Das Schild am Ortseingang von Manacor sieht etwas mitgenommen aus. „Möbelstadt Manacor" ist dort auf Katalanisch zu lesen. Doch der Aufdruck blättert bereits. Hat Mallorcas zweitgrößte Stadt den Möbelboom hinter sich? Und was haben die aktuell bestehenden Möbel- und Einrichtungshäuser zu bieten? Die MZ hat sich umgesehen.Tradition bei Ca'n Garanya

Wir starten unsere Tour im Zentrum von Manacor an einer mit Körben behangenen Fassade im Carrer d'En Joan Lliteras. An Ca'n Garanya führt für Liebhaber mallorquinischer Produkte kein Weg vorbei - und das schon seit 92 Jahren. Das einstige Geschäft für Leinenschuhe, Seile und Körbe ist noch immer in Familienhand, mittlerweile in der dritten Generation. „Um uns herum hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles verändert", sagt Sebastià Amer, einer der Enkel des gleichnamigen Gründers.

In dem mit warmem Licht beleuchteten Ladenlokal geben Esparto-Produkte den Ton an: Lampenschirme, Stühle, Spiegelrahmen und Teppiche aus dem warmen Naturmaterial. Aber auch originelles Geschirr, Küchenartikel und kleinere Vintage-Möbel sind hier zu haben. „Alles, was aus Materialien, die von der Insel stammen, hergestellt werden kann, beziehen wir von Produzenten von hier. Einige Tonprodukte zum Beispiel oder mallorquinische Stoffe auf den Schaukelstühlen", sagt Amer, der Ca'n Garanya zusammen mit zwei Cousins führt. Andere Artikel kommen vom Festland oder aus Portugal. Die Preise sind moderat. „Urlauber finden nur wenige zu uns, Manacor hat es ja nie wirklich geschafft, sie anzulocken", erzählt Amer. Wohl aber viele ausländische Residenten. „Wer in der Nähe einen Zweitwohnsitz hat, kennt uns."

Mal so, mal so bei Parera

Keine 200 Meter die Straße hinunter, an der Plaça Sant Jaume, macht ein großes Schaufenster auf sich aufmerksam. „Viuda de Juan Parera Muebles" steht in ausgeblichenen Buchstaben an der Steinwand über der Auslage. Seit mehr als 100 Jahren betreibt die Familie Parera hier ihr Möbelgeschäft, erfahren wir in dem nahegelegenen Laden Kibuc Parera, der ganz anders daherkommt. Während im alten Lokal dunkle Eichenmöbel und altmodische Polstersessel dominieren, und man sich in Omas Wohnzimmer versetzt fühlt, sind die Ausstellungsräume bei Kibuc hell, modern und gradlinig. Vor rund 15 Jahren habe die Familie beschlossen, nahe dem alten Möbelgeschäft eine Franchise-Filiale der spanischen Kette Kibuc aufzumachen. Man müsse mit der Zeit gehen, so Caterina Parera. Sie führt den neuen Laden, ihr Vater Juan den alten. Produziert werden die Kibuc-Möbel nicht auf Manacor, sondern in Barcelona. Selbstherstellung sei für den Einzelhandel heute kaum noch rentabel. „So aber können wir verschiedene Preisklassen abdecken", sagt Caterina Parera.

Fußläufig sind von der Plaça Sant Jaume aus mehrere weitere kleinere Möbel- und Einrichtungsgeschäfte zu erreichen. Dazu gehört das weitläufige Traditionsgeschäft Llull Salas an der Plaça Ebanista oder auch die seit den

60er-Jahren existierende Möbelfabrik Germans Adrover, die in zweiter Generation auf die Herstellung von Hotelmöbeln spezialisiert ist. Hier wird noch selbst gefertigt: Germans Adrover nimmt von Manacor aus auch Aufträge vom Festland und sogar aus der Karibik an.

Niveauvolles bei Intermobel

Doch wir fahren mit dem Auto wenige Minuten bis an den Stadtrand Manacors. An der viel befahrenen Via Palma, der Ausfahrt in Richtung Balearen-Hauptstadt, haben sich zahlreiche größere Möbelhäuser und Dekorationsgeschäfte angesiedelt.

In dem mit großer Glasfront versehenen Möbelhaus Intermobel treffen wir wie verabredet auf Martin Castello. Der smarte Ruhrgebietler, der vor rund anderthalb Jahren mit seiner Familie nach Mallorca auswanderte, ist ausgebildeter Raumausstattermeister. In Deutschland betreibt er an mehreren Standorten in Westfalen die Firma Castello Wohndesign und richtet für gehobenes Klientel Häuser ein. Auch auf Mallorca hat er bereits 26 Projekte abgeschlossen.

„Intermobel ist ein Beispiel für ein Möbelhaus, in dem ich für meine Kunden fündig werden könnte", sagt Castello. Zwar ersteht er die Produkte für sein Insel-Klientel nicht auf Mallorca, Läden wie Intermobel hätten aber durchaus Potenzial. Wer sich in dem großflächigen Erdgeschoss umsieht, entdeckt auf den ersten Blick wenig Ausgefallenes. „Aber es ist hochwertige internationale Einrichtung", betont Castello. „Man findet hier Dinge, die in Möbelhäusern in Deutschland genauso auch angeboten werden", sagt er. Und das sei oft auch das, was seine bisher ausschließlich

deutschen Kunden wollen. „Auf der Insel wie in ihrer Heimat sind die Deutschen in der Regel auf praktische und pflegeleichte Einrichtung aus", sagt Martin Castello. Während sie in Deutschland bei der Farbauswahl aber mehr auf Grau, Schwarz und Weiß setzten, kämen in den Immobilien auf Mallorca oft auch wärmere Töne wie Creme, Beige oder ein kräftiges Braun hinzu.

„So einen Tisch beispielsweise würden sich die meisten in ihrem Haus in Deutschland nicht aufstellen, hier aber schon", sagt er und deutet auf einen Tisch mit runder Glasplatte, die auf einem Stamm mit dicken Ästen ruht. „Man könnte meinen, er komme von hier, aber vermutlich ist er in Bali hergestellt, so wie viele Produkte heute", sagt Castello, prüft das Etikett und nickt.

Die Preise sind gehoben. Für einen stilvollen großen Esstisch beispielsweise werden gut 7.000 Euro fällig. „Intermobel wurde vor gut 25 Jahren hier gegründet, mit der Intention, ausländische Residenten und Zweithausbesitzer anzuziehen", berichtet Geschäftsführerin Elisa Mateos. Bis heute sei ein Großteil der Kunden deutsch. Die Entscheidung für Manacor war damals eine strategische. „Unsere Kunden haben in der Regel großflächige Fincas auf dem Land, Manacor bot sich geografisch mehr an als Palma", sagt Mateos. Zumal hier zahlreiche Möbelhäuser nah beieinander angesiedelt seien und den Besuch lohnenswert machten. „Viele von ihnen haben in den vergangenen Jahren geschlossen, dafür sind aber auch wieder neue hinzugekommen", berichtet Mateos.

Günstige Ketten

Wir wagen einen kurzen Abstecher in eine Filiale der katalanischen Möbelhauskette Muebles la Fabrica. Im Vergleich zu den bisher gesammelten Eindrücken ist das Angebot hier ein wenig enttäuschend. Echtholzimitate und fließbandgearbeitete Teppiche führen sogar dem Laien Qualitätsmängel vor Augen. Dafür sind die Preise niedriger. Für 1.300 Euro kriegt man einen Esstisch und vier passende Stühle gleich dazu. Überhaupt ist die Bandbreite der Preissegmente von Manacors Möbel- und Einrichtungshäusern groß: Neben edlen Interieur-Läden und auf verschiedene Wohnbereiche spezialisierten Fachgeschäften haben sich auch internationale Discounter wie Jysk (in Deutschland als „Dänisches Bettenlager" bekannt) und die ebenfalls preisgünstige balearische Kette Descanshop angesiedelt. Fehlt eigentlich nur der Möbelriese Ikea.

Erlesenes bei Unicorn

Raumausstatter Martin Castello setzt lieber auf Qualität und hält einen anderen Tipp bereit: das Unicorn Interiors, das ein Stück weiter stadteinwärts an der Via Palma liegt. „Das ist ein toller Laden, um eher rustikale Artikel zu finden, die im Zusammenspiel mit modernem Mobiliar für angemessene optische Spannung sorgen. Oder auch den gewissen Hauch von Mallorca, den viele Deutsche in ihren Häusern auf der Insel schätzen", so Castello. Er hat nicht zu viel versprochen: Vintage-Möbel, originelle Lampen, Hocker, Kissen und Deko-Elemente in überwiegend warmen Naturfarben strahlen stilvolle Gemütlichkeit aus.

Ein Verkäufer gibt bereitwillig Hintergrundinformationen. Der Laden sei 1982 von der Deutschen Marie Eleonore von Haefften gegründet worden, damals als Antiquitätengeschäft. Mittlerweile spezialisiere man sich auf Hingucker-Produkte verschiedener Länder und Stilrichtungen. Nicht ganz billig, häufig aber das Geld wert, findet Raumausstatter Martin Castello. „Eine stimmige Einrichtung sollte immer auch die Persönlichkeit des Bewohners widerspiegeln und das ist durch richtig eingesetzten Stilmix am besten möglich." Oft kennen seine Kunden ihren eigenen Stil selbst nicht so genau. „Das herauszufinden, ist meine Aufgabe", so Castello. Verallgemeinernde Deko-Tipps will er nicht geben „Aber man sollte immer auch etwas Holz mit reinbringen. Und unter keinen Umständen Kunstblumen."

Inselfeeling bei Llevant

Es bleibt noch Zeit, das Zentrum kurz mit dem Auto zu umrunden, und an der östlichen Ausfallstraße Ronda del Port bei Llevant Home & Garden vorbeizuschauen. Wer auf mediterrane, teils maritime, teils im Ibiza-Style daherkommende Möbel und Wohnaccessoires steht, kommt hier auf seine Kosten. Martin Castello merkt an, dass auch diese Produkte in ihrer Mehrzahl nicht von der Insel stammen, sondern im Ausland produziert sind. Schön anzusehen sind sie dennoch: Die Naturmaterialien im Accessoire- und Küchenartikelbereich - ähnlich wie im Ca'n Garanya wird hier viel auf Ton und Korbgeflechte gesetzt - lassen Inselfeeling aufkommen. Die Möbel für den Outdoorbereich sind solide und hochwertig, ohne protzig zu wirken. „Es ist interessant, dass obwohl auch hier auf Mallorca viele Kunden bereit sind, viel ins Innere ihres Hauses zu investieren, für den Außenbereich meist weniger Budget eingeplant ist, obwohl sich so viel im Freien abspielt", sagt Castello. Für Schnäppchenjäger gibt es auch noch einen Outlet-Shop von Llevant Mobiliari an Manacors Avinguda de Baix d'es Cos.

Fazit

Ist Manacor die Möbelstadt von einst? Bestimmt nicht. Das wäre in Zeiten von Globalisierung und Online-Handel auch kaum möglich. „Made in Manacor" findet man hier nur noch sehr vereinzelt. Trotzdem: Die Stadt punktet mit einer nicht zu verachtenden Vielfalt an Läden, überzeugt mit kurzen Wegen und bietet verschiedenste Preisklassen und Stilrichtungen. Einfach mal ausprobieren!