fluggesellschaften leicht, sagt Luftfahrtexperte Christoph Brützel der MZ. „Es ist gar nicht so einfach, wie viele denken, einen Flug zu streichen. Die Fluggesellschaft hat ja eine Beförderungspflicht. Und deshalb storniert sie nur, wenn es nicht anders geht", sagt Brützel. Wenn eine Airline beispielsweise drei Flüge täglich von Mallorca nach Düsseldorf ­anbiete, sei es den Passagieren zuzumuten, auf einen anderen Flug zum selben Ziel umgebucht zu werden, sollte die Nachfrage für einen der drei Flüge nicht zufriedenstellend sein. Brützel räumt aber auch ein, dass derzeit vor allem bei weniger gebuchten Zielen - Mallorca nimmt der Experte hier explizit aus - Verbindungen kurzfristig annulliert würden. „Das erleben wir schon, dass momentan eiskalt Flüge storniert und Pauschal­reisende brutal umgebucht werden." Das werde auch noch mehrere Monate andauern.