Die ersten Strahlen der Sonne tauchen die Weinfelder in ein warmes Licht. Harte Arbeit sieht dadurch beinahe aus wie ein Postkartenmotiv. Seit 6.30 Uhr stehen sieben Arbeiter und deren Chefin zwischen Weinreben, knipsen die Früchte ab und legen sie in Körbe. Giró ros ist eine einheimische Sorte, die sich vergleichsweise leicht ernten lässt. Die violetten Trauben, die zu Weißwein verarbeitet werden sollen, sind leicht zu erkennen, verstecken sich nicht hinter den Blättern.

Und sie haben wenig Befall. „Hier sieht man, dass einzelne Trauben vertrocknet sind, aber die werden dann in der Bodega herausgefiltert“, sagt Xisca Armero und zeigt auf den Weinstock. Die 31-Jährige leitet die Arbeit auf dem Feld der Bodega Es Fangar in der Gegend von Felanitx. Die Mallorquinerin ist im Weingewerbe aufgewachsen, ihr Vater führt das Weingut Armero i Adrover. Doch sie wollte sehen, wie es außerhalb des Familienbetriebs läuft und heuerte 2021 bei Es Fangar an. Es ist ihre zweite Weinlese in dem Betrieb.

Hitze führt auf Mallorca zu frühem Beginn der Weinlese

Und die hat erstaunlich früh begonnen. „Durch die Hitze waren die Trauben eine Woche früher reif“, sagt sie. Die Hitzewellen, die Mallorca den gesamten Sommer durchlebt hat, führen generell zu einer frühen Weinlese. Sie bedeuteten außerdem Stress für die Pflanzen. Toni Bennàssar, Präsident des Winzer-Verbands DO Pla i Llevant, sagt aber, dass Rebstöcke generell Hitze und Trockenheit mögen. Die diesjährigen Trauben hätten daher eine hohe Qualität. „Es gab nur wenige Krankheiten auf den Feldern, wohl wegen der Trockenheit.“ Der Wein werde bestimmt ein guter oder sogar sehr guter Jahrgang, dem ein vergleichsweise hoher Säuregehalt Frische gebe.

Doch die Trockenheit hat auch negative Folgen: „Bodegas, die keine Bewässerungssysteme haben, fahren eine kleinere Ernte ein als in den Vorjahren“, sagt Bennàssar. Es seien gleich viele Trauben, aber die hätten weniger Flüssigkeit und damit weniger Gewicht. Bei Es Fangar werden die Pflanzen bewässert, weswegen eine ähnliche Menge wie in den Vorjahren erwartet wird. Das Weingut produziert auf 55 Hektar etwa 120.000 Liter Wein, der biologisch angebaut und vegan ist. Nur 15 Prozent davon bleiben auf Mallorca, der Großteil wird ins Ausland exportiert.

Xisca Armero hat Chemie und Agrarwissenschaften studiert. Sie überprüft die Werte der verschiedenen Rebsorten regelmäßig im Labor. Wenn der Zuckerwert hoch genug ist und die Säure schon sinkt, müssen die Trauben geerntet werden. Moscatel, Chardonnay und Viognier sind bereits abgeerntet. Später kommen noch Prensal, Cabernet Sauvignon, Mantonegro, Callet und Merlot.

Weinlese auf Mallorca: Erntehelfer im Alter von 17 bis 60 Jahren

Im Moment also Giró ros. Um 5 Uhr hat Armeros Wecker geklingelt, um 8 Uhr hat sie mit ihren Arbeitern bereits die Hälfte des 0,6 Hektar großen Felds abgearbeitet. Danach steht noch ein Teil eines weiteren Feldes an. „Im Moment arbeiten wir schnell, um möglichst viel zu schaffen, bevor es heute heiß wird.“ Ab 10 Uhr sticht die Sonne meist schon, dann müssen sie und die Männer regelmäßig Pausen im Schatten einlegen und eine Menge Wasser trinken. „Feldarbeit ist hart“, sagt Armero. „Im Sommer, weil es heiß ist, im Winter, weil es kalt ist. Die Arbeiter hier müssen am meisten durchhalten.“

Ihr Trupp im Alter zwischen 17 und 60 Jahre ist bunt gemischt. Der junge Alex, der heuer zum ersten Mal bei der Weinlese mitmacht und am Tag zuvor bis spät auf dem Dorffest in Felanitx war, wirkt schon recht müde. Der 33-jährige Pau konnte nur drei Stunden schlafen, weil ihn seine kleine Tochter bis in die frühen Morgenstunden wach gehalten hatte. Pau arbeitet bereits seit 2009 hier, der Mann aus Felanitx leitet den Trupp an. Kurz nach 8 Uhr fordert er die Männer zu einer Pause auf. Nachdem sie Wasser und Energydrinks getrunken haben, geht es weiter. Gabriel aus Galicien fängt zwischen den Reben an zu singen. „Offenbar ist er inzwischen aufgewacht“, meint er, man höre ihn auch sonst oft singen.

Es Fangar auf Mallorca: Gut ausgestattetes Weingut

Gegen 11 Uhr holt ein Lastwagen die erste Ladung Trauben ab und bringt sie in die Bodega. Von da an sind die Früchte nicht mehr Sache von Armero, sondern einer anderen jungen Frau. Die 32-jährige Cristina Madrid ist seit einem Jahr Chefin der Bodega. Hier werden die Trauben erst auf etwa acht Grad gekühlt, damit sie nicht zu früh zu stark fermentieren. Am nächsten Tag trennen Madrid und ihre Mitarbeiter mithilfe von Maschinen die Trauben von den Zweigen, sieben vertrocknete oder kaputte Früchte aus und pressen die Trauben, um für den Weißwein Traubenmost, für den Rotwein Maische zu machen.

In Es Fangar wurden früher nur Weine für den privaten Konsum hergestellt. Vor zehn Jahren weiteten die deutschen Besitzer die Produktion aus und investierten in die Bodega. Das sieht man. Madrid arbeitet in großen, gut ausgestatteten Räumen. In einem davon liegen Fässer aus französischer Eiche mit Rotwein, ein Raum weiter lagern Flaschen, auf deren Korken jeder Jahrgang gedruckt ist. Bald kommt ein Neuer hinzu. Wohl ein Guter.