Ab Juni 2022 geht es von Mallorca nach New York. Die Fluggesellschaft United Airlines will dann Direktflüge anbieten. Dabei ist es nicht das erste Mal, dass die Insel mit der US-Metropole verbunden wird: Schon vor rund 90 Jahren fuhren Schiffe zwischen Mallorca und den USA, wenn auch zunächst nicht im Rahmen einer regelmäßigen Verbindung.

Das Symbol der Ankunft: die Freiheitsstatue. DM

Anfang der 30er-Jahre ließ die US-amerikanische Reederei Export Steamship Corporation vier ihrer sechs Schiffe zwischen dem Mittelmeer und den Vereinigten Staaten pendeln. Die „Excambion“, die „Exeter“, die „Exochorda“ und die „Excalibur“ machten dabei zwischen 1932 und 1936 mehrfach in Palma de Mallorca halt. Zu dieser Zeit waren auch die italienischen Schiffe „Cosulich Line“ und „Vulcania“ vor der Weiterfahrt nach New York auf Mallorca zu Gast.

Die „Constitution“ galt als eines der modernsten Schiffe ihrer Zeit. Hier ist sie 1966 in Palma zu sehen. | FOTO: DM

Mit dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs in jenem Jahr endete die Schiffsanbindung. Nach Kriegsende 1939 nahm der Schiffsverkehr über den Atlantik aber wieder zu. Eine israelische, eine US-amerikanische und eine italienische Reederei bedienten zu dieser Zeit die Route Palma - New York.

Die „Leonardo da Vinci“ in Palma.

In Deutschland gebaut

Ab 1953 nahm die Zim Israel Navigation Company den Betrieb zwischen den Mittelmeerhäfen und der Ostküste der USA auf. Die Schiffe der Reederei kamen erstmals Ende 1957 nach Palma, danach regelmäßig. Zwei der neun Schiffe umfassenden Flotte steuerten Mallorca an: Die „Zion“ und die „Israel“ boten Platz für jeweils 323 Passagiere. Sie waren in deutschen Werften gebaut worde und Teil der Reparationszahlungen, die Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg an Israel leisten musste. Von New York aus führte die Route nach Halifax, einer Hafenstadt in Kanada. Über weitere Zwischenstopps ging es nach Palma. Die mallorquinischen Lokalmedien berichteten stets über die „Lion“ und die „Israel“, wenn sie vor der Insel ankerten. Anfang 1961 kamen sie das letzte Mal.

Die „Michelangelo“ ankerte ebenfalls regelmäßig vor Mallorcas Küste.

Die „Michelangelo“ ankerte ebenfalls regelmäßig vor Mallorcas Küste. Manuel Aguilera

Italienische Schiffskunst

Auch die italienische Reederei Societá de Navigazione verkehrte zwischen Italien und den Vereinigten Staaten. Ab den 50er-Jahren kamen die Schiffe, die den Zweiten Weltkrieg schadlos überstanden hatten, wieder nach Palma. Das waren hauptsächlich die „Conte Biancamano“, die „Vulcania“ und die „Saturnia“. In den 60er-Jahren legte sich Società de Navigazione drei neue Schiffe zu. Die „Leonardo da Vinci“, die „Michelangelo“ und die „Raffaello“ sorgten bei ihren Besuchen im Hafen von Palma stets für einen großen Andrang von Schaulustigen.

Die „Leonardo da Vinci“ hatte ihre Jungfernfahrt 1960, erstmals in Palma war sie am 6. März 1962. Das prunkvolle Schiff hatte eine Wasserverdrängung von 33.340 Tonnen und konnte 1.326 Passagiere befördern. Die „Michel- angelo“ und die „Raffaello“ waren als Schwesterschiffe für weite Strecken über den Atlantik konzipiert worden und galten für die damalige Zeit ob des Designs und der Größe als hochmodern. Ein besonderes Merkmal waren die Schornsteine, die so gebaut waren, dass der Rauch nicht auf die Decks zog. Die 1.775 Passagiere konnten sich in drei verschieden Klassen einbuchen. Beide Schiffe hatten eine Länge von 275 Metern, die Reisegeschwindigkeit lag bei maximal 26,5 Knoten. Angetrieben wurden die Schiffe von Gasturbinen.

Die „Michelangelo“ ging im Mai 1965 in Betrieb, die „Raffaello“ zwei Monate später. Die „Michelangelo“ erreichte Mallorca als erste von beiden, am 8. September 1966. Das Datum war damals von der Regierung zum „Tag des Tourismus“ erklärt worden. Die „Michelangelo“ war dann das 200. Schiff, das den Atlantik überquerte, die Ankunft wurde groß gefeiert. Die „Raffaello“ folgte elf Tage später.

Vom Staat gefördert

Aus der Export Steamship Company wurde unterdessen die American Export Lines, sie nahm ab Anfang der 50er-Jahre wieder den Verkehr in den Mittelmeerraum auf. Zu den Stammgästen in Palma gehörten die „Independence“, die „Constitution“ und ein paar Jahre später die „Atlantic“. Die US-Behörden hatten den Bau der Schiffe zu 50 Prozent finanziert, da diese im Notfall auch in kürzester Zeit zu militärischen Zwecken für den Truppentransport umfunktioniert werden konnten. Auch sie wurden von Gasturbinen angetrieben, welche eine Geschwindigkeit von bis zu 26 Knoten erzeugten. Die Schiffe waren 208 Meter lang, bis zu 27,2 Meter breit und verdrängten 23.719 Tonnen Wasser. Bis zu 1.000 Passagiere passten an Bord.

Die „Independence“ stach erstmals am 11. Februar 1951 in See und machte sich auf in Richtung Mallorca. Nach einer 53-tägigen Kreuzfahrt erreichte sie am 27. März den Hafen von Palma. Ab dem 12. April verkehrte sie regelmäßig zwischen New York, Gibraltar, Neapel und Genua. Die „Constitution“ wurde ab dem 25. Juni auf derselben Route eingesetzt. Sie kam erstmals am 19. März 1956 auf die Insel.

Nach und nach erweiterte die Reederei den Routenplan, und die Schiffe machten Kreuzfahrten nach Madeira, Algeciras, Palermo, Casablanca sowie auch zu weiteren Häfen. Darunter war vermehrt Palma. Ende der 50er- und verstärkt in den 60er-Jahren ankerten die Schiffe vor Palma. 1960 bekamen sie dann einen neuen Anstrich: Die bislang schwarze Außenhaut wurde weiß übermalt. In diesem Jahr nahm auch die „Atlantic“ Fahrt auf der Mallorca-Route auf. Das 1953 gebaute Schiff fuhr seit 1958 regelmäßig.

Die Konkurrenz in der Luft

Ab den 60er-Jahren nahm der Flugverkehr zu, und die Schiffe verloren Passagiere an die Konkurrenz in der Luft. Zim Line verkaufte seine Schiffe Mitte der 60er-Jahre, American Export Lines stellte die Atlantik-Überfahrten 1967 ein. Ein Jahr später baute die Reederei die „Independence“ um, die fortan nur noch eine Klasse an Passagieren bediente. Am 18. August 1968 kam die „Constitution“ das letzte Mal nach Mallorca, am 1. Oktober die „Independence“.

1975 war dann auch für die italienische Reederei Schluss, sie konnte die Verluste nicht mehr ausgleichen. Das Unternehmen hatte versucht, die Lage zu retten, indem es statt dem einfachen Passagierbetrieb Kreuzfahrten anbot. Doch auch das half nichts. Die „Raffaello“ machte am 28. Februar 1975 das letzte Mal Halt in mallorquinischen Gewässern, die „Michelangelo“ am 16. Mai und die „Leonardo da Vinci“ am 31. August. Seither gab es keine Direktverbindung mehr nach New York.