Preisgekröntes Projekt: Eier und Fleisch von wirklichen Freiland-Hühnern auf Mallorca

Die Hennen und Hähne auf der Finca Can Costeta bei Búger scharren im Sand und spazieren in blühenden Wiesen. Joan Siquier kümmert sich um ihr Wohl, weil nur gesunde Tiere gute Eier und zartes Fleisch liefern

Einige Hennen haben ihre morgendlichen Aufgaben erledigt: Ihre Eier sind gelegt, laut gegackert haben sie auch schon, und nun spazieren sie hoch erhobenen Hauptes ins Freie. Das Federkleid glänzt, Schnäbel und Schwänze sind intakt. Joan Siquier hält auf seiner Finca Can Costeta bei Búger 1.500 Legehennen. Auf den Feldern seiner Großeltern bietet er ihnen das, was man unter artgerechter Haltung versteht.

Noch studiert der Züchter Betriebswirtschaft an der Balearen-Universität. Für einen Wettbewerb entwarf er einen Firmenplan, in dem Hühner Fleisch und Eier liefern und die Tiere dabei wie früher im Freien leben. Er bekam einen Preis und damit einen Teil des Startkapitals für seinen Betrieb.

Die Hennen

In einem Tunnel aus Metallstreben und Kunststofffolie ist es hell, den Boden bedecken frische Sägespäne. Manche der roten Gemüsekisten sind leer, in anderen liegen ein paar Eier, auf den Rändern einer weiteren Kiste drängeln sich Hennen dicht aneinander. Siquier sagt, es komme ihm so vor, als ob eine Henne, die ungeduldig auf einen Platz wartet zur anderen sagt: „Schwester, mach endlich hinne, ich will auch ins Freie.“ Auf seiner Finca können die Nutztiere soziales Verhalten entwickeln und mittels Lauten und Gesten mit ihren Artgenossen kommunizieren.

Den Hauptteil des Tages verbringen die Hühner auf Can Costeta im Freien. Sie suchen nach Essbaren und picken Würmer, Insekten, Früchte, Samen, Gras und Blätter. Sie graben Erdkuhlen, nehmen darin flügelschlagend Bäder und pflegen ihr Gefieder. Manche ruhen sich auf gestapelten Steinquadern aus, die Sonne wärmt ihr Gefieder so lange.

Doch Hühner sind von Haus aus ängstlich. So ist auf Geflügelfarmen (auch in der Bio-Haltung) nicht selten zu beobachten, dass die Tiere sich nur wenige Meter von ihren nächtlichen Behausungen entfernen oder sich sogar ganztägig in schützenden Räumen aufhalten. Auch blühende Wiesen und sattes Grün können sie vor lauter Angst vor Gefahren nicht aus ihrem sicheren Bereich locken.

Ein weiter Radius

Nicht so am Dorfrand von Búger, Greifvögel landen hier keine Angriffe, die Hennen genießen einen weiten Radius. Auf ihren Spaziergängen fühlen sie sich von hüfthohen Sträuchern und den Kronen von Johannisbrotbäumen geschützt. Jetzt im Frühjahr verteilt sich die Hühnerschar zwischen den Saatwucherblumen, deren Blüten wie Margariten aussehen, und fressen deren hellgrünes Blattwerk. Frisches Grün im Frühjahr bewirke, dass die Eidotter sich orangerot färbten und die Eier würziger schmecken, erklärt Siquier. Doch die Hennen fressen auf der Wiese nicht nur Wildpflanzen, sondern auch niedriges Getreide. Es wird im Herbst ausgesät, sobald die Erde umgepflügt ist. Die Körner werden dann zusätzlich verfüttert.

Die Pflanzen gedeihen auch dank der Legehennen so üppig. Die Hühner düngen den Boden und halten ihn durch ihr Scharren durchlässig. Der Mist in den Tunnelställen wird täglich im Freien gestapelt. „Wir fahren ihn zu unseren Mandel- und Johannisbrotfeldern, die weiter entfernt sind“, sagt Siquier. Die traditionelle Hühnerhaltung hilft so bei der Rotation von Säen, Düngen und Pflügen. Siquier berichtet, dass Freunde und Nachbarn früher zu seinen Großeltern kamen, um bei ihnen Eier und Hühner für den Suppentopf zu kaufen. „Heute halten wir viel mehr Tiere, richten uns nach die Hygienevorschriften der Behörden, doch die Haltung auf den Feldern ist die gleiche.“ Sie werde auch beibehalten, wenn die Legehennen in eine neu gebaute Halle umziehen. Das Tor werde tagsüber offen stehen, damit die Hennen ins Freie können.

Die Hähne

Zur Finca gehört außerdem ein Mastbetrieb. Ab dem Alter von drei Wochen leben 1.000 Hähne im Freien, immer 100 von ihnen in einem abgegrenzten Areal und einem Tunnelstall. Auch hier sind die Masthähne den ganzen Tag in den Wiesensträucher auf Nahrungssuche unterwegs. Ein weiterer Beweis also, dass Geflügelhaltung auch ohne das Einpferchen in Käfigen geht, in denen sich oft 26 Tiere einen Quadratmeter Boden teilen müssen.

Die Haltung im Freien würden Tierschützer nicht kritisieren, wohl aber dass diese pollos eigens für die Fleischgewinnung und speziell für riesige Hühnerbrüste gezüchtet worden sind, weil sich die Kunden das so wünschen. Die Hähne im weißen Federkleid werden hier wegen ihres Schwergewichts nur im Winter gemästet. Kleinwüchsiger dagegen ist das Helmperlhuhn, eine mallorquinische Spezialität für den Eintopf arròs brut.

Die Schlachtung

Dass die Hähne so friedlich zusammenleben, liegt daran, dass sie noch nicht geschlechtsreif sind. Nach drei Monaten beträgt ihr Gewicht etwas mehr als zwei Kilogramm, und Siquier bringt sie zum Schlachthof nach Inca. Bei den Legehennen ist es im Alter von zweieinhalb Jahren so weit. Auf die Frage, ob ihm dies nicht schwerfalle, antwortet er: „Es ist leichter, seit eine EU-Verordung vorschreibt, dass die Tiere vor dem Töten betäubt werden.“ Das Fleisch wird an mehreren Tagen der Woche von Inca aus in Kühlwagen an carnicerías auf der ganzen Insel ausgeliefert, die Eier an Gemüsegeschäfte. Alle Produkte tragen das Logo „Avícola Can Costeta“. Unter diesem Namen ist auf Instagram auch eine Liste aller Verkaufsstellen auf Mallorca zu finden.

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