Chema Sans ist ein ganz alter Hase bei der Palma International Boat Show. Seit mehr als 30 Jahren organisiert er die Wassersport-Schau auf Mallorca inzwischen, in diesem Jahr steht die 39. Ausgabe an. Sans kann wohl auch deshalb nur wenig aus der Ruhe bringen.

Wenige Tage vor der Eröffnung nimmt er sich für das Gespräch mit der MZ viel Zeit, zwischendrin klingelt bestimmt acht Mal sein Handy. Um ihn herum kracht und knallt es, überall bauen Arbeiter die Messe auf. „Da darf man sich gar nicht einmischen, man muss die machen lassen“, hat der Mallorquiner in den drei Jahrzehnten Organisation gelernt.

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271 Aussteller, 600 Schiffe: Wie stellen Sie ein solch riesiges Event auf die Beine?

Wir sind als Team schon so eingespielt, dass es wenige Probleme gibt. Trotz der Routine haben wir aber jedes Jahr ein paar kleinere Herausforderungen zu meistern. Diesmal haben wir beispielsweise so große Boote wie nie zuvor, weshalb wir ein wenig Tetris spielen müssen, um sie an den Anlegestellen unterzubringen. Außerdem können weniger Aussteller kommen, wenn die Schiffe größer werden. Wir haben nun mal nicht mehr Platz. Auch die Sicherheitsvorgaben werden jedes Jahr strenger. Man darf ja nicht vergessen, dass wir einen Hafen für 300 Boote innerhalb eines Hafens aufbauen, der voll in Betrieb ist. Die Firmen, die hier regulär untergebracht sind, machen in dieser Zeit ganz schön viel mit.

Aufgebaut wird die Messe seit dem 8. April, aber wie lange sind Sie wirklich mit der Boat Show beschäftigt?

Das ganze Jahr. Wenn eine Boat Show zu Ende gegangen ist, machen wir die Abrechnungen. Im Juni bin ich dann schon damit beschäftigt, die Pläne für das folgende Jahr auszuarbeiten, die im September vorgestellt werden. Zwischen Juni und September muss ich das gesamte Projekt auf die Beine stellen. Ab September präsentieren wir die Messe dann in Monaco, Cannes, Barcelona, Amsterdam, Miami, Fort Lauderdale oder Düsseldorf. Das Jahr ist eigentlich nicht lang genug, um all das zu organisieren.

Wobei Sie die Show nicht mehr groß vorstellen müssen. Sie ist ja international bekannt und etabliert.

Das stimmt. Vor allem seit 2013, dem Jahr, seit dem wir mit dem Broker Viva zusammenarbeiten. Dadurch haben wir die Messe deutlich internationaler ausrichten und viel besser definieren können, als das vorher der Fall war. Wir haben es inzwischen vor allem mit einer Messe der größeren Schiffe zu tun, weil die Aussteller verstanden haben, dass Mallorca eine Anlaufstelle für große Yachten ist.

Wie ist es dazu gekommen?

Palma ist ein strategisch günstig gelegener Ort im Mittelmeerraum und hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Standort für Repair und Refit entwickelt. Die Werften und Yachteigner werden durch die Messe auf Mallorca aufmerksam. Auch gibt es auf der Insel Firmen mit einer hervorragenden technologischen Ausrüstung. Und nicht zu vergessen: Das Umfeld zum Segeln oder Motorbootfahren ist sehr attraktiv. Selten kommt das alles zusammen.

Welche Bedeutung haben die Superyachten für Mallorca?

Eine sehr große. Nicht nur, dass die Chartergäste auf die Insel kommen und viel Geld ausgeben in Hotels, Restaurants und dem Einzelhandel. Wichtig ist vor allem, dass mit den Schiffen eine eigene Branche auf der Insel entstanden ist, mit spezialisierten Unternehmen, hoch qualifizierten Arbeitskräften und hohen Gehältern. Diese Eigenschaften machen sie zu einer strategischen Branche. Es ist eine der wichtigsten Branche, um eine Monokultur im Tourismus zu verhindern. Die Firmen in diesem Bereich sind international bekannt und hochgeschätzt. Große wie kleine.

Nach der Corona-Pandemie gab es einen regelrechten Boom bei den Superyachten. Der scheint sich etwas abzukühlen.

Der Branche geht es gut, auch wenn die Rahmenbedingungen mit den überall drastisch gestiegenen Preisen nicht unbedingt günstig sind. In diesem Jahr bewegt sich die Branche ungefähr auf dem Niveau von 2019 oder etwas darüber. Es sieht so aus, dass die Geschäfte umso besser laufen, umso größer die Schiffe sind. Aber auch kleinere Schiffe werden weiterhin gut nachgefragt. Die Werften arbeiten momentan mit einer Wartezeit für die Kunden von eineinhalb bis zwei Jahren. Ein Markt, der unmittelbar vor der Pandemie ganz schön zu leiden hatte, hat sich in einen sehr dynamischen Markt gewandelt. Es werden zu wenige Schiffe gebaut, weshalb diese wenigen sehr teuer sind.

Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit dieser Schiffe aus?

Vor allem bei neuen Motoren und Antriebsformen tut sich sehr viel. Die Motorboote haben sich immer sehr stark an der Automobilindustrie orientiert. Momentan gibt es eine regelrechte Revolution in Bezug auf Design, Mechanik und die Entwicklung nachhaltigerer Motoren. Bei den Segelschiffen tut sich weniger, sie halten aber ihren Marktanteil. Schließlich sind sie ja schon jetzt komplett umweltfreundlich.

Welche Tendenzen sehen Sie noch im Wassersportbereich?

Immer wichtiger werden beispielsweise mobile Boote, die so leicht und kompakt sind, dass man sie nach Hause mitnehmen kann und damit keinen teuren Liegeplatz benötigt. Immer mehr im Kommen sind auch Zusammenschlüsse von mehreren Personen, die sich gemeinsam ein Boot teilen, weil sie erkannt haben, dass nicht jeder sein eigenes Boot braucht. Das sind vor allem die jungen Leute, die hier einen Bewusstseinswandel einbringen. Die älteren Semester haben immer noch gern ihr eigenes Boot. Der Markt wird sich an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen, die auch durch die allgemeinen Preissteigerungen bedingt sind. Es ist nicht nötig, dass jeder sein eigenes Boot besitzt. Manche Boote werden nur zwei Monate benutzt, den Rest des Jahres liegen sie in den Häfen. Ein Wechsel der Gewohnheiten ist positiv, weil sich die Branche dadurch weiterentwickelt und die Ressourcen besser genutzt werden. Die Wassersportbranche muss sich wie die Autobranche viel nachhaltiger aufstellen.

Meinen Sie damit, dass sich nicht genug bei der Nachhaltigkeit tut?

Doch, das Thema ist sehr präsent. Es gibt Elektromotoren, Hybridmotoren und inzwischen auch Wasserstoffmotoren. Aber es ist noch sehr viel zu tun, es fängt gerade erst an. Das Meer ist nun einmal keine Straße. Die Batterien sind schwer und führen dazu, dass das Schiff schwerer wird. Lithiumbatterien und Salzwasser sind noch dazu absolut inkompatibel. Parallel werden die Verbrennungsmotoren immer besser, inzwischen gibt es Motoren, die so gut wie gar nicht mehr verschmutzen. Man muss ja auch sehen, dass Elektroboote nicht beliebig viel Reichweite haben. Hinzu kommt, dass sich auch die Häfen auf die neuen Antriebsformen einstellen und potente Ladestationen bereithalten müssen. In der Branche gibt es eine große Sensibilität für die Umwelt und den Naturschutz. Das hat man oft anders kolportiert. Aber die Leute, die auf dem Meer unterwegs sind, gehen sehr bewusst mit der Umwelt um, weil es das ist, was das Vergnügen erst ausmacht. Es würde mir nie einfallen, auch nur ein Stückchen Plastik ins Meer zu werfen. Wobei es natürlich auch Ausnahmen gibt, es sind ja heutzutage viel mehr Menschen auf dem Meer unterwegs als früher.

Und das hat negative Folgen.

Ja, hat es sicherlich. Aber auch positive Folgen. Die Boote werden immer sicherer, die Preise sind niedriger, als wenn nur wenige Menschen Wassersport betreiben würden.

Nächstes Jahr wird die Boat Show 40. Wie geht es weiter?

Das wissen wir noch nicht genau. Die Boat Show hat nun mal das Handicap, dass sie nicht wachsen kann. Aber wir brauchen eigentlich schon kurzfristig eine Erweiterung, um nicht am eigenen Erfolg zugrunde zu gehen. Jedes Jahr muss ich Kunden ausladen. Wir könnten ein größeres Angebot liefern, sind aber sehr limitiert. Wir müssen die Behörden davon überzeugen, dass wir mehr Platz brauchen. Es gibt Mittel und Wege dazu, die zu analysieren sind. Vielleicht geht es mithilfe schwimmender Molen. Alle, die an dem Thema beteiligt sind, müssen verstehen, dass wir etwas mehr Platz brauchen.

Wie sieht es denn mit der Unterstützung vonseiten der Politik aus?

Die Politik und die Parteien, egal welcher Couleur, haben verstanden, dass der Wassersport eine Schlüsselbranche für die Inseln ist. Auch die Hafenbehörde hat uns nie Steine in den Weg gelegt, genau wie die Fischer. Wir stören sie ja eigentlich über Gebühr und bauen ihnen deshalb weiter außerhalb eine eigene Mole auf. Aber wir bringen immerhin auch 35.000 Besucher nach Palma. Hinzu kommen die Aussteller, es gibt kaum noch Hotelzimmer für diesen Zeitraum. Und es sind alles Gäste, die viel Geld hier lassen.