Mallorca Zeitung

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Chef der Palma International Boat Show: "Elektroboote werden kommen, aber es dauert"

Die 40. Ausgabe der Palma International Boat Show vereint fast 300 Aussteller an der alten Mole. Organisator Chema Sans über den runden Geburtstag, die Aufgaben der Branche und die Zukunftspläne

Chema Sans, Organisator der Palma Boat Show. Nele Bendgens

Chema Sans ist so etwas wie das Gesicht der Palma Boat Show. Seit über 30 Jahren stellt er die Wassersport-Messe in Palma auf die Beine. In diesem Jahr feiert das Event seinen 40. Geburtstag.

40 Jahre Boat Show auf Mallorca. Was haben Sie sich diesmal einfallen lassen?

Wir haben die Messe international sehr beworben, aber auch die Beziehungen zur Branche auf der Insel deutlich ausgebaut, was in der vergangenen Legislaturperiode etwas zu kurz kam. Und wir organisieren das Superyacht Forum, ein zweitägiges Treffen von Fachleuten der Branche. Darüber hinaus haben wir ein neues Protokoll gestartet zur Messung des ökologischen Fußabdrucks der Messe. Auf der Grundlage von Umfragen sollen Maßnahmen eingeleitet werden, um die Umweltverträglichkeit zu vergrößern. Dazu gibt es dieses Jahr erstmals eine Studie zum wirtschaftlichen Effekt der Messe, die das balearische Wirtschaftsministerium durchführt. Auf der Messe selbst gibt es am 26. April eine große Geburtstagsfeier.

Vergangenes Jahr waren es 271 Aussteller, und da hieß es, es geht kaum mehr. Wie viele Aussteller sind es dieses Jahr?

Wir haben dieses Jahr tatsächlich fast 300.

Und wo passen die alle hin?

Wir müssen damit klarkommen, dass der Platz hier begrenzt ist und die Messe leider nicht wachsen kann. Wir versuchen deshalb, die Fläche der einzelnen Aussteller zurückzufahren, um auch denen in diesem Jahr eine Teilnahme zu ermöglichen, die sonst draußen bleiben müssten. Mittelfristig können wir nichts anderes machen als mit dem Platz auszukommen, den wir haben. Wenn wir wachsen können, dann nur in sehr kleinem Umfang. Wir müssen ja jetzt schon 300 Boote für die Messe umparken. Die im Hafen ansässigen Firmen bringen ein großes Opfer. Und das in einem Moment, in dem die Werften und die Refit-Unternehmen in ihrer Hauptsaison sind.

Wäre es nicht eine Möglichkeit, die Messe auf den Herbst zu verlegen?

Das wäre keine sinnvolle Option. Die Branche ist der Meinung, dass die Messe zeitlich sehr günstig liegt. Als wir begonnen haben, die Messe zu diesem Zeitpunkt zu veranstalten, war das deutlich außerhalb der Saison. Inzwischen ist das anders. Es ist die letzte Messe im Reigen der internationalen Schauen. Das ist ein exponierter Zeitpunkt, auch für den Verkauf und die Auslieferung von Booten. Bei uns können Boote, die zunächst nur im Trockendock gezeigt wurden, bereits im Wasser besichtigt werden. Und auch für das Superyacht Village ist der Zeitpunkt gut. Die Messen im Herbst und Winter sind eher für die Standorte geeignet, an denen die Boote hergestellt werden. Das ist hier nicht der Fall, hier ist es eher die Pflege und die Reparatur.

Was bewegt die Branche?

Wie geht es der Branche zurzeit?

Wir sind in einem komplizierten Moment. Nach der Coronapandemie gab es einen enormen Boom, den man vielleicht nicht richtig eingeschätzt hat. Denn es war keine solide Tendenz. Alle Werften produzierten plötzlich viele Boote zu hohen Preisen. Im vergangenen Jahr merkte man dann, dass dieser Boom nicht real war, vor allem bei den kleinen und mittelgroßen Booten. Die großen Yachten betrifft das weniger, weil davon viel weniger gebaut werden. Von den kleineren Booten blieben plötzlich viele übrig, es mussten Produktionsstätten geschlossen werden. Die Aussteller brauchen dringend Verkäufe, deshalb ist die Messe dieses Jahr vielleicht noch wichtiger als sonst.

Für die Kunden ist es also ein guter Moment, um zu kaufen?

Die Preise werden sinken, es wird attraktive Angebote geben. Allerdings ist das Preisniveau sehr hoch. Die Materialien haben sich mit Corona extrem verteuert.

Das Superyacht Village ist fast schon eine eigene Messe in Palma. Was gibt es dort zu sehen?

Es werden an die 75 Superyachten kommen, die größten sind rund 60 Meter lang. Und es wird einmal mehr die größte Ausstellung weltweit von Segelbooten über 25 Metern geben, wir haben etwa 40 dieser Boote hier. Das ist ein sehr exklusives Produkt, das auf den anderen Messen kaum funktioniert. Diese Boote sind echte Juwelen, technologisch sehr aufwendig.

Wie steht es um die Nachhaltigkeit?

Was tut sich an der Nachhaltigkeitsfront?

Es wird viel über Elektroboote und Hybridantrieb geredet, aber das nachhaltigste aller Boote ist das Segelboot. Ich habe nur wenig Entwicklungen beim Elektroboot bemerkt im vergangenen Jahr. Die Fortschritte fanden eher im Hybrid-Bereich und vor allem bei den Dieselmotoren statt, die inzwischen kaum noch Emissionen ausstoßen. Es werden Elektroboote gebaut, aber keine Werft setzt wirklich auf das Thema. Es ist kompliziert: Das Salzwasser ist Gift für die Batterie, die Batterie erfordert ein deutlich schwereres und stabileres Boot, das somit deutlich teurer wird. Und die Reichweite ist ein Problem. Ein Boot ohne Ladung bleibt einfach im Meer liegen. Elektroboote werden kommen, aber es dauert.

Die Boat Show feiert 40-jähriges Bestehen. Wie war das damals, als in Port d’Alcúdia 1984 alles begann?

Die Messe wurde damals von Unternehmern aus der Branche angekurbelt, es gab vom ersten Moment an eine gute Zusammenarbeit von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Die Regierung verstand, dass eine solche Messe dazu beitrug, die Destination Mallorca zu verkaufen. Und die Messe wurde direkt im Hafen veranstaltet. Man hielt die Organisatoren damals für verrückt, dass sie neue Boote für die Messe ins Wasser ließen. Das tat sonst niemand. Nach einem Jahr erfolgte bereits der Umzug nach Palma an den Dic del’Oest, das war aber zu weit weg von der Stadt. Und 1993 zog die Messe dann an den heutigen Standort an der alten Mole, die damals sehr heruntergekommen war, aber mitten in der Stadt lag. Da lagen fünf alte Fischerboote und die Infrastruktur war verrostet. Aber es war klar, dass dieser Standort viel Potenzial hat.

Wie steht es um die Zukunft der Messe?

Nach Corona sind Messen etwas aus der Mode gekommen. Wie sehen Sie die Zukunft der Boat Show?

Derzeit wollen 92 Prozent der Aussteller wiederkommen, das ist eine sehr gute Quote. Solange verkauft wird, wird es weitergehen. Allerdings sind Messen in Zukunft immer weniger nötig, weil die Firmen so viele andere Möglichkeiten haben, ihre Produkte zu verkaufen, wie etwa mit Marketing in den sozialen Medien. Ich glaube, dass die großen Messen bleiben, aber es gibt bereits Aussteller, die das Konzept hinterfragen. Die Kosten für die Firmen sind so hoch, dass sie sehr viel verkaufen müssen.

Das heißt, in 40 Jahren wird es die Messe nicht mehr geben?

Sie wird sich zumindest deutlich verändern müssen. Die Pandemie und technische Möglichkeiten wie das mobile Arbeiten haben ganz neue Vermarktungsmodelle eröffnet, bestehende werden überdacht. Die Werften könnten die Kunden eine Woche zu sich einladen. Es sind bereits Messen eingestellt worden.

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