Unerfüllte Wünsche gibt es im Leben des bekannten Schlagersängers Jürgen Drews so einige. Einer dieser Wünsche war es, ein international anerkannter englischsprachiger Sänger zu werden. Der nächste Wunsch, niemals Schlager zu singen. Auf Ibiza statt auf Mallorca zu wohnen, gehörte ebenfalls dazu. Auf die „Putzfraueninsel“ wollte er nie. Als er 1976 das erste Mal nach Mallorca kam, verbat er sich Fotos vom Auftritt. Auch durften keine Plakate seine Show bewerben. Ihm, dem Arztsohn, der sich seine Karriere so ganz anders vorstellte, war das alles so peinlich, dass er „Kult“ wurde.

Schon bald aber wurde Drews bewusst, dass seine Mallorca-Auftritte ihn vor einem vorzeitigen Karriereaus bewahrten. Und so nutzte er die Chance, sich auf der Balearen-Insel sein eigenes Reich zu schaffen, auch wenn es ein Reich der Dunkelheit war. Seine Auftritte fanden gewöhnlich mitten in der Nacht statt. Drei Uhr morgens war als Showtime keine Seltenheit, doch statt danach ins Bett zu gehen, gab Drews bis ins Morgengrauen Autogramme, um danach den ersten Flieger in die Heimat zu besteigen.

Legendäre Fan-Nähe

Seine Fan-Nähe ist sowieso legendär. Mit jedem und jeder tauschte er ein paar warme Worte, ließ sich hunderttausendfach fotografieren, umarmen, küssen und knuddeln. Dabei bedachte er alle seine Anhänger stets mit einem breiten Grinsen. So wurde Jürgen Drews der volksnahe König honoris causa. „Jürgen ist in Sachen Fan-Arbeit ein absolutes Vorbild“, schwärmt denn auch die seit einigen Jahren inoffizielle Königin von Mallorca, die Sängerin Mia Julia („Der Zug hat keine Bremsen“).

Das Lied „König von Mallorca“ fand Drews „ätzend und total bescheuert“. Er schämte sich dafür, doch eben dieses Lied ermöglichte ihm den dritten Frühling, ein Comeback, das ihm den Einzug in die Geschichtsbücher des so verachteten Schlagers bescherte.

Ein ungewollter Hit

Begonnen hatte alles Anfang der 70er-Jahre, als Drews bei den Les Humphries Singers anheuerte, einer Truppe aus einem Dutzend Sängern, die mit Hits wie „Mexico“ und „Mama Loo“ international Erfolge feierten. 1973 startete er seine Solokarriere. Sie fand 1976 ihren ersten Höhepunkt mit einem Song, den Jürgen Drews genauso wenig singen wollte, wie den „König von Mallorca“. „Ein Bett im Kornfeld“, ein Cover des Bellamy-Brothers-Hits „Let Your Love Flow“ wurde ein Riesenhit, der heute noch gesungen wird.

Dann wurde es in den 80er-Jahren ruhiger um den Schlager und somit auch um Jürgen Drews, bis der TV-Moderator Stefan Raab das „Kornfeld“ mit Drews neu aufnahm. Schließlich die Adelung durch Thomas Gottschalk, der ihn 1999 spontan in einer „Wetten, dass ..?“-Show in der Stierkampfarena von Palma zum „König von Mallorca“ machte. Zeitweise gab es auf Mallorca sogar „Das König von Mallorca Bistro“, das Drews regelmäßig für Auftritte nutzte.

Er plante ein großes Konzert

Ganz freiwillig hört Onkel Jürgen, wie er von seinen Fans genannt wird, nicht auf. Noch im letzten Jahr versprach er, wieder nach Mallorca zu kommen, plante dort sogar ein großes Konzert mit Band. Das Nervenleiden Polyneuropathie verhinderte dies. Die Krankheit, die bei Drews die Motorik beeinträchtigt, ist aber wohl nicht der einzige Grund für den angekündigten Rückzug. Während der ersten Corona-Jahre begann seine Verwandlung vom Hansdampf in allen Gassen zu jemandem, der Ruhe zu schätzen weiß.

Das Haus als Rückzugsort, die Familie als Anker. Er geht nicht mehr ans Telefon, nicht einmal mehr, wenn langjährige Weggefährten anrufen. „Er hat beschlossen, nicht mehr abzunehmen“, sagt seine Managerin Christine Knoche-Gaydos im Frühjahr 2022. „ Er hat keine Lust mehr, zu telefonieren“.

Seine Mallorca-Familie reagiert traurig und demütig auf den Rückzug des Großmeisters. „Du warst nicht nur ein Musikerkollege, Du bist ein Freund geworden! Danke“, schreibt „Thronfolger“ Mickie Krause („Zehn nackte Friseusen“) auf Facebook. Und sein Musikerkollege Tim Toupet („Ich bin ein Döner“) fügt hinzu: „Jürgen, Du bist eines der wenigen echten Idole. Danke für alles, und Du hast es Dir verdient.“