Mallorca ist in Zeiten der Pandemie für viele Deutsche weiterhin der Sehnsuchtsort Nummer eins. Nirgends wird das so deutlich wie in den sozialen Netzwerken, wo Dutzende dieser Tage posten, dass sie bereits für den kommenden Sommer einen Urlaub auf der Insel gebucht haben. „Auch für August gebucht! 2 Wochen Paradies. Es MUSS klappen, die Mallorquiner müssen wieder auf die Beine", schreibt eine Frau bei Facebook. Eine andere bangt: „Wir haben uns getraut und für 19.6. gebucht. Wir hoffen so sehr, dass es dieses Jahr klappt!" So mancher hat gleich mehrfach gebucht, wie diese Userin: „Die Ferienwohnung ist für Juni und September gebucht? Wir haben Gott sei Dank die BESTEN Vermieter, die einen Rücktritt jederzeit akzeptieren. Für Juni bin ich mehr als skeptisch, aber für September voller Hoffnung."

Hin und wieder mischt sich auch eine skeptische Stimme unter die Hoffnungsfrohen: „Drücke allen, die gebucht haben, die Daumen, aber ich glaube nicht dran, dass es dieses Jahr was gibt mit Urlaub", antwortet ein Schreiber.

Dass es tatsächlich auffällig viele Frühbucher sind, die auf Mallorca setzen, will die Reisebranche so allerdings noch nicht uneingeschränkt bestätigen. Skeptisch zeigt sich Schauinsland. Hier heißt es, die Buchungszahlen seien „in Ordnung". Andreas Rüttgers, touristischer Leiter beim Duisburger Unternehmen, sagt aber auch: „Im direkten Vergleich zu anderen Zielgebieten - wie den Kanaren, Griechenland oder der Türkei - ist die Buchungslage für Mallorca deutlich zurückhaltender." Was daran liegen könne, dass man die Kunden mit „deutlich reduzierten Preisen" zum Buchen bewegen müsse - was bei Schauinsland zumindest derzeit nicht der Fall sei. Außerdem, merkt Rüttgers an, habe Mallorca durch anhaltend hohe Preise bereits in der Vergangenheit viele Kunden an andere Ziele, wie etwa Griechenland, die Türkei oder Bulgarien verloren - und denen habe es dort auch gefallen.

Nachholeffekt als Faktor

Positiver schätzt der DRV, der Dachverband der deutschen Reisebranche, die Aussichten für Mallorca ein. „Wir gehen davon aus, dass es einen gewissen Nachholeffekt in diesem Jahr geben wird", schreibt die Sprecherin des DRV, Kerstin Heinen, der MZ auf Anfrage. Spanien - und da im Speziellen Mallorca - spiele eine große Rolle bei den Frühbuchungen. Hinzu kommen noch zahlreiche Buchungen aus der Vorsaison, die auf dieses Jahr verschoben wurden. Bei FTI sieht es ähnlich aus. Der MZ schreibt der Leiter für Spanien, Manuel Morales, von einem „deutlichen Anstieg der Nachfrage für Mallorca im Sommer 2021", vor allem aufgrund flexibler Stornobedingungen. „Auch der Start der Impfungen wirkt sich positiv auf die Buchungsnachfrage aus." Ähnliches Bild bei DER Touristik. Spanien-Leiter Nils Lübbe teilt der MZ mit: „Wir sehen im Moment positive Tendenzen für Mallorca, die Buchungen ziehen an." DER Touristik bietet in diesem Jahr 50 neue Hotels auf den Balearen an.

Von der Tui heißt es, dass die Zugriffszahlen auf die Website dieser Tage hoch seien und eine spürbare Nachfrage nach Reisen festzustellen ist. Mallorca nehme eine wichtige Rolle ein, auch bei den Neubuchungen, schreibt eine Sprecherin. Speziell für Mallorca werde die Aktion „Kinderfestpreise ab 99 Euro" stark nachgefragt. Mit einem Schub an Neubuchungen rechne man ab dieser Woche, wenn die neuen sogenannten Flex-Tarife gelten, so die Sprecherin. Bei einer Reise bis 2.000 Euro kann für 39 Euro Aufpreis die Reise bis 14 Tage vor Beginn kostenfrei storniert werden. Bei einer Reise bis 4.000 Euro kostet der Aufpreis 69 Euro. Bis Ende Januar gibt es den Flex-Tarif bei Neubuchungen gratis dazu.

Ohnehin gehen die potenziellen Urlauber in diesem Jahr mit ihren Buchungen kein großes Risiko ein, denn die Pandemie hat in der gesamten Branche die Stornobedingungen deutlich zugunsten des Verbrauchers verschoben. Viele Hotels bieten zwei verschiedene Tarife an, der etwas teurere beinhaltet meist die Möglichkeit, noch bis wenige Tage vor Antritt der Reise zu stornieren.

Bessere Stornobedingungen

Und auch Pauschalreisen sind nicht nur bei der Tui inzwischen viel einfacher stornierbar - und dürften es laut der Anbieter auch in Zukunft bleiben. So haben viele große deutsche Reiseveranstalter ihre Bedingungen flexibilisiert. FTI etwa bietet für Buchungen, die vor dem 1. Februar getätigt werden, eine kostenfreie Stornierung mit Geld-zurück-Garantie bis 14 Tage vor Reiseantritt an. Alltours lockt Urlauber mit dem Versprechen, dass bis zum 15. März alle Pauschalreisen mit festen Preisen, die zwischen Anfang April und Ende Oktober 2021 stattfinden sollen, kostenlos umgebucht oder storniert werden können.

Etwas schwerer tut man sich auf dem Markt der Finca-Vermietung mit der Flexibilität. Hier scheitert es häufig an der konservativen Ausrichtung der Eigentümer, wie Benjamin Schleining, der Geschäftsführer von Fincallorca am Telefon berichtet. Viele Besitzer der Fincas kalkulieren bereits lange im Voraus fest mit den Einnahmen aus der Vermietung und haben dementsprechend Vorbehalte gegenüber flexiblen Storno-Modellen.

Doch Fincallorca habe es immerhin geschafft, so Schleining, dass zwei Drittel der Eigentümer sich bei Verhandlungen diesen Winter auf neue Stornobedingungen eingelassen hätten. „Wir wollten die Kunden mit einer längeren kostenlosen Stornierung abholen. Es hat ja keinen Sinn, wenn die Eigentümer fest auf ihrer Position verharren, ihr Haus aber dann überhaupt nicht vermieten können, weil die Nachfrage fehlt", sagt Schleining. Das hätten die meisten Vermieter im Endeffekt auch so gesehen. Die neuen Bedingungen sehen vor, dass Urlauber bis zu 28 Tage vor Reiseantritt ihre Finca kostenlos stornieren können. Das Angebot gilt zunächst bis zum 28. Februar.

Seit diese Bedingungen nun beworben werden, steigt laut Schleining auch die Nachfrage nach den Häusern spürbar an. „Wir sehen, dass der Bedarf nach Urlaub da ist. Die Pfingstferien laufen bisher noch etwas verhalten, aber der Sommer ist schon gut nachgefragt." Da machten sich sicher ebenfalls die aus dem vergangenen Jahr verschobenen Buchungen bemerkbar. Mit Engpässen rechnet Schleining nach derzeitigem Stand allerdings nicht. „Sicher kann es sein, dass etwa die eine Wunschfinca im Sommer nur noch eine freie Woche aufweist. Aber generell gibt es zurzeit noch genügend Angebot."

Ostern wohl noch nicht

Ab wann Reisen überhaupt wieder mehr oder weniger ohne Hindernisse möglich sind, ist weiterhin unklar. Auf Mallorca geht man in der Branche nicht davon aus, dass zu Ostern mit einer massiven Ankunft von Urlaubern zu rechnen ist. Auch der Tourismus-Beauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU) erklärte Anfang der Woche, vom Osterurlaub könne man sich wohl bereits verabschieden. „Ich glaube, dass Reisen etwas ist, das die nächsten zwei, drei Monate noch sehr schwer vorstellbar ist", sagte er am Montag bei RTL und ntv. Ab den Pfingstferien dürfte Besserung eintreten. Und für Sommer hofft Bareiß auf einen „ganz großen Reisezeitraum", weil dann die meisten Menschen geimpft sein dürften.

DRV-Verbandspräsident Norbert Fiebig äußerte sich in einem Interview mit dem „Tagesspiegel" am Montag (11.1.) ebenfalls optimistisch, dass der Sommer-Urlaub auf Mallorca stattfinden könne. Die Impfungen sind der große Hoffnungsschimmer für die Reisebranche.

Das Tempo der Impfungen lässt indes zu wünschen übrig - auch auf Mallorca. Die Präsidentin der Hoteliersvereinigung der Playa de Palma, Isabel Vidal, trat am Freitag (8.1.) mit einem Appell an die Politik vor die Mikros. Die Quellmärkte gingen die Impfkampagne deutlich engagierter an als die Balearen. Deshalb müsse man auf den Inseln „von Montag bis Sonntag impfen, 24 Stunden rund um die Uhr". Vidal wurde deutlich: „Wenn die Impfungen nicht Fahrt aufnehmen, wird es keinen Tourismus geben und die Wirtschaft auf den Balearen wird den Bach hinuntergehen."