Neuer Hotelierspräsident der Playa de Palma auf Mallorca: "Benimmregeln wurden völlig falsch verstanden"

So schlimm wie jetzt sei es mit den Sauftouristen an der Playa de Palma selten gewesen, sagt Pedro Marín

Johannes Krayer

Johannes Krayer

Pedro Marín führt quasi eine Familientradition fort. Der Direktor des familieneigenen Hotels Playa Golf ist vergangene Woche zum neuen Präsidenten der Hoteliervereinigung der Playa de Palma gewählt worden - ein Posten, den sein Vater Francisco Marín bereits zwischen 2003 und 2019 bekleidet hatte.

In diesem Jahr scheinen sich die Saufurlauber noch mehr daneben zu benehmen als in der Vergangenheit. Wie ist Ihr Eindruck vor Ort?

Ja, leider hat sich der Sauftourismus noch einmal deutlich verstärkt. Es schien so, als ob die Menschen während der Pandemie etwas entspannter auf die Insel kamen. 2022 wurde es schon deutlich heftiger, aber in diesem Jahr sind wir wieder in die Dynamik von 2017 und 2018 zurückgefallen. Es kommen sehr viele größere Gruppen, und viele von ihnen bereiten sich schon zu Hause richtiggehend auf unkontrolliertes Feiern vor. Dazu kommt, dass wir in diesem Jahr Wahlen hatten und die Regierung gewechselt hat. Die Polizei hat nichts getan, um diese Exzesse auf der Straße zu stoppen. Denn dort finden sie ja statt.

Sie sind auch Gründer der Qualitätsoffensive Palma Beach, die das Gegenteil von dem vorhat, was sich gerade abspielt. Geben Sie auf?

Ich glaube, dass wir in diesem Jahr einen vorübergehenden Tiefpunkt erleben. Natürlich ist das nicht das, was unsere Initiative will. Wir wollen weiterhin erreichen, dass das Gebiet sich grundlegend wandelt. Aber dafür braucht es auch politischen Willen.

"Die Benimmregeln werden von der Verwaltung falsch verstanden."

Sie haben sich dafür eingesetzt, das Amsterdamer Modell einzuführen. Dort wird bei Verstößen sofort auf der Straße mit Geldstrafen durchgegriffen. Ist das die einzige Methode, die Urlauber zur Vernunft zu bringen?

Wir arbeiten nun seit bald acht Jahren daran, die Playa de Palma aufzuwerten mit besserer Gastronomie, mit höherwertigeren Hotels, höheren Preisen. Aber das macht sich nicht wirklich bemerkbar. Im Gegenteil, wir haben einen Schritt rückwärts gemacht. Ein drastisches Durchgreifen gegen die Exzesse erscheint mir deshalb als verzweifelte, aber einzig mögliche Maßnahme, um dieses Verhalten zu verhindern.

Pedro Marín.

Pedro Marín. / Nele Bendgens

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Es gibt ja Benimmregeln an der Playa de Palma. Warum klappt es trotzdem nicht?

Die Benimmregeln werden von der Verwaltung falsch verstanden. Man schickt Inspekteure in die Hotels, die dann ein Verfahren einleiten, weil eine Informationsbroschüre nicht ausliegt. Dabei hat die Verwaltung nicht verstanden, wo das Problem liegt. Das liegt in den Supermärkten, die bis 6 Uhr morgens Alkohol verkaufen, auf der Straße mit den Straßenverkäufern, in der Prostitution, in organisierten Diebesbanden. Hier muss die Verwaltung einschreiten.

Schwere Delikte wie die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung durch fünf deutsche Urlauber vor wenigen Tagen sind allein mit Benimmregeln nicht zu verhindern und geben ein grauenhaftes Bild der Playa de Palma ab. Was schießt Ihnen durch den Kopf, wenn Sie solche Nachrichten hören?

Es ist kein grauenhaftes Bild, das die Playa de Palma abgibt. Es ist ein grauenhaftes Bild, das diese Gruppe von Personen abgibt. Sie haben ein abscheuliches Verbrechen begangen und werden dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Es sind Einzelfälle, die nichts mit der Gegend, den Hotels oder auch dem Sauftourismus zu tun haben. Nicht jeder, der Alkohol trinkt, vergewaltigt Frauen.

"Die Verwaltung steht gegenüber uns in einer historischen Schuld."

Sie treten in die Fußstapfen Ihres Vaters, der fast 16 Jahre lang Präsident an der Playa de Palma war. Was macht Sie optimistisch, dass sich nun wirklich etwas ändert?

Ich werde keine 16 Jahre lang diesen Posten bekleiden, das steht für mich jetzt schon fest. Ich glaube, dass die neue Stadtregierung mehr politischen Ehrgeiz dabei zeigen wird, das Tourismusmodell zu ändern. Ich bin da sehr optimistisch, das ist mir schon klar. Seit 25 Jahren gab es keine nennenswerten Investitionen an der Playa de Palma, egal, wer gerade an der Macht war. Aber die Verwaltung steht gegenüber uns in einer historischen Schuld.

Wie läuft die Tourismus-Saison bisher? Nach Rekordprognosen scheint an der Playa ein wenig Ernüchterung einzukehren.

Im März und April war die Vorhersage, dass man im Sommer mit 85 bis 90 Prozent Auslastung rechnen könnte. Aber die Buchungen haben sich verlangsamt. Ich nehme an, die Inflation spielt dabei eine große Rolle. Wir werden wohl auf 75 bis 80 Prozent Auslastung kommen. Es wird anders als zunächst angenommen keine Rekordsaison.

Wie viel macht Last Minute in der laufenden Saison aus?

Rund 35 Prozent der Buchungen kommen inzwischen mit weniger als einem Monat Vorlauf, und das, obwohl die Deutschen eigentlich normalerweise vorausschauend buchen. Das ist für die Hotels eine Herausforderung.

Werden Sie deshalb auch auf Rabatte im Sommer setzen?

Zum Glück haben wir ja eine lange Saison, die bis in den November hinein dauert, und die Belegungen sind ordentlich. Deshalb hat, soweit ich weiß, kein Hotelier an der Playa de Palma bisher Rabatte nötig.

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