Mallorca Zeitung

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Wutbürger auf Mallorca: "Am Ende sind die Deutschen die Schlauen"

Der Architekt und Bauingenieur José Luis Pujol hat ein Buch mit bösen Kurzgeschichten über das "17. Bundesland" geschrieben - auch seine Landsleute kommen darin nicht gut weg

José Luis Pujol teilt nach allen Seiten aus. Nele Bendgens

José Luis Pujol wird in seiner Arbeit als Architekt und Bauingenieur ständig mit dem Wahnsinn des Wohnmarktes auf Mallorca konfrontiert. Jetzt hat der 56-Jährige ein Buch mit Kurzgeschichten mit dem Titel „Land 17 y otras rondallas mallorquinas“ verfasst. Auf Deutsch heißt das etwa „Das 17. Bundesland und andere mallorquinische Märchen.“ Darin erzählt Pujol von den Wirren einer Insel, die seit Jahrzehnten vom Massentourismus geprägt ist.

Sie sind eigentlich kein Schriftsteller. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, dieses Buch zu schreiben?

Das Buch habe ich aus meiner Wut heraus geschrieben. Ich bin wütend und frustriert über viele Dinge, die hier auf der Insel aus dem Ruder laufen. Die völlig verstopften Straßen, der Sauftourismus, ankommende Migrantenboote. Je mehr ich mich mit Freunden unterhalten habe, desto mehr Themen sind uns aufgefallen, die uns wütend machen. Das musste ich irgendwie festhalten. Nicht immer geht es dabei um den Tourismus. Zum Beispiel handelt meine Kurzgeschichte „Der Prozess“ von einer mallorquinischen Familie, die ihr Wohnhaus erweitern will und in die Mühlen der Behörden gerät. Der Titel ist ein Verweis auf Kafka, weil es tatsächlich irrsinnig skurril ist, wie viele Hürden es im Baurecht gibt. Hier konnte ich meine Erfahrung als Architekt einbringen.

Der Ausverkauf der Insel an Ausländer ist eines der zentralen Themen des Buches. Schon im Titel bezeichnen Sie Mallorca als das 17. Bundesland. Die Deutschen kommen in Ihrem Buch generell nicht allzu gut weg.

In dem Buch kommen oft Deutsche vor, es hätten aber genauso gut Briten oder Russen sein können. Und ich finde nicht, dass sie schlecht wegkommen. Im Gegenteil: Sie sind am Ende die Schlauen.

Inwiefern?

Als immer mehr Deutsche auf die Insel kamen, wollten die Mallorquiner sie erst für dumm verkaufen. Ich habe selbst erlebt, dass es zwei verschiedene Preise gab. Wenn ein Mallorquiner ein Gebäude kaufen wollte, kostete es nur halb so viel, wie wenn ein Deutscher nach dem Preis fragte. Und die Deutschen zahlten dann tatsächlich diesen überhöhten Preis. Doch auf Dauer hat das dazu geführt, dass Wohnungen und Häuser insgesamt viel teurer geworden sind. Inzwischen müssen alle den „Ausländerpreis“ zahlen. Und während die Deutschen weiterhin munter wirtschaften und ihre Wohnungen teuer weiterverkaufen, können sich die Mallorquiner kaum mehr ein eigenes Heim leisten.

Die Balearen-Regierung wünscht sich eine Regelung, nach der nur noch Residenten auf der Insel kaufen können. Wäre das in Ihren Augen eine Lösung?

Ich bin da ziemlich pessimistisch: Die Insel begeht gerade Suizid. Ich glaube, die Entwicklung lässt sich nicht mehr aufhalten. Und Verbote sehe ich da definitiv nicht als Lösung. Stattdessen würde ich eher die Gründe angehen, weswegen viele mallorquinische Familien ihre geerbten Grundstücke verkaufen. Denn wer eine Finca hat, muss sie auch erhalten können. Es fehlt meines Erachtens an Hilfen. Zum Beispiel sollte es erlaubt sein, in einer possessió Touristen aufnehmen zu können. Das wäre ein Weg, um sein Grundstück erhalten zu können. Eine weitere Möglichkeit wäre, aus großen Herrenhäusern Mehrfamilienhäuser zu machen. So würde die Last auf mehrere Schultern verteilt. Aktuell haben viele gar keine andere Wahl als ihre Grundstücke an reiche Ausländer zu verkaufen.

In Ihrem Buch kritisieren Sie darüber hinaus, dass viele Ausländer sich nicht integrieren. Auch hier nehmen Sie Deutsche als Beispiel her. Haben Sie denn schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht?

Viele Deutsche, die hier leben, sprechen kein Spanisch und erst recht kein Mallorquinisch. Ich selbst habe zum Beispiel Deutsch gelernt, um meine Kunden zu verstehen. In einer meiner Geschichten habe ich das überspitzt. Der letzte Mallorquiner in Santa Catalina ändert seinen Namen von Joan zu Johannes und spricht nur noch Deutsch. Als seine Schwester ihn darauf anspricht, sagt er: „Wenn sie sich nicht integrieren, müssen wir es eben tun.“ Aber das hat natürlich zwei Seiten. Viele Mallorquiner unterstützen die Integration nicht. In einer anderen Geschichte von mir wird aus Versehen ein deutsches Kind für eine Ehrenrolle bei einem Volksfest ausgewählt. Die Mallorquiner tun daraufhin alles, was sie können, um den Auftritt des Mädchens zu verhindern. Am Ende kommt es zu einem Wunder. Mehr will ich aber nicht verraten.

Land 17 y otras rondallas mallorquinas

Erschienen beim Verlag Caligrama Editorial, 

Spanisch, 306 Seiten, Preis: 20,95 Euro

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