Mallorca Zeitung

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Moderne und alte Technik Hand in Hand: 100 Hektar zeitgemäßes Bio-Gemüse auf Mallorca

Auf dem Hof Ca’n Caló bei Ruberts auf dem Pla de Mallorca geht Biel Torrens weit über das Konzept der ökologischen Landwirtschaft hinaus

Endlich ist das Sommergemüse reif. Biel Torrens bei der Ernte. Nele Bendgens

Vor dem Haus scharren Hühner, Küken rennen eilig hinter ihnen her. Auf dem Biohof Ca’n Caló bei Ruberts scheint auf den ersten Blick die Zeit stehen geblieben zu sein. Dass dieser Eindruck täuscht, stellt sich im Gespräch mit Biel Torrens auf dem Weg zu dem fünf Hektar großen Gemüsefeld schnell heraus. Dort ist das Sommergemüse reif. Von den Erntehelfern abgesehen, bewirtschaftet Torrens als Ein-Mann-Unternehmen rund 100 Hektar Land. Obendrein verkauft er seine Produkte selbst.

Produkte von Ca’n Caló: Gemüse, Wein, Paprikapulver und eine Sobrassada. Nele Bendgens

Torrens zählt zu den Gründern der Slow-Food-Bewegung auf den Balearen und war zeitweise Generaldirektor im Landwirtschaftsministerium. Er ist mitverantwortlich dafür, dass das Gewürz aus der spitzen Mallorca-Paprikaschote „Tap de cortí“ das Herkunftssiegel Denominación de Origen (D.O.) führen kann. Auf die Frage, was er Joan Simonet, dem neuen konservativen Landwirtschaftsminister und ehemaligen Chef des Bauern-Verbandes Asaja hält, sagt er: „Er kennt sich in der Materie aus, er steht für die industrielle Landwirtschaft, in diesem Punkt sind wir nicht einer Meinung.“ Konventioneller Hochleistungsanbau und ökologische Landwirtschaft würden sich aber dennoch ergänzen.

Innovation und Tradition

Torrens Arbeit auf Ca’n Caló reicht viel weiter, als es die Normen für den Öko-Anbau vorschreiben. Für ihn steht an oberster Stelle, dass die Landwirtschaft die Böden nicht nur nicht auslaugt, sondern sie regeneriert. Dazu bedient er sich Techniken der Permakultur, aber auch der Insellandwirte früherer Generationen, kombiniert Tradition und Innovation. Ein Beispiel: Als er sich schweren Herzens dazu entschließen musste, 600 überalterte und vom Xylella-Bakterium geschädigte Mandelbäume zu entwurzeln, reichte es ihm nicht, Hochleistungs-Jungbäume vom spanischen Festland zu pflanzen, die üblicherweise nach 25 Jahren gefällt werden müssen. Er startete einen Versuch mit Bittermandelbäumen, die auf der Insel bekannt dafür sind, als Unterlage Hitze und Trockenheit gut zu überstehen. Sind sie groß genug, wird er sie mit Edelreisig derjenigen Sorten veredeln, die früher auf Plantagen in völliger Trockenheit, dem conreu en sec, kultiviert wurden. Sie wurden an die 100 Jahre alt und lieferten reiche Ernte.

Pflanzen und Tiere leben Hand in Hand

Noch älter, bis zu 400 Jahren, können Johannisbrotbäume werden. An die 500 Exemplare hat Torrens kürzlich gepflanzt. Mandelernten müssten immer verkauft werden, sagt er, beim Johannisbrot müsse er sich keine Sorgen wegen schwankende Preise machen. Bringen die Schoten zu wenig Einnahmen, sind sie ab Herbst ein begehrtes, lagerfähiges Futter für seine rund 100 Schafe, 70 Schweine, sechs Ziegen und 16 menorquinischen Kühe. Denn, dass Hühner und Küken direkt vor seiner Tür auf einem Morgenspaziergang unterwegs sind, kommt nicht von ungefähr: „Ohne Tiere können sich die Böden nicht regenerieren“, sagt der Mallorquiner. Zudem wären früher Felder mit Pferden gepflügt worden, die viel leichter als Traktoren sind, er pflüge nur oberflächlich und mische dabei die Stauden des Sommergemüses in die Erde. Im Übrigen ginge es zurzeit vor allem darum, teures Diesel oder ökologische Düngemittel zu reduzieren.

Für diesen Ca’n-Caló-Wein werden seit fünf Jahren ausschließlich Mantonegro-Reben gepflanzt. Nele Bendgens

Das Bild auf dem Etikett seines Ca’n-Caló-Weines, für den er seit fünf Jahren ausschließlich Mantonegro-Reben pflanzt, entspräche der Wirklichkeit, sagt Torrens: Wenn die Trauben gelesen sind, macht sich die Schafherde über die Weinstöcke her. Und beim MZ-Besuch fläzen sich schwarze Schweine im Schatten einer Feigenplantage. Sie halten den Boden von Unkraut frei und fressen Feigen und Johannisbrot.

Deshalb liefern sie auch den Star unter den Produkten von Ca’n Caló: eine Sobrassada, die außer Haus mit Paprikapulver von pikanten Mallorca-Schoten hergestellt wird. Derzeit zeigen die 15.000 Pflanzen noch grüne Schoten, ab im September werden sie rot und reif sein.

Das Gemüsefeld

Auf dem Feld mit roter Erde, im mallorquinischen call vermell genannt, ist das Sommergemüse reif, die Setzlinge sind bei einer Gärtnerei groß geworden, die auf Bio und mallorquinische Sorten spezialisiert ist. Wie zum Beispiel die Weiße Aubergine (Solanum melongena bot., berenjena blanca span., aubergínia blanc kat.), Haut und Fruchtfleisch sind beide weiß, die Frucht ist kleiner und runder als die violette Aubergine. Der Geschmack ist fein und süß, sie wird auf Mallorca gefüllt, frittiert oder aber a la plancha gegessen. Hinzu kommen auf Ca’n Caló derzeit die Birnen- und Salattomaten sowie einige frühreife Ramallet-Tomaten. Letztere brauchen eigentlich den ganzen Sommer um Reife und Haltbarkeit zu erreichen.

Tomaten: Bestandteil des traditionellen mallorquinischen Sommersalats Nele Bendgens

Die helle, spitze Paprikaschote gehört, wie auch eine weiße runde Zwiebel und die Salattomate, zum klassischen mallorquinischen Sommersalat auf der Insel, dem trempó. Weil die mallorquinische Sorte, pebre ros genannt, besonders mild ist, wird sie traditionell roh gegessen. Auch die leicht spitz zulaufende rote Paprikaschote, pebre blau genannt, die dann geerntet wird, wenn sie noch grüne Farbstreifen zeigt, ist jetzt reif.

Auf den Feldern gilt das Rotationsprinzip, im Vorjahr wuchsen hier Wassermelonen, die jetzt auf einem Feld nebenan reifen. Ganz früher gedieh hier Futtergetreide ganz ohne Bewässerung. Heute kommt, sparsam mittels Tröpfchen, ein Mal die Woche Wasser an die Wurzeln, die zudem mit Plastikfolie vor dem Verdunsten geschützt sind. Der sparsame Umgang mit Gießwasser empfiehlt sich auch für die Qualität des Gemüses. Werden die Pflanzen beim Wachsen zu intensiv gegossen, schmecken auch ihre Früchte wässerig.

Dringend Wasser benötigen unterdessen jetzt drei Generationen von Truthähnen, die hinter einem Stall mit großen Gitter leben, weil sie eine beliebte Beute für die in den umliegenden Wäldern lebenden Marder und Ginsterkatzen sind.

Auch die Tiere, die in Ca`n Caló leben, brauchen viel Wasser zum Überleben. Nele Bendgens

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