Wir schreiben das Jahr 1995: Die Dire Straits geben ihre Auflösung bekannt, der Song „Zombie" von den Cranberries erobert die Charts, und die mallorquinische Marke ­Camper bringt einen Schuh heraus, der zur Ikone werden sollte und sich bis heute weltweit zwölf Millionen mal verkauft hat: „Pelotas". Seit ­damals hat der unverwechselbare kommode Treter diverse stilistische und technische ­Anpassungen erfahren, doch bei all dem stets versucht, seine Essenz zu bewahren.

„Am Anfang bestand der Geist des Schuhs darin, die Vergangenheit und die Gegenwart, das Handwerk und die Ethik miteinander zu verbinden. Das ist die richtige Definition", sagt Guillem Ferrer im MZ-Telefongespräch. Der ehemalige Schuhdesigner hatte den „Pelotas" einst mit seinem Team erfunden und damit der Firma Camper zu einem kometenhaften Aufstieg verholfen.

Ferrer indes kehrte der Industrie im Jahr 2005 den Rücken, wurde zum Konsumkritiker und Selbstversorger. Dennoch behält er die Zeit bei Camper in guter Erinnerung: „Ich habe diese erste Etappe des ,Pelotas' mitgemacht. Wir strebten danach, uns der Anatomie und Ergonomie des Fußes anzupassen. Deswegen entwarfen wir auch sehr breite Formen, damit der Fuß es bequem hat", sagt Ferrer. Für ihn sei es der größte Fehler der globalen Schuhindustrie gewesen, dass sie „Schuhe für die Hände statt für die Füße machten".

Der „Pelotas" hingegen ist bequem und funktional, sportlich und zugleich alltagstauglich, langlebig (die Firma gewährt zum 25-jährigen Geburtstag von nun an Garantie auf Lebenszeit) und natürlich „retro". Der Kult-Schuh der 90er begeisterte schon Prominente wie Nicole Kidman, Robert Redford oder Steven Spielberg.

Seinem Erfinder ist all das herzlich egal: Mode, Ruhm und Kommerz bedeuten ihm nichts. Doch an einige Begebenheiten aus den Anfangstagen erinnert Ferrer sich lebhaft: „Es gab einen Spaziergang durch Soho in London", erzählt er. „Dort sah ich in einem Schaufenster sehr alte Fußballschuhe. Mir gefiel die Idee, einen Schuh zu machen, der so sein sollte, wie man sie früher fabrizierte: einfach gut gemacht, mit einem sehr speziellen Look."

Als er den ersten Prototyp herstellte, sei es ein Fußballschuh gewesen, eine Imitation eben dieses uralten britischen Schuhs. „Das Budget reichte nicht für die Produktion der Sohle. Ich nahm also die Sohle eines Golfschuhs, damit das Modell ein wenig das Aussehen bekam, das mir vorschwebte", so ­Ferrer. Es war die Geburtsstunde des später ­charakteristischsten Elements des „Pelotas", der Sohle aus Naturkautschuk mit den 87 Gummikugeln. Die Moderedaktion der spanischen Zeitung „El País" glaubt zu wissen, dass diese runden Noppen auch der Namensgeber des Modells ­„Pelotas" waren. Doch Guillem ­Ferrers Version ist eine andere: „Ich habe immer versucht, Ironie bei allem einzubringen, was wir ­taten." Der Name käme daher, dass die Fußballer Machos seien - und das ­spanische Wort pelotas eben nicht nur „Bälle" heiße, ­sondern auch die männlichen Genita­lien bezeichne. „Ich sagte also zu meinem Team: ­Machen wir uns einen Spaß daraus", so Ferrer. „Ich habe das noch nie erzählt, weil mich all die Jahre nie ein Journalist danach gefragt hat."