Herbstzeit ist auf Mallorca Fira-Zeit. Wöchentlich stehen in den Inseldörfern Landwirtschaftsmessen an (siehe unten). Und auch die Wochenmärkte sind bei den milden Temperaturen besser zu ertragen als in drückender Sommersonne. Dabei gibt es viel zu entdecken: Sei es durch Corona oder das wachsende Bewusstsein der Inselbevölkerung für Nachhaltigkeit und Qualität – die Märkte und Messen sind im Wandel, die Veranstalter müssen umdenken.

Polyester-Wäsche für 2,99 Euro? Plastikartikel, die es auch beim China-Laden nebenan gibt? Nein, das ist nicht das, was die Menschen wollen, wenn sie den Wochenmarkt in Algaida besuchen. Immer freitagvormittags bauen hier etwa ein Dutzend Händler ihre Stände auf. Dann kommt die Hausfrau zum Zuge, die ihr halbes Pfund Kartoffeln lieber abgewogen statt im Supermarkt abgepackt kaufen möchte, oder der Fincabewohner von außerhalb, der den Markttag nutzt, um Besorgungen im Ort zu machen, und nach originellen Qualitätsprodukten sucht. Je nach Jahreszeit zieht es auch den ein oder anderen Touristen in das Dorf im Inselinneren. „Es ist ein kleiner, sehr persönlicher Markt“, meint Margarita Fullana, Gemeinderätin für Ortsentwicklung. Viele Standbetreiber kämen schon seit mehreren Jahrzehnten Woche für Woche auf den Dorfplatz, um ihre Ware anzupreisen. Man kennt und mag sich.

Und doch sei es Zeit für frischen Wind, finden Fullana und ihre Kollegen im Rathaus. Im Juli machten sie eine Umfrage unter den Marktbesuchern, Händlern und den Betreibern der angrenzenden Bars und Geschäfte. 319 Personen nahmen teil. „Wir wollten wissen, was die Menschen wirklich von einem Markt erwarten und was sich verbessern lässt.“

Handgefertigte Unikate statt Massenware aus Asien kommen gut an. Bendgens

Secondhand und einzigartig

Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Menschen wollen mehr ökologische Produkte, mehr Kunsthandwerk, mehr Dinge von der Insel, die es nicht überall zu kaufen gibt, und mehr Secondhandware. Es ist ein Trend, der auch über die Grenzen von Algaida hinaus zu beobachten ist. Tante-Emma-Läden auf der ganzen Insel haben während der Ausgangssperre Zulauf von Kunden verzeichnet. Lokale Ketten wie Agromart, die sich auf gesunde Inselprodukte spezialisieren, setzten zu Höhenflügen. Und natürlich auch die Märkte wurden wertgeschätzt, wenn sie denn stattfinden durften.

„Durch die Corona-Pandemie haben viele Menschen ihr Konsumverhalten reflektiert und die kleinen Betriebe und Anbieter wieder mehr schätzen gelernt“, so Margarita Fullana. Das Rathaus in Algaida will aus den Umfrageergebnissen direkte Konsequenzen für die Gestaltung der Märkte im Ort und im Nachbardorf Pina ziehen: Man will ab sofort gezielt neue Händler anwerben. „Und bei der Auswahl schauen wir genau darauf, dass die Produkte dem entsprechen, was die Menschen wollen.“

Dass Märkte und Messen im Wandel sind, zeigt auch das Beispiel Llucmajor: Am vergangenen Wochenende wurde hier erstmals ein Markt mit dem Schwerpunkt nachhaltige Mobilität veranstaltet – und die Leute kamen in Scharen. Auch beim dortigen Schnäppchenmarkt am Samstag (9.10.) erwarten die Betreiber regen Andrang. Ebenso der Rata Market, der bereits seit 2015 an verschiedenen Orten auf der Insel Qualität und Selbstgemachtes propagiert und als Vorreiter für Nachhaltigkeit gilt. Auch er lockte Ende September erstmals seit Corona wieder zahlreiche Marktliebhaber an.

Klar: Allein schon weil sie größtenteils unter freiem Himmel stattfinden, sind Märkte und Messen grundsätzlich mit der neuen Normalität gut zu vereinbaren. Die aktuellen Restriktionen, die im jüngsten Amtsblatt der Balearen-Regierung vom 4. Oktober nachzulesen sind, beeinträchtigen die Organisation fast überhaupt nicht mehr.

Kaum noch Restriktionen

Zwar ist es den Veranstaltern und Teilnehmern weiterhin untersagt, Theken im Freien aufzustellen. Zudem müssen Verkäufer – genau wie das Personal von Restaurants und Läden – zu jeder Zeit eine Maske tragen. Und auch die Besucher sind dazu verpflichtet, sofern sie keinen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern wahren können. Außerdem heißt es: „Die Organisatoren müssen garantieren, dass sich keine riskanten Menschenansammlungen bilden.“ Doch eine maximale Besucheranzahl gibt es für diese Veranstaltungen nicht mehr. Selbst Volkstänze sind unter Berücksichtigung der Hygieneregeln wieder erlaubt. Für größere Spektakel wie in die Märkte integrierte Konzerte empfiehlt die Landesregierung, den Einlass durch Reservierungen zu regulieren.

Nur einige wenige Gemeinden entschieden daher, ihre firas in diesem Herbst noch einmal ausfallen zu lassen. So wie beispielsweise Capdepera: Die inselweit beliebte Goldmakrelenmesse (Fira de la llampuga) in Cala Ratjada wird es in diesem Jahr nicht geben, allein auf einer Tapasroute der Lokale sollen die Fischliebhaber auf den Geschmack kommen. Viele andere Messen jedoch starten in diesem Herbst nach der Zwangspause im vergangenen Jahr durch.

Allen voran in der Stadt Inca, die traditionell die mit Abstand größte Messe der Insel veranstaltet. 200.000 Menschen kamen im Vor-Corona-Jahr 2019 beim Dijous Bo, dem „Guten Donnerstag“, zusammen. „Früher haben wir den Erfolg immer an der Höhe der Besucherzahl gemessen. Das ist jetzt natürlich anders“, sagt Simona Payeras. Die Stadträtin ist federführend an der Organisation des Dijous Bo beteiligt. „Natürlich haben auch wir überlegt, dieses Jahr noch einmal auszusetzen. Aber der Dijous Bo ist wichtig für unsere Anwohner und die Einzelhändler. Wegen ihm ist der Herbst bei uns die wahre Hauptsaison.“

Ordnung statt Gedränge

Wahlloses Gedränge in den Straßen, wie es einst charakteristisch für den „Guten Donnerstag“ war, wird es in diesem Jahr nicht geben – hoffen die Veranstalter zumindest. „Die Aussteller und Aktivitäten werden viel breiter über das Stadtgebiet verteilt als sonst. Es konzentriert sich nicht mehr alles aufs Zentrum.“ Außerdem habe die Stadt „einen riesigen Batzen Geld“ investiert, um einen privaten Sicherheitsdienst einzustellen, der dafür sorgen soll, dass alles coronakonform abläuft. „Generell ist die Organisation des Events dieses Jahr viel geordneter, wenn man so will sehr deutsch“, sagt Simona Payera und schmunzelt. „Das können wir durchaus in den kommenden Jahren beibehalten.“ Und etwas Positives hätten die Corona-Auflagen ja auch: Die Massen an Jugendlichen, die den Dijous Bo ähnlich wie auch andere Dorffeiern vor allem als Anlass sehen, sich zu betrinken, werden es in diesem Jahr wohl schwerer haben. Die Stadtparty am Vorabend (Dimecres Bo) entfällt.

Aber immerhin gibt es in Inca mehrere Probeläufe vor dem großen Event am 18. November: An den drei Wochenenden davor finden auch die traditionellen, thematisch gegliederten Vormessen wieder statt: die Erdmesse mit landwirtschaftlichen Produkten (30.10.), die Sport- und Freizeitmesse (6.11.) und die mittelalterliche Messe (13.11.). „Im Verlauf dieser Veranstaltungen werden wir sicherlich noch den ein oder anderen Aspekt beobachten, den wir dann am Dijous Bo verbessern können.“

Adiós Trecker und Pflüge

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Nicht dabei sein werden in diesem Jahr die Aussteller großer landwirtschaftlicher Maschinen. Weder in Inca noch auf anderen firas der Insel können in diesem Jahr die Trecker, Pflüge und Sämaschinen bestaunt oder von Kindern erklommen werden. Dabei waren diese ursprünglich eng mit der fira-Tradition verknüpft – die Herbstmessen dienten einst den Landwirten der Insel als Zusammentreffen, zum Abschließen von Handelsabkommen und eben auch zum Kauf und Verkauf von Arbeitsgeräten. Erst in den vergangenen Jahrzehnten bekamen die Messen mehr und mehr Volksfestcharakter und die Bauern rückten in den Hintergrund. So sehr, dass die Maschinenhersteller sich nun ganz zurückziehen. „Wir verlieren Geld und Zeit und gewinnen dabei gar nichts mehr, und viele Gemeinden haben den Aufwand auch nicht zu schätzen gewusst“, äußerte sich ein Branchensprecher im September in den Inselmedien. Klar: Die Maschinen begeisterten zwar die kleinen fira-Besucher, zahlkräftige Abnehmer fanden sich aber nicht mehr. Die Nachfrage bestimmt eben das Angebot – auf dem kleinen Wochenmarkt genau wie auf der Mega-Fira.

Hier ist was los

  • XVIII. Fira del Ví Pollença, Weinmesse, 9. Oktober, (10-20.30 Uhr), 10. Oktober (10-14 Uhr), Gelände von Can Conill, Eintritt: 15 Euro (5-Euro-Gutschein für Weinkauf, Weinglas inklusive)
  • XXVI. Fira de la Serra de Tramuntana, Mallorquinisches Kunsthandwerk, 9./10. Oktober, 10-18 Uhr, Kloster Lluc, Escorca
  • Fires de Llucmajor, Schnäppchenmarkt, 9. Oktober; Kunsthandwerkermarkt, 10. Oktober, jeweils 10-20 Uhr, Passeig de Jaume III 
  • Mercado de Artesanos in Cala Ratjada, Kunsthandwerkermarkt, im Rahmen der Gastroveranstaltung, „Ruta de les tapes de llampuga“, 10. Oktober, 11-15 Uhr, Plaça Castellet
  • XIII. Fira Oportunitats & Outlet, Schnäppchenmarkt mit Livemusik und Kinderanimation, 9. Oktober, 10–21 Uhr, Avda. Primavera, Colònia de Sant Jordi.