Es ist wohl nicht vermessen zu sagen: Das Energiebündel Nena (61) und ein gesittetes Sitzkonzert mit Picknickdecken, das passt nur bedingt zusammen. Nachdem verschiedene Auftritte der Sängerin nach den jüngsten Kontroversen abgesagt worden waren, war die 61-Jährige am Samstag (28.8.) in der Reihe "Summer Garden Picnic" von Legends VIP in Camp de Mar auf Mallorca zu Gast.

Der mallorquinische Sänger Jaume Anglada spielte im Vorprogramm, dann betrat Nena gegen 21.10 Uhr unter Jubelrufen die Bühne und eröffnete das Konzert mit dem Lied "Noch einmal". Bei ihrer ersten Ansage ans Publikum und auch in den folgenden Ansprachen bat sie das Publikum, die Corona-Regeln der Veranstaltung einzuhalten: "Tut mir ja leid, dass ihr nicht aufstehen dürft, aber so ist das nun mal", ließ die Sängerin verlauten. "Wollt ihr euch nicht setzen? Come on, sit!"

"Ich will euch hören! Ich will euch fühlen!"

Es seien "komische Umstände", so Nena. "Der eine mag das mögen, der andere nicht, das ist völlig egal. Aber wir wollen heute mit euch einen richtig geilen Abend haben!" Ihre Strategie dafür: Ein Mix aus alten Hits und Songs des neuen Albums "Licht", dazu eine gewohnt leidenschaftliche Bühnenperformance, und immer wieder Animierung im Rahmen des Möglichen. "Ich will euch hören! Ich will euch fühlen!", rief Nena ein ums andere Mal.

Die Zuschauer verteilten sich über die geschwungenen Hügel des Golfplatzes. Das aufmerksame Sicherheitspersonal und die Tatsache, dass man im Dunkeln gar nicht so einfach den zugeteilten Platz hätte verlassen können, ohne über irgendjemanden oder irgendetwas zu stolpern, hielten die meisten Menschen auf ihren Plätzen. Passend zum Song "Licht" ließ Nena Scheinwerfer in die Menge strahlen. Was sie sah, stellte sie aber offenbar nicht ganz zufrieden: "So richtig fühlen tu ich euch noch nicht, aber das kommt schon noch. Wir haben ja noch ein bisschen Zeit", konstatierte sie nach etwa 20 Minuten Show.

Der wohl stimmungsvollste Moment kam beim Lied "Wandern" auf - dem ersten, das sie für das neue Album geschrieben hatte: Violettes Licht, und etwa ein Dutzend sich im Takt wiegende Handy-Taschenlampen. Dann wieder eine Ansage: "Findet ihr das alles richtig? Es ist auch egal, es geht nicht um richtig oder falsch. Es geht darum, ob wir das hier genießen und irgendwie das Beste draus machen."

Klatschen im Sitzen

Beim Song "Willst du mit mir gehn?" lotete sie gemeinsam mit den Zuschauern die verbliebenen Möglichkeiten aus, im Sitzen in Konzertstimmung zu kommen: Klatschen, sich hinknien, Arme und Beine einsetzen, hinlegen. Nena und ihre Background-Sängerinnen machten mit.

Fast nach einer Stunde hielt es die Sängerin beim Song "Wunder geschehen" dann doch nicht mehr auf der Bühne: "Passt mal auf, ich könnte ein bisschen näher kommen, wenn ihr alle da bleibt, wo ihr seid." Dass ihr einige wenige Zuschauer dennoch fasziniert folgten, während sie sich für die Dauer eines Liedes einmal nach hinten und wieder zurück nach vorne bewegte, ist wahrscheinlich kein Wunder. Später flitzten nur noch ein paar Kinder über das Gelände, um die zwei großen Ballons mit der Aufschrift "Love" zu erhaschen, die bei "99 Luftballons" durch die Nacht flogen. Nach einer Zugabe mit "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" verabschiedete sich Nena.

Für Rafael Hoffmann, einen Fan der ersten Stunde, der schon rund 80 ihrer Konzerte besucht hatte, war der Ausflug ins Publikum der schönste Moment des Abends. Seine Begleiter und er zeigten sich ansonsten eher enttäuscht, kritisierten den Sound und die fehlenden Leinwände: Wer weit hinten saß, konnte Nena nur in winzig klein über die Bühne hüpfen sehen.

Die Gruppe gibt Nena für ihren Auftritt eine 10, für ihr eigenes Gefühl beim Konzert nur eine 2: Die Sängerin habe zwar alles versucht und gegeben, aber weder Picknick- noch Tischkonzerte seien wirklich ihr Metier: "Sie braucht die Menschen um sich. Das ist halt momentan etwas schwierig", sagt Hoffmann. Nächstes Mal dann mit mehr Gefühl. /bro