Mallorca Zeitung

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Anleitung zum Auswandern: So landete eine deutsch-kolumbianische Familie einen Gastro-Hit auf Mallorca

Nach 33 Jahren in Deutschland wechselt das Paar vom Textildruck in die Gastronomie auf Mallorca. Im "Mangobiche" in Palmas buntem Viertel Pere Garau gibt es Spezialitäten aus Südamerika in ganz neuem Stil

Familenprojekt am Plaça Miguel Dolc in Palma: Michael Winzer, Tochter Valiére und Kelly Winzer im Mangobiche. Nele Bendgens

Mango… was? Mangobiche! Was in Kolumbien klassisches Streetfood in Form einer unreifen Mango ist, ist in Palma ein neues Lokal, halb Cafeteria, halb Restaurant mit Traditionsküche aus Südamerika. Das Herz des Ladens ist eine waschechte Kolumbianerin, die auch noch fließend Deutsch spricht und mit ihrer Herzlichkeit jedem Gast ein Lächeln ins Gesicht zaubert: Kelly Winzer.

Das Ecklokal an der Plaça Miquel Dolc am Rande des Stadtviertels Pere Garau im Osten von Palma ist seit gut zwei Monaten geöffnet, und schon jetzt ist der Run groß auf die auch optisch ansprechenden Leckereien. Zu essen gibt es die ganze Bandbreite von süß bis herzhaft. Das Lokal mit seinen 65 Sitzplätzen scheint für jeden etwas zu bieten und ganz verschiedene Geschmäcker anzusprechen. „Vor ein paar Tagen mussten wir um 20 Uhr schließen, weil die Leute nur so hereinströmten und wir ausverkauft waren“, freut sich Kelly Winzer, während sie den MZ-Gästen in einem hübsch präparierten Glas einen, wie sie sagt, „natürlichen kolumbianischen Saft“ serviert. Darin tropische Früchte wie Lulo oder Guayaba, mit Wasser oder Milch gemixt.

Tochter Valiére (29) hilft im Laden. Bendgens

Neulinge in der Branche

Kelly und ihr Mann Michael Winzer haben sich ganz ohne gastronomische Vorerfahrung an das Projekt gewagt: „Wir sind quasi vor ein paar Monaten auf eine Brücke zugegangen und runtergestürzt“, sagt der gelernte Medientechnologe und Textildrucker Michael Winzer mit einem Augenzwinkern. Die Winzers, beide 57, lernten sich im kolumbianischen Medellín kennen. Er, der dort aufwuchs, folgte dem Wunsch seiner Frau, nach Deutschland auszuwandern. In Frankfurt am Main hatte Michael Winzer 29 Jahre lang ein Textildruck-Unternehmen, seine Frau bildete dort zuletzt Geflüchtete aus. In Frankfurt kam auch Tochter Valiére zur Welt. Obwohl es die Studentin der hiesigen Ascenso-Akademie in Richtung Sport- und Eventmanagement etwa beim VfL Wolfsburg zieht, unterstützt sie ihre Eltern derzeit im Mangobiche.

Klassischer Mix: Kochbanane, Yucca, Fleisch, kolumbianische Kartoffeln. Bendgens

Die Frühaufsteher-Familie

Die gesamte Familie packt mit an. Manchmal stehen die Winzers schon um 4 Uhr morgens auf, um die Waren täglich frisch zuzubereiten. Ab 8 Uhr morgens duftet es dann herrlich aus der eigenen Backstube, in der auch kolumbianisches Brot mit einer Käsefüllung und süß-salzige buñuelos hergestellt werden.

In Pere Garau und den angrenzenden Vierteln leben viele Kolumbianer, aber es sind nicht nur sie, die ins Mangobiche finden. Die Familie freut sich, dass auch immer mehr andere Gäste auf den Geschmack kommen. Zumal sich das Lokal auch von den anderen vielleicht ein Dutzend kolumbianischen Restaurants der näheren Umgebung absetzt: „Wir wollten weg vom Kantinenstil“, erzählt Michael Winzer. Herausgekommen ist ein Innenraum mit warmen Beige-Tönen und tropischen Motiven an der Wand, die Textildrucker Michael Winzer selbst entworfen hat und die Besucher geradezu in Beachclub-Stimmung versetLokalzen.

Arepas und Co.

Am Nachbartisch gönnt sich ein Paar zum Mittag eine bandeja paisa – eines der typischsten kolumbianischen Gerichte. Auf einem länglichen Teller vereint: Hackfleisch, eine Art Knackwurst, eine Stück Schweineschwarte, ein Spiegelei, rote Bohnen, Reis, Avocado, eine frittierte Banane und die Maisfladen arepa. „Wir wollen ehrliche kolumbianische Küche anbieten“, sagt Michael Winzer. Dazu gehören dann auch belegte arepas (Maisfladen) und patacones (Kochbananen) oder Reisgerichte.

Selbst gestaltet: die tropisch gehaltene Inneneinrichtung. Bendgens

Lokales und faire Preise

Die Zutaten kommen vorzugsweise von lokalen Märkten, und die Preise sind fair. Ein Stück Kuchen gibt es für 2,50 Euro, und das wechselnde Tagesmenü kostet wochentags 13 Euro. Die farbenfrohen Kuchen und Nachspeisen kann man auch für Feiern bestellen.

Um die Maismehl-Taschen empanadas anzubieten, belegte Michael Winzer einen Online-Kurs. Jetzt steht er selbst an der Fritteuse. Mallorca, so erzählt seine Frau, sei mit Sonne und Meer für die Familie schon lange eine zweite Heimat gewesen. Nun sollte der Traum des Umzugs wahr werden – obwohl oder gerade weil die Kolumbianerin vor zwei Jahren in Deutschland einen Schlaganfall erlitt. Dennoch ist sie unermüdlich strahlend im Dienst. Ihr Ehemann: „Sie ist einfach eine Mutter Teresa.“

Mangobiche: Von Frühstück bis Abendessen gibt es hier alles. Für größere Gruppen sollte reserviert werden. Torten und Kuchen werden auch auf Bestellung produziert. Geöffnet von 8 bis 22 Uhr. Plaça Miguel Dolç, 14, Palma. Tel.: 691-77 46 57.

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