Mallorca Zeitung

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Nichts für Snobs: Die Bar La Sang auf Mallorca begeistert mit Naturwein und lässiger Atmosphäre

Neben den natürlichen Tropfen gibt es in der Bar in Palma, die ein bunt gemischtes Publikum anzieht, auch feine Pop-up-Küche

Die jungen Gastgeber Lukas und Eritrea Lundgren (beide 27) sind frisch verheiratet. Nele Bendgens

Jesus hat es vorgemacht: Er brauchte für seine Weinherstellung nichts als Wasser. Bei den Tropfen auf der Karte der Naturweinbar La Sang, deren Leuchtschrift-Slogan „Jesus was a winemaker“ unter Gästen Kultstatus hat, gehört zwar ein wenig mehr dazu. Aber nicht viel. „Es liegt eine gewisse Unvollkommenheit in diesen Weinen. Das macht gerade ihren Reiz aus“, sagt Lukas Lundgren. Der Schwede, Sohn des Galeristen Stefan Lundgren, betreibt seine Bar für experimentierfreudige Weinliebhaber gemeinsam mit seiner schottischen Frau Eritrea („Trea“) Lundgren.

Ihre erste Bar an der Plaça de l’Hospital in Palma, die nicht größer war als ein Wohnzimmer, eröffneten sie 2019. Zwei Jahre später empfahl die Zeitung „El País“ La Sang als eine der zehn Top-Naturweinbars des Landes. Und diesen Sommer listete das „T Magazine“ der „New York Times“ einen Besuch als Geheimtipp auf Mallorca.

Mix aus Einheimischen und internationalen Gästen

Die Kehrseite der Popularität: Wegen des Lärms gab es Probleme mit den Nachbarn. Vor rund einem Jahr zog die Bar deshalb um, ins Viertel Arxiduc. „Wir haben dadurch ein wenig Intimität verloren. Zuvor haben wir im selben Haus gewohnt, und die Bar war wie unser Weinkeller“, sagt Trea Lundgren. Die Philosophie und das Herz hätten sich aber nicht verändert, betont ihr Mann.

Recht hat er. An einem Mittwochabend etwa begrüßt der Basset Hound Richard die Gäste an der Tür wie ein würdevoller Butler. Eingerahmt von Weinregalen, in behagliches Kerzenlicht getaucht, tafeln Grüppchen von Franzosen und US-Amerikanern an hübsch gedeckten Tischen, Lukas Lundgren berät und kredenzt Wein. Die Klientel von La Sang ist ein Mix aus Einheimischen, die lange bleiben und einen möglichst unspektakulären Hauswein mit Sobrassada-Toast bestellen, bis hin zu bewusst konsumierendem Jungvolk aus aller Welt, das spezielle Weine probieren will.

War schon das Herzstück der früheren Bar: der alte mallorquinische Tisch. Nele Bendgens

Naturweine probieren: Wer wagt, gewinnt

Laut Lundgren nahm der Siegeszug der Naturweine (für die es keine eindeutige Definition gibt) vor rund zehn Jahren an Fahrt auf. Für den 27-Jährigen sind sie aber das Gegenteil eines „neuen Trends“. Sie stünden vielmehr für eine Rückkehr zu den ursprünglichen Produktionsweisen von vor der Einführung aufwendiger önologischer Verfahren. Zu den Merkmalen von Naturwein zählt, dass nur traubeneigene Hefen und natürliche Klärung zum Einsatz kommen. Es gibt keine Zusätze wie Schönungsmittel und Filterhilfen. Eine moderate Verwendung von Schwefel ist umstritten.

Dem Schweden gehe es in der Bar vor allem um Transparenz: Die Gäste sollen genau wissen, was sie trinken. Für Menschen, die den Geschmack nicht gewohnt sind, wird die Weinprobe mitunter zur Mutprobe. Doch wer wagt, gewinnt. „Nur weil es natürlich ist, muss es nicht funky sein. Aber auf jeden Fall anders“, sagt Lukas Lundgren. Manch trüber Weißwein erinnert unerfahrene Gaumen an eine Mischung aus Essig und Met.

Zum Einstieg sei ein Rotwein besser geeignet, sagt Lundgren – hier sei der Unterschied nicht so groß, weil dabei oft ohnehin keine Hefe zugesetzt wird. Und wirklich: Ein getesteter roter Naturwein ist angenehm samtig-fruchtig, ein weiterer riecht für den Wein-Laien ein wenig nach Wurst, mundet dann aber blumig. Am Ende sammelt sich eine Art „Traubenschlick“ am Boden des Glases. Naturweine seien auch „interaktiv“, der Geschmack ändere sich beim Leeren der Flasche, so der Gastgeber.

Wechselnde Köche stehen hier am Herd

Die Bar selbst konnte durch den neuen Standort reifen wie ein guter Tropfen: Es gibt nun mehr Raum für die Gäste, die zuletzt kaum noch an dem einzigen langen Tisch Platz gefunden hatten, und eine offene Küche, an der dank eines Pop-up-Konzepts von September bis Mai immer wieder neue Köche am Herd stehen. „Meistens kommen sie für ein oder zwei Tage“, sagt Trea Lundgren, die in anderen Fällen selbst kocht. Das aufgepeppte Konzept funktioniert offenbar: Jetzt kämen manche nicht nur wegen des Weins, sondern auch wegen des Essens und der Gast-Köche. „Aber wir sind immer noch eine Bar, kein Bistro oder Restaurant“, sagt Lukas Lundgren.

In der offenen Küche stehen immer wieder neue Köche am Herd. Nele Bendgens

Bevor die beiden diesen Weg einschlugen, studierte die Schottin in London Mode, der Schwede Film. Beim Arbeiten in Weinbars lernte er viel, die Chefs schickten ihn auf große Weinmessen, er kam auf den Geschmack. 2017 startete das Lundren-Weingeschäft. Später beschloss das damals blutjunge Paar, auf der Insel einen Mix aus Weinladen und Lokal zu eröffnen. „Ich mag es, wenn ich mir in einem Restaurant eine Flasche mitnehmen kann“, so der Schwede. Das geht auch in La Sang.

Lokale Weine sammeln wie Pokémons

Die Lundgrens arbeiten eng mit den Produzenten zusammen und kaufen möglichst direkt, die meisten Weine kommen aus Spanien. Besonders am Herzen liegt dem Schweden die Unterstützung lokaler Winzer: „Bei den Naturweinen von Mallorca versuchen wir, alle zu haben. Das ist wie Pokémon-Sammeln.“ Das Gros der Weine ist erschwinglich, doch natürlich hortet die Bar auch einige Schätze. Lukas Lundgren sagt: „Die teuren Weine sind so teuer, weil wir sie eigentlich gar nicht verkaufen, sondern lieber selbst trinken wollen…“

Natürliche Tropfen: Bar La Sang, Carrer d’Antoni Frontera, 20, Palma, Bar: Mi.-Sa. 18-23.30 Uhr, Küche: 19-22.30 Uhr, lundgrenwines.com, Instagram: @barlasang, facebook.com/barlasang. Rund 400 Naturweine, ein Glas kostet in den meisten Fällen etwa 6 Euro, eine Flasche im Schnitt 30 Euro.

Beliebtes Fotomotiv bei den Gästen: Der selbst designte Leuchtschriftzug. Nele Bendgens

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